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Dienstag, 20. April 2010

Herrschaft ALS Technik

"Ich möchte den zuinnerst instrumentalistischen Charakter dieser wissenschaftlichen Rationalität darlegen, kraft dessen sie a priori Technologie ist und das Apriori eine spezifischen Technologie - nämlich Technologie als Form sozialer Kontrolle und Herrschaft. [...] Die Prinzipien der modernen Wissenschaft waren a priori so strukturiert, daß sie als begriffliche Instrumente einem Universum sich automatisch vollziehender, produktiver Kontrolle dienen konnten; der theoretische Operationalismus entsprach schließlich dem praktischen.
 
Die Wissenschaftliche Methode, die zur stets wirksamer werdenden Naturbeherrschung führte, lieferte dann auch die reinen Begriffe, wie die Instrumente zur stets wirksamer werdenden Herrschaft des Menschen über den Menschen vermittels der Naturbeherrschung. Theoretische Vernunft trat in den Dienst praktischer Vernunft und blieb dabei stets rein und neutral. Die Verschmelzung erwies sich als vorteilhaft für beide.
 
Heute verewigt und erweitert sich die Herrschaft nicht nur mittels der Technologie, sondern ALS Technologie, und dies liefert der expansiven politischen Macht, die alle Kulturbereiche in sich aufnimmt, die große Legitimation."

Und:

"Die unaufhörliche Dynamik des technischen Fortschritts wurde vom politischen Inhalt durchdrungen und der Logos der Technik in den Logos fortgesetzter Herrschaft überführt. Die befreiende Kraft der Technologie - die Instrumentalisierung der Dinge - verkehrt sich in eine Fessel der Befreiung, sie wird zur Instrumentalisierung des Menschen."


Herbert Marcuse in "Der eindimensionale Mensch"


(Anmerkung: Das Problem bei Marcuse - Bild - ist nicht, daß er die Realitäten nicht richtig sähe. Im Gegenteil, und das ist ja manchem Linken zugute zu halten (gewesen), wird die Realität oft bestechend genau gesehen. Das Problem bei Marcuse, und allen Linken, ist, daß ihre Herleitungen schlicht Unsinn sind, und zwar weil ihre Sicht des Menschen und damit die Erklärung über die Entstehung von faktischen Zuständen falsch ist. Deshalb sind auch ihre Gegenrezepte fast immer unbrauchbar, weil sie in haltlosen Utopien ersaufen.

Heute besteht allerdings generell das Problem, daß der Marxismus, die Linke, TEIL des Herrschaftssystems, ja daß der Marxismus, s. o., nach seinem langen Weg durch die Institutionen (Mao), das (technizistische) Instrumentatium des Herrschaftssystems IST. Der Marxismus selbst - auf den alles zutrifft, was Marcuse (oder: Weber) als Ergebnis einer Technisierung der Welt in ihrer Verwissenschaftlichung als Herrschaftstechnologie sieht - ist jenes Schreckenswerkzeug, das Marcuse so scharfsinnig am Werk sieht. Marcuse beschreibt also ... den Marxismus und seine Wirkungen, beziehungsweise in seinen Zusammenhängen mit dem Antiautoritarismus Luthers!

Das hat zu der Groteske geführt, daß das größte Problem der heutigen Linken - über die "political correctness" - ihre Verfestigung zu einer herrschenden Klasse wurde, der das Objekt ihrer Kritik abhanden gekommen ist (und u. a. deshalb in mumifizierten Schreckensbildern - wie Lenin im Mausoleum am Roten Platz - am Leben gehalten werden muß: die Linke muß sich ihre Feinde heute selbst schaffen! und sie tut das auch). Dadurch haben sie ihre einstige Stärke völlig verloren, ja diese wurde zu ihrer heute größten Schwäche: NICHTS fällt der Linken heute so schwer wie die Anerkenntnis von schlichten, ja oft simpelsten Realitäten! Oder, wie es unlängst jemand ausdrückte: "Die Linke ist stinklangweilig geworden. Und mit der political correctness verräterisch: so verhält sich jemand, der meint, er hätte etwas zu verlieren. Das hätte aber nur die Macht?!")




*200410*