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Montag, 13. Dezember 2010

Hört auf die Muttis

Nun haben die Jugendlichen (Alter egal; erwachsen ist keiner, das zählt), die als Rache für die Verhaftung des prominentesten der Wiki-Leaks-Gründer, Julian Assange, einige jener Unternehmen und Institutionen, die damit in Zusammenhang stehen, per Internet angegriffen, deren Homepages oder gar Online-Systeme geknackt und lahmgelegt hatten, nach der Verhaftung eines 16jährigen aus ihrer Mitte, zu Wort gemeldet. Sie hätten das alles nicht böse gemeint, nur Assange verteidigen wollen. Sie hören eh schon auf damit. Lustigerweise nennen sich die Wohltäter der Menschheit, die alles aufzudecken so richtig und wichtig finden, denen man eingeredet hat, das wäre dann Wahrheit und Wirklichkeit, genau die nennen sich also - nun, wo es um etwas geht - "Anonymous", und bleiben auch anonym. Wenn sie nicht erwischt werden.

Währenddessen hat sich dessen Mutti auch gemeldet, die Medien berichteten weltweit. Er sei kein böser Mensch, und man solle ihn freilassen, er habe es ja nur gut gemeint, sei ja so ein tapferer Bub! Und diese bösen Nutten in Schweden, die sollten sich gefälligst, usw. usf.

Endlich wissen wir, mit wem wir es zu tun haben. Wer eine Potenz nicht mit der Errichtung von Positivem beweisen kann, kann seine Machtgefühle im Zerstören ausleben, es passiert eh nichts. Was will man. Bei höherentwickelten Tieren. Die kennen keine Scham. Weil sie keine Menschen sind.

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Abgesehen vom interessantesten Detail an der Sache - dem schwedischen Recht und seiner Sicht von Vergewaltigung und Sexualität. Feminismus, nächste Generation. Da kann man es sich auch noch nachträglich, und vor Gericht, überlegen, ob man die Orgie wollte, die zu wollen man vorgab.

Aber da haben sich doch die Richtigen gefunden? Assange und seine Lausbuben, und die schwedischen Damen. Beide wissen nicht so genau, ab wann es gilt.

Nur bei den andren, da gilt es immer gleich. Bei den Bösen. Die ordnen, urteilen, wählen, formen.

Die Guten freilich, die mag man. Die darauf verzichten, Form zu tragen, und auch die Gemeinschaft der anderen nicht mit der Forderung belästigen. Vorläufig. Und nur jene, die sowieso auch außerhalb stehen, wenngleich alles von den Formträgern lebt. Ja das System der Aufdecker nur funktioniert, solange es jemanden gibt, dem nicht alles egal ist; der nicht glaubt, man müsse nur seine Knochen hinwerfen, solle doch der andere die Mühe meiner Persönlichkeitsgestaltung auf sich nehmen - ich bin dann, was mir gefällt, der Rest ist sowieso Schuld der Umgebung, der letzten Gestaltträger.

Warum überrascht es da also nicht zu lesen, daß Assange eine völlig "freie" Kindheit, bei einer völlig "ungewöhnlichen" Mutter, verbrachte?

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Und weil es bei Assange so großartig funktionierte - der ist längst ein gemachter Mann, populär, und so fesch ist er auch! heißt es -  enthüllen nun die Enthüller alles, was ihnen unter die Finger kommt: in einem Buch über die Enthüllungen, und in weiteren Plattformen wie "Openleaks", die auch nur eines tun: enthüllen, enthüllen, enthüllen. Damit, wie es der 19jährige nennt, die Menschen die Wahrheit kennenlernen, wissen, wie alles läuft, in der Welt.

Es steht zu fürchten, daß der Bursche das tatsächlich glaubt. Da ist es schon fast tröstlich, daß als Haltung dahinter pathologischer Narzißmus - die schlimmste Form von Geistesverwirrung, weil sie unfähig macht, überhaupt klare Gedanken zu flechten, wobei ohnehin alles im "Genie" zerfließt - weit gesicherter scheint.

Aber jede Wette, daß dies alles nur den Anfang, der bescheidenen Anfang einer wahren Hölle der Inhumanität darstellt. Über die Assange nicht einen Moment nachgedacht hat, weil er über gar nichts nachgedacht hat - die "Enthüllungen" waren in Wahrheit hingekotzte Irgendwasse, macht was draus.

Assange, der nicht einmal wußte, WAS da in den Akten stand, hat nicht einen Augenblick an Wahrheit und Tat gedacht. Das sollten sich doch die anderen rauspicken. Er hatte was er wollte: Popularität, Bekanntheit, virtuelle Facebook-Identität, Hollywoodszenen. Wen interessierte außerdem, was er sagte? Was ist das wert? Wie gut da die Nuttengeschichte dazupaßt.

Das ist eben der Weg, so können bald noch mehr Muttis, nicht nur jene von Assange, stolz auf ihre Söhne sein. Die zwar nichts gestaltet haben, aber dafür ein rückzugsloses Inferno von Verleumdung, Lüge, Verkennung und Haß und Irgendwas ausgelöst haben. Vermutlich nur das, was sie - wie Assange nur von der alleinerziehenden, "freien" Mutter erzogen - erlebt haben, aber, weil zu schwach um direkt zu benennen, stellvertretend an der Welt rächen.

Daß es Mühe und Anstrengung kostet, etwas zu schaffen, etwas aufzubauen. Daß die Welt ihn im Innersten nicht freispricht, wenn er sich's bequem macht, und einfach "aufdeckt", wo einer nicht mit Einbrechern rechnet. Und wer tut das bei Kindern.

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