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Donnerstag, 16. Dezember 2010

Bildung und Leben

"Während Erziehung gerade nur den gegenwärtigen Augenblick berücksichtigen kann und darf, hat die Bildung sich an seiner Aufgabe im Leben zu orientieren, wenn sie überhaupt bildend wirken soll.

So schreibt Fénelon einmal, und er hat nicht nur in diesem Satz exakt getroffen, worauf es ankommt. Er weist damit aber auch die gegenwärtige "Bildungspolitik" und die Maximen heutiger Pädagogik ins Land der Müllberge und kleinbürgerlichen Geisteszwerge: eine Gleichschaltung der Kinder und Jugendlichen im Schul- und Bildungsprozeß kann nur verheerende Auswirkungen haben.

Denn es kann keine Bildung ohne Identität,. ohne Stand, ohne bereits definiertes Berufsziel geben, das soll einstweilen hier - und einmal mehr -  angedeutet werden, Fénelon wird gewiß noch häufig Thema sein. Weil der konkrete Stand, die konkrete Lebensaufgabe zu erfüllen Aufgabe einer nur "Grundhaltungen" vermittelnden Pädagogik ist. Diese Konkretionen bewußt vermitteln zu wollen berührt das, was Fénelon mit "Fanatismus" bezeichnet, und was wir mit "Ideologisierung", mit "Pseudologie" benennen wollen. Fehlt somit dieses Identätsgerüst mangels "Öffentlichkeit" (hier frank und frei im Sinne Sonnetts definiert), bleibt "nichts", unerfüllte Bereitschaft. Es ist nicht positivistisch ersetzbar. Tugend, die eine Gewohnheit ist, kann nur konkret sein.

Ein Konzept, das eine quasi interesselose*, "neutrale" Bildung vermitteln will, die keinen Stand und keine Aufgabe kennt, die der Bildung bereits VORAUS gehen, muß in jedem Fall scheitern. Es gibt sie nicht, die "neutrale" Bildung. Weil Bildung immer mit Interesse, mit Eingebundenheit ins Leben, ins KONKRETE, definierte Leben und seine Anforderungen zu tun hat.

Das bestärkt die Aussage, daß jeder Euro, der derzeit ins offizielle Schulwesen gesteckt wird, mit einer bereits so hohen Wahrscheinlichkeit nicht nur hinausgeschmissen, sondern gar kontraproduktiv wirkt, daß er auf jeden Fall zu hinterfragen ist. Die Ergebnisse sprechen ja ohnehin für sich. Der Wurzeldefekt weitet sich nun immer ungebremster (Gesamtschule) aus - er liegt in dem, was heute als "Bildung" überhaupt definiert wird.

Unsere Schulsysteme, noch dazu eingebettet in einen Sozialstaat, der sozialpädagogisch die völlige Herauslösung aus dem Leben selbst bewirkt, der in präventiver Vollkaskomentalität die Menschen außerhalb aller Ursache-Wirkungs-Verhältnisse stellt, der damit allen Wirklichkeitsbezug zerstört, müssen scheitern, das läßt sich mit völliger Sicherheit vorhersagen.

Sage man später nicht, man habe es nicht wissen können. Man konnte es wissen. Und wenn in Einzelfällen noch Erfolge (wobei die heutigen Erfolgskriterien des aufklärerischen Utilitarismus ja folgerichtig gleichfalls obsolet sind) bei jungen Menschen erzielt werden, so nicht WEGEN, sondern TROTZ des Systems. Weil das Leben seine Notwendigkeiten im Einzelfall einfach immer wieder zur Anwendung bringt, weil die Wirklichkeit nie ganz und nie auf Dauer ganz auszudämpfen ist.

*Die Grundhaltung der "Interesselosigkeit" ist völlig anders zu verstehen, gewiß nicht als dumpfe Neutralität dem Leben gegenüber. Sie ist im Kontext von "Spiel" und "Kreuz" zu sehen, als Grundhaltung (ja, nennen wir es so, weil es direkt damit zu tun hat: des Gehorsams), zu nehmen, was aufgetragen wird.

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