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Montag, 13. Dezember 2010

Mißgeburt moderner Staat

Richard Wagner geht davon aus, daß der Mensch bewußt nicht wissen könne, was er wirklich wolle. Das sei Angelegenheit der großen, gesamten Natur. Nur, was er nicht wolle, das wisse er. Deshalb wüßten wir erst, was wir wollten, wenn wir es erreicht hätten. Erst dann kann der Mensch bewußt sein Ziel denken. Denn dann sei alles abgefallen, was man nicht wolle.

Daraus zieht er den Schluß, daß nur die Kunst das vorzeichnen und gestalten könne, wohin sich ein Volk entwickeln wolle. Denn diese ist von positiven, aber unbewußten Antrieben bewegt. In ihren Werken, die nur dann Werke sein könnten, wenn sie eben alles ausgeschieden hätten, was ihnen NICHT zugehöre [die Analogie des Bildhauers ist immer noch die zutreffendste, spricht man über das Kunstwerk: der Bildhauer meißelt alles weg, was nicht dazugehört; Anm.] zeige sich das, was das Volk präge und bewege. Dies auch deshalb, weil die Kunst dynamisch sei, sich immer aus der Spitze der Gegenwart nähre. Ist das Kunstwerk fertig, ist der Zustand der Bedürfnislosigkeit erreicht - und damit erst ist es die vollste Vergewisserung des bewußt gewordenen Wesens.

Der Staat aber, in seinen verschiedensten Ausformungen der Gegenwart [Wagner bezieht sich ausdrücklich auf die "demokratischen" Formen des Kommunismus; Anm.] sei eine bewußte Konstruktion. Er wolle somit mehr sein, als er sein könne. Denn er setze den Moment für die Ewigkeit, wodurch er tot sei, noch ehe er ins Leben trete. Er setze eine Norm für die Zukunft, um sie festzuhalten, obwohl sie ihm ja gar nicht gehöre.

Das Nicht-Gewollte wird dem Volk in der Kunst hingegen bewußt. Weil die Kunst nur aus Notwendigkeiten besteht. Damit bleibt, am Ende des Tages, im fertigen Kunstwerk, im abgespielten Drama, das, was gewollt wird. Als das, was frei von allem Ungewollten übrig ist.

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