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Donnerstag, 16. Dezember 2010

Schwungvolles Fazit - I

Es finden sich ja zahlreiche Bonmots, in den über sechzig Seiten, als letzter steiler Anstieg vor dem Ende des 1100 kleinstbedruckte Seiten-Schmökers "Atlas shrugged", in dieser unglaublich billigen (in vielfachster Wortbedeutung, nicht zuletzt den Preis betreffend: 6 Euro, frei Haus!) 50th-Anniversary-Edition. 60 Seiten, in denen Ayn Rand noch einmal ausholt, und ihre Philosophie kompiliert vorstellt. Verpackt in eine Radioansprache, einer Generalabrechnung jener (und zwar der Besten), die es satt hatten, ihre Leistungen aufkündigten, davonliefen, weil sie sich in einer Gesellschaft wiederfanden, die meinte, die Welt würde auch auf den Kopf gestellt funktionieren. Weil längst eine verantwortungslose, unmoralische, vor allem aber aller Vernunft abholde, ideologieverdorbene Mehrheit auf Kosten und Konto von immer weniger lebte, die aus Liebe zu den Dingen immer noch alles gaben.

Sie hat, gerade vor dem Hintergrund heutiger sozialstaatlicher (um nicht zu sagen: sozialistischer, es träfe es besser) Wirklichkeiten in weit mehr recht, als man ihr in ihrer eigentlichen Kreuzverweigerung, in ihrer Verkennung der Welt als gebrochen, in ihrem Atheismus, den sie sehr vehement vertritt, in ihrer Utopie alles könnte gut werden,wenn nur ..., in der sie letztlich verfangen ist, zugestehen sollte. Was sonst als Utopie sollte in einer Welt ohne Transzendenz bleiben, als die Utopie eines materiellen Paradieses auf Erden? Was sonst als "romantic" sollte bleiben (und wie ihre Frauenfiguren leidenschaftlich sind!), in einer Welt die keine Liebe kennt, das Gut also nur noch über "interest" definieren kann? Und so weiter, und so fort.

Aber als korrigierender, ja notwendiger und sogar (potzdeibelnocheinmal) angebrachter Reaktion tut es gut, sie zu lesen, ist es tatsächlich Trost. Denn es gibt den Moment, wo das Verweigern einer Last sogar Pflicht sein kann, es gibt ihn, Thomas v. Aquin handelt ausführlich davon. Und so muß man Ayn Rand auch als jenen Teil des berühmten Spruchs sehen, wo es heißt, man handele so, als hinge alles von einem ab. Daran fehlt es nämlich wirklich: an der simpelsten Vernunft, an existentieller Ernsthaftigkeit, mit der der Welt begegnet wird, in Vollkaskomentalität, aber unkontrolliertem Willkürwahn. Daß Rand den zweiten Teil - Doch erwarte alles von Gott - auch gleich selbst übernimmt, ist ein anderes Kapitel. So weit sind wir hier noch nicht.

Eines der besten, zusammenfassendsten Worte von Rand, die 1905 in Rußland geboren wurde, 1929 vor den Kommunisten in die USA floh, es dort nit ihren Büchern, nach langen Durststrecken, zu beträchtlichem Einfluß schaffte, und 1982 starb, lautet sinngemäß  (und nur ein wenig aktualisiert) so:

Daß wir in einer Zeit leben, in der Dinge verbraucht werden, die (noch) nicht produziert wurden, daß Erfindungen vermarktet werden die noch nicht erfunden wurden, daß Mühen belohnt werden die nie geleistet wurden, daß Bewunderung verlangt wird auch ohne entsprechende Leistung, daß (eine falsch verstandene) Liebe verlangt wird die unverdient ist, weil Bestrafung angebracht wäre, daß Bedürfnisse angemeldet werden die niemand bezahlen kann.

Was sie da schreibt, ist nahezu uneingeschränkt wahr, und war es nicht nur bis zur Krise, Rand beschreibt auch das gesellschaftspolitische Klima, das in Europa längst herrscht, und vor dem in den USA so vielen angst und bang ist. Aus diesem Blickwinkel versteht man die ungeheure Popularität recht gut, die Ayn Rand derzeit, in einer gewaltigen Renaissance, in den USA genießt. Wo ihre Bücher Millionenauflagen erfahren, und wo eigene Ayn-Rand-Gesellschaften, so typisch amerikanisch-naiv-begeistert, die Rettung der Welt proklamieren, vorausgesetzt daß diese sich endlich zu ihrer Philosophie bekehrt.


Fortsetzung in Teil II) Warum Ayn Rand aber Künstlerin ist, keine Philosophin

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