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Mittwoch, 8. Dezember 2010

Fiat voluntas tua

Wie den Grundton ihrer Erkenntnisse, preist Theresia von Avila die Demut, die Einfügung im Gehorsam, als geeignetsten, ja einzigen Weg. Auch, um allen Illusionen und Dämonien zu entgehen.

Gleichgültig, woher eine Inspiration, eine Vision etc. stammen mag, auch wenn sie das Werk der Einbildung, ja der Dämonen ist, durch die vollkommen demütige Annahme und den Gehorsam gegen den Beichtvater ist der Trug machtlos, ja das Werk der Dämonen verwandelt sich durch die Art der Annahme in ein Werk der Gnade.

"Der Nutzen oder Schaden liegt nicht in der Vision, sondern in dem, der sie empfängt und sich diese entweder in Demut zunutze macht oder nicht. Ist Demut vorhanden, so kann sie nicht schaden, selbst, wenn sie vom Teufel wäre; fehlt aber die Demut, so wird sie keinen Nutzen bringen, selbst wenn sie von Gott käme. 

Denn wenn eine Seele beim Empfang einer Gnade, die dazu bestimmt ist, sie demütig zu machen, hochmütig wird, anstatt sich ihrer unwürdig zu erkennen, so gleicht sie einer Spinne, die alles, was sie verzehrt, in Gift verwandelt, während sie doch einer Biene gleichen soll, die alles in Honig umsetzt.

(Aus "Buch der Klosterstiftungen")

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Nun kann Demut, schreibt Spaemann in seinen Studien über Fénelon, nicht wahrgenommen werden - und damit kann Demut auch nicht direkt angestrebt werden! Sie kann es nur in ihren Konkretionen, und eine davon ist der Gehorsam. Denn der Gehorsam berührt die innere Gesinnung nicht, diese ist damit nicht beeinträchtigbar. Gehorsam gegen die Oberen ist für die Hl. Theresia heilsamer als alle Werke freigewählter Abtötung.

"Die Frage nach dem Ursprung des Handlungsimpulses wird gleichgültig, wenn die willentliche Aneignung dieses Impulses in einen Akt des Gehorsams integriert wird."

Nicht nur kann man Glaube generell als Gehorsam bestimmen, ist Gehorsam die Basis aller monastisch-aszetischen Lebensformen. Die Regel des Hl. Benedict beginnt sogar damit: der Gehorsam wird als die realisierte Bekehrung überhaupt verstanden.

Nicht zuletzt ist die erste Sünde des Menschen ein Akt des Ungehorsams - durch den er aus der direkten Einigung mit Gott, im Erkennen, herausfiel, und sich seither im Zwang zum Urteil selbst "zurückbiegen" muß, ohne freilich jene Ursprünglichkeit, Unmittelbarkeit des Verkehrs mit Gott wieder gewinnen zu können.

Um sich aus dem Teufelskreis der eigenen Reflexion, als Urteilsinstanz über die Qualität eigenen Handelns und Seins, erheben zu können - weil sich Reflexion ja nie "gewiß" sein kann, weil sie ihre Herkunftsbezirke nie wirklich scheiden kann - kann sich dieses Ausbrechen aus dem eigenen Gefängnis des Menschen nur im konkreten Gehorsam einer ihm außerhalb liegenden, von seinem Willen unterschiedenen Instanz verwirklichen.

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In dieser Loslösung von sich selbst - als Kreuz, als Sterben - die sich hier mit dem Gehorsam (als unbedingter Haltung zu diesem Loslösen gesehen) verbindet, unter Bezug auf oben Gesagtes (Gleichgültigkeit des Inhalts, der in der Haltung "neutralisiert" wird), findet sich die Grundhaltung aller mystischen Tradition. Die auf ein Teilhaben an einem "außerhalb" gesehen werden muß, in ihrer Sehnsucht nach Gleichförmigkeit nach Gott.

Der Ungehorsam geht andere Wege. Er verabsolutiert das Ich, weshalb sich die Charakteristik so vieler "mystischer' Bestrebungen exakt im Verhältnis zum Gehorsam erfassen läßt. Mit dem bei Ungehorsam und daraus folgendem Subjektivismus fatalen Ergebnis der identitären Selbstvergottung.

Der Scheidestein - echte, falsche Mystik - ist der Gehorsam. Erst hier erweist sich (und da läßt sich sogar Hegel zitieren) die Existentialität des Willens zu Gott. Und hier erweist sich die Lächerlichkeit so vieler heutiger Strebungen und Bewegungen und sogenannten Wege, die sich als Wege entlarven, dem neuralgischen Punkt auszuweichen. Und sei es durch noch so viel asketische "Opfer" ... Es ist der neuralgische Punkt des Lebens überhaupt. Und wieviel tun die Menschen, um nur nicht das tun zu müssen, das sie tun sollten.



*081210*