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Montag, 22. Juni 2009

Nicht einfach Thema

Ernst Robert Curtius in einem Essay über Hermann Hesse:

"Motiv und Thema sind zweierlei [...] Motiv ist das, was die Fabel (den 'Mythos' der aristotelischen Poetik) in Bewegung setzt und zusammenhält. Das Motiv gehört der Objektseite an. Thema ist alles, was das originäre Verhalten der Person zur Welt betrifft. Die Thematik eines Dichters ist das Register seiner typischen Reaktionen auf bestimmte Lagen, in die ihn das Leben bringt. Das Thema gehört der Subjektseite an. Es ist eine psychologische Konstante. Es ist dem Dichter mitgegeben. Das Motiv ist eingegeben, gefunden, erfunden, was dasselbe bedeutet. Wer nur Themen hat, kann nicht zum Epos oder zum Drama gelangen. Auch nicht zur großen Lyrik! Wir berühren hier ein ästhetisches Gesetz, dessen beste Formulierung ich bei T. S. Eliot finde:

The only way of expressing emotion in the form of art is by finding an 'objective correlative'; in other words, a set of objects, a situation, a chain of events which shall be the formula of that particular emotion; such that when the external facts, which must terminate in sensory experience, are given, the emotion is immediate evoken.'

Mit dem Motiv, dem objektiven Korrelat, ist die Dürftigkeit des bloßen 'Erlebens" überwunden. Das Motiv ist ein organisches, autonomes Gebilde pflanzlicher Art. Es entfaltet sich, gliedert sich, verzweigt sich, treibt Blätter, Blüten, Früchte. War das Glasperlenspiel einmal da, so mußte eine ganze Welt darum aufgebaut werden.
"




*220609*