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Dienstag, 17. November 2009

Es ist eine Welt der Kinder


Würde mich jemand fragen, welche Bücher mich am meisten beeinflußt haben, könnte ich es nicht beantworten. Denn ich bin mir nicht sicher, ob das auch jene waren, die die persönlichen Sehnsüchte am meisten erfaßt haben. Nein, das eher nicht.

Würde mich aber jemand fragen, welche Bücher meine kindlichen Sehnsüchte sättigten, bewässerten, aufblühen ließen, gar befeuerten, dann gehört Enid Blyton mit ihren "Fünf Freunden" unbedingt dazu. Es waren jene Traumwelten, in denen eine Welt von Kindern sich wie selbst regelt, in der alles ein Zueinander hat, das den tief gefühlten wirklichen Antrieben entspricht.

Nun hört man, daß Enid Blyton vom BBC bis in die frühen 1960er Jahre boykottiert worden war. Ihre Literatur sei zu wenig qualitativ hochwertig, hört man.

Ob das stimmt? Man müßte im fortgeschrittenen Alter die eigene Jugendliteratur wieder lesen, wohl vor allem deshalb, um sich selbst besser zu verstehen. Um so manchen Antrieb, tief im Herzen, kennenzulernen, der Schicksal wurde - und schob.

Denn Enid Blyton war Antwort auf ein Bedürfnis, das in der Phantasie eine Welt als Labung erfahren wollte, die so geschlossen war, daß sie vor aller Bedrohung Schutz und Rettung bot. Diesen probenartigen, spielerischen Umgang mit der großen Welt kennzeichnet alle Kinder- und Jugendliteratur, von Astrid Lindgren bis zu Mira Lobe, von Erich Kästner bis zu Karl May, Wörrishofer und J. F. Cooper.

Damit aber hat Blyton etwas geschaffen und geschafft, das rein von dieser Leistung her aber die Leistung der Kunst an sich beschreibt. Und es waren mythische Schemen, deren sie sich auf eine sehr leicht konsumierbare Weise - die Geschichten waren stets nur die Variation eines und desselben Schemas, ein und derselben Sehnsucht nach einer Erwachsenenwelt im Kinderformat - bediente. Daß die für Kinder zweifellos, im absoluten Maßstab gesehen, weit unter kulturellen Höchstleistungen steht kann nicht bezweifelt werden, ja es sei auch unbestritten, daß dies im schlimmsten Fall bis zum Kulturfetischismus (dem eigentlichen Wesen des Faschismus) ausarten kann.

Aber diesen Anspruch stellen ja nur heutige Kunstpädagogen, die die Kinderwelt in eine absolute Höhe rücken wollen.

Das tut und verlangt kein ernsthafter Kulturphilosoph.




*171109*