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Mittwoch, 18. Februar 2015

Die Geister die ich rief

Es ist zwar noch kein Argument, aber es illustriert die Dimension: Um die gigantischen Summen, die die USA in den Anti-Terror-Kampf fließen läßt, rein finanziell zu rechtfertigen, müßten die Geheim- und Abwehrdienste jährlich 1667 (täglich vier) Terroranschläge vereiteln. Schier unbegrenzte Mittel stehen zur Verfügung, werden laufend weiter ausgebaut, und haben einen militärischen Untergrundkomplex entstehen lassen, dessen größtes Problem ist, daß er weitgehend an private Unternehmen ausgelagert ist, schreibt James Risen in Pay Any Price. Damit wird jeder Standard der Kriegsführung unkontrollierbar, und gar nicht unerwünscht. Denn selbst die Folter konnte auf diese Weise ausgelagert werden.

Als Privatgeschäft ist aber nunmehr eine Eigendynamik am Werk, die dafür sorgt, daß dieser Krieg gegen den Terror gar nicht mehr enden wird, weil mächtige Interessen dagegen sprechen. Ja die Frage, ob dieser Krieg irgendwann auch zu Ende sein könnte oder sollte, stellt sich nicht. Dieser Krieg hat nämlich kein Ende "aus sich heraus", so wie man eine feindliche Armee in der Schlacht schlägt und damit ein Kriegsziel, die Wehrlosigkeit des Feindes, für alle erkennbar erreicht. Zu viele haben zu viel zu verlieren, sollte ein Friedenszustand erreicht sein. Zu eng ist bereits die Verknüpfung von Politikern und Kriegskonzernen, die Abermilliardengeschäfte mit der Terrorangst machen.

Ein perpetuiertes, ständig weiter ausgebautes Bedrohungsbild, das der Politik zugleich die Rechtfertigung gibt, die Rechte der Bürger - weltweit - in einem nie gesehenen Ausmaß einzuschränken. Jeder steht unter Generalverdacht, und niemand kann sich schützen. James Risen spricht von einem regelrechten Krieg gegen die Normalität.

Wo man aber vorsichtig sein muß ist, die Diskussion auf eine "Demokratie-Diskussion" verkürzen zu wollen. Mit Demokratie, mit einer Staatsform hat die Würde des Menschen einmal noch gar nichts zu tun. Denn diese Würde als Mensch ist nicht das Ergebnis einer Mehrheitsabstimmung, sie ist überhaupt nicht disponibel, sondern absolut. Genaus so wenig, wie Demokratie an sich (schon gar bei dieser Begriffsverschwommenheit, die heute herrscht) ein Qualitätsausweis für menschliche Würde ist. Das, was man als "Menschenrecht" bezeichnet, hat nur Sinn, wenn es in der Abbildhaftigkeit zu Gott gründet. Nur dort ist ein Menschenrecht verankerbar, will man diesen Begriff mit Sinn erfüllen, und ihn nicht der Stimmungsrelativität einer Gesellschaft unterworfen sehen.

Diese Situation ist durch Rückblicke weiter zu erhellen. Weil historisch fast durchweg bei allen Völkern vorfindbar, dem Nichtmitglied der eigenen Gemeinschaft das Menschsein* abgesprochen wurde, und damit jedes Mittel erlaubt ist**. Nur daß es hier eigentlich schon jeden, auch die Amerikaner, betrifft. Der Staat anerkennt also nicht einmal mehr sein eigenes Staatsvolk, sondern hat es präventiv zum Feind erklärt. Das kratzt sogar an den Fundamenten eines Staates, der nur aus einer Gemeinschaft eines sich zum Staat findenden, also eines Sinnes seienden Volkes (sonst kann es etwa keine Gerechtigkeit geben, die alle so empfinden) leben kann, sonst verfällt er, egal in welcher Staatsform. Was umgekehrt nicht immer heißen muß, daß in einer Abstimmung alle, oder eine Mehrheit, für das sie Tragende Gemeinsame stimmen muß. Das Ausmaß jener, die sich etwa mit einer solchen Verletzung der Menschenwürde, wie sie die USA laufend betreibt, abfinden, ja sie sogar fordern, selbst wenn es sie einbegreift, ist ja erschreckend.

Krieg korrumpert - grenzenloser, nicht endender Krieg korrumpiert grenzenlos und ohne Ende, zieht der Autor das Fazit in seiner Untersuchung. Er lädt die Politik dazu ein, sämtliche Grenzen zu überschreiten, und die tut das auch.




*In sehr vielen Sprachen heißt das Wort für die eigene Nationalität (z. B. "magyar") schlicht "Mensch", oder ist so zu verstehen. Recht, voller Rechtsschutz beginnt selbst heute erst dort, wo jemand dieser Nation (mit Bürgerrecht) zugehört.

**So war in Europa bis zum Ausgang des Mittelalters bestimmte Waffenentechnik (v. a. wo sie anonym, rein zweckorientiert auf das Ausschalten des Gegners mir allen Mitteln ausgerichtet war, wie bei der Armbrust) nur zum Einsatz gegen (asiatische) Heideninvasionen erlaubt, die außerhalb des christlichen Wertecodex des Abendlandes standen. Die Situation der Sklaven seit je, aber auch die ursprüngliche Stellung der Indianer nach der Entdeckung Amerikas, als Beispiel, ist in dieser Sichtweise begründet, die sich erst auf Betreiben der Kirche wenigstens partiell änderte.



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