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Donnerstag, 2. Dezember 2010

Sittlichkeit als Denkrichtung

So wie ich bin, so denke ich, argumentiert Fénelon. Er sieht so Denken und Wahrheit als einen moralischen, sittlichen Akt, dem die Liebe vorausgeht. Denn erst muß der Mensch lieben, erst muß er bereit sein, gleichförmig mit der Wahrheit zu werden, ehe er überhaupt wahr denken kann. Ohne diesen Willen zur Liebe ist Vernunft gar nicht möglich. Dem Beweis für Gott geht also die Gewißheit um Gott bereits voraus.

Im Zweifel aber bleibt nichts - außer letztlich Verzeiflung. Der Mensch muß wählen, sodaß jeder denkerische Akt ein allem denkerischen Formen vorausgehendes sittliches Handeln ist. Auch der Zweifel ist als Zurückweisung von Gewißheit Handeln. Er ist also keine logische, sondern eine existentielle Qualität, auf der sich aber auch kein sittlicher Glaube aufbauen läßt: denn auf dem Ruin des Denkens ließe sich kein verantwortetes Glauben, als Wirklichkeitsaussage, als Zustimmung zur Wirklichkeit, aufbauen. Es bliebe nur Aberglaube, blinder Glaube.

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