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Freitag, 17. Dezember 2010

Legitimitätsproblem der Elite

Im Standard ist ein Interview mit dem in den Augen vieler "kommenden Mann" Englands, Rory Stewart, zu lesen. Er selbst ist zwar für einen Verbleib Englands in der EU, spricht aber davon, daß er damit zunehmen alleine da steht.



Rory Stewart
Stewart: [...] Unlängst habe ich an einem Tag eine Rede an der Ost- und eine an der Westküste Englands gehalten. In beiden Fällen war das Publikum zu 90 Prozent gegen die Union. Das zeigt ein reales Problem, nämlich jenes der praktischen Legitimität der EU. Es ist fein, wenn Eliten das Projekt gut finden. Aber wenn 90 Prozent der Bevölkerung dagegen sind, dann muss man darüber reden. 
STANDARD: Also misstrauen die Briten den Institutionen in Brüssel? 
Stewart: Die Briten wollen wissen, was ihr Benefit aus der EU ist. [Für sie ist die EU keine große idealistische Liebe; Anm.]. In Kontinentaleuropa ist es mehr als das. Dort ist die Union für viele Mitgliedsstaaten ein Traum. Der Euro war für sie nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine soziale und historische Entscheidung. [...]

Stewart: Der Grund, warum [mehr als die Hälfte der neuen Tory-Abgeordneten] für einen Austritt ist, liegt zu einem guten Teil darin, dass sie viel mehr Bürgerarbeit in ihren Wahlkreisen geleistet haben als ihre Vorgänger. Weil der Wahlausgang so knapp vorhergesagt war, mussten sie sich wirklich auf die Bürger einlassen. Das ist einer der Hauptgründe für die EU-Skepsis im britischen Parlament. Natürlich gibt es immer eine Kluft zwischen dem, was die Bürger wollen, und dem, was das Parlament beschließt. Aber wenn diese Kluft seit 35 Jahren immer weiter auseinandergeht, dann bleibt letzten Endes wohl nichts anderes, als diese Befürchtung als sehr realistisch anzusehen.

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Stewart hat einen interessanten Lebenslauf, den der Standard wie folgt darstellt: " ... einer der Jungstars der britischen Konservativen. Der Oxford-Absolvent hat in der britischen Armee und als Diplomat gedient. Von 2000 bis 2002 marschierte er zu Fuß 6000 Meilen weit vom Iran über Afghanistan, Pakistan und Indien nach Nepal. Daraus entstand ein vielgelesenes Buch ("The Places in Between"). 2003 war Stewart Vize-Gouverneur einer südirakischen Provinz, 2009 Harvard-Professor, und 2010 wurde er ins Unterhaus gewählt. Für den "New Yorker" ist Stewart bereits "auf dem Weg nach 10 Downing Street", dem Sitz des Premierministers"

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