"Jeder Dichter, der überhaupt einen Wert hat, wird zunächst nicht verstanden. Denn Wert hat er ja nur dadurch, daß er ein Eigener und Neuer ist, und verstanden wird natürlich nur das Alte und Triviale. Die Zeit, während welcher er, wie man das ausdrückt, "zu kämpfen" hat, wird sich im Allgemeinen nach seiner Bedeutung richten; wenn nicht besondere Glücksfälle kommen [...] so dauert sie umso länger, je bedeutender er ist. [...] Das sentimentale Bedauern des Bildungsphilisters aber, welcher eben jenen Widerstand leistet, ist hier gänzlich unangebracht."
In diesem Kampf aber, in welchem er weder verbittern dürfe, wegen seiner Verkanntheit, wo er immer den Überschuß an Lebenskraft pflegen muß, aus dem erst Werk entsteht, geschieht seine maßgebliche Reifung. Hat er keine Kämpfe zu bestehen, fehlt es ihm regelrecht an dem, was es zu erzählen gäbe! "Hier liegt der Grund, weshalb es einem reichen Jüngling so schwer wird, ein Dichter zu werden, weshalb eine zu früh entwickelte Begabung und zu große geistige Leichtigkeit verhängnisvoll sein kann."
Paul Ernst, im Essay "Gescheiterte Dichter", 1915
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