Wäre es nicht so typisch, wäre es keiner Erwähnung wert. Aber an diesem kleinen Beispiel läßt sich die ganze Crux der aufklärerischen Gegenwart ablesen: die für alle Menschen gleiche Zugänge fordert, der Realität aber, daß nämlich nicht alle Menschen für alles, was sie nun dürfen, auch die sittliche Reife, oder auch nur die Qualifikation haben, durch Bevormundung und Einschränkung der Freiheit begegnen zu müssen glaubt.
Jüngster Fall dazu: Die Arbeiterkammer - in ihrer selbstergriffenen Funktion als "Konsumentenschutzorganisation" ohnehin ein Problemfall für sich, die wie ein Elefant so viele gesunde Strukturen zerstört hat - hat sich des logischen Falls angenommen, daß Banken einen eingegangenen Betrag bislang bereits ab dem Moment zur Disposition eines Kontoinhabers stellten, an dem er "am Horizont" auftauchte. Wertgestellt (hinsichtlich Zinsberechnung) wurde der Betrag aber erst am nächsten Banktag. Das hat übrigens auch umgekehrte Optionen beinhaltet: man konnte am Samstag Geld am Bank-o-Mat beheben, das erst am Montag wertgestellt und verzinst wurde!
Diese Option stand somit jedem Kontoinhaber offen. Nun ist damit Schluß. Weil angeblich viele Kontoinhaber zur Überziehung verführt würden, seien die Banken nunmehr verpflichtet, das Geld erst dann zur Disposition freizugeben, wenn es auch wertgestellt sei. Was in der Praxis heißt: die Geldanweisungen scheinen erst um einen, oder gar mehrere Tage, später als bisher am jeweiligen Konto auf!
Was für Empfänger von Renten, oder Arbeitslosengeldern, oder sehr bald: Staatliche Mindesteinkommen, nicht ohne Folgen bleiben wird, weil die Ämter wie bisher anweisen, das Geld aber später einlangt. Am 1. ist aber meist die Miete fällig, etc. Auf diesen nächsten Aufschrei kann man bereits warten, und er wird weitere Regelungen und Gesetze benötigen, bis alle dieselben Lebensbedingungen und Regelungen haben ... und neue Formen suchen müssen, wie sie diese starren Monolithe ihren individuellen Dauerausnahmen - und sei es durch innere Emigration - anpassen könnten.
Wobei: es gibt konkrete Zahlen und Fakten, denen gemäß ein überwiegender Anteil der Bürger dieses Landes auf seinem Konto gar keine Möglichkeit hat, größere Liquiditätsengpässe, und sei es nur um wenige Tage oder Wochen, durchzustehen! Nach Schichten unterschiedlich, steht vor allem die Schichte der Bezieher kleiner Einkommen zu jedem Monatsanfang mit dem Rücken zur Wand. Sodaß nicht die Frage der geringeren Zinsen, sondern dringend notwendiger Liquiditätserhaltung ihr Verhalten bestimmt. Werden Eingänge später wertgestellt - und zum Monatsanfang geht es immer auch um Fristen - und stehen um Tage später zur Verfügung, so muß für alle diese notwendig das Konto überzogen werden, samt Zinsendiensten! Vorausgesetzt, daß das überhaupt noch geht ... Man kann also fragen: wofür war dieser ganze Zirkus überhaupt gut? Oder glaubt man allen Ernstes, daß Banken bzw. Unternehmer Einnahmequellen auflösen, ja solches überhaupt können, ohne Ersatz zu schaffen?
Aber das ist das Wesen der sozialistischen Umverteilung generell: den Menschen werden sogar mit Brachialgewalt (das garantierte Streikrecht ist eine weit ultimativere Option der Staatsgeiselhaft, als man denkt, ähnlich dem Wegweiserecht: wo die Zerstörung des Ganzen, also das Ganze an sich, in die Waagschale geworfen wird, um innerhalb dieses Ganzen Dinge nach Wunsch zu regeln) Möglichkeiten eröffnet, ja alles wird zum Recht, dem sie aber in ihrer Lebensführung gar nicht gewachsen sind. Das ist das Merkmal der letzten Jahrzehnte, das ist die fatale Folge der Umverteilung, der sozialistischen Gerechtigkeit der (ohnehin auch im Sozialismus nicht möglichen) Gleichheit für alle. Die die Freiheit des Einzelnen immer mehr einschränkt, und von oben bestimmt, welcher Lebensvollzug, vor allem in den Entschränkungen, für jeden zur Verfügung zu stehen habe - ohne daß die Folgen dafür von eben denselben getragen werden können.
Bis alle nur noch Rädchen in Mechanismen sind, die gottgleiche Alleswisser festlegen, und das Leben zu einem bloßen Mitschwimmen mit Funktionen und Regelkreisen machen.
Aber noch mehr Irrtum liegt in dieser Form von Politik. Denn sie führt zu grotesken Folgen. So hat die Umverteilung, die über Staatsschulden seit Jahrzehnten betrieben wird, die Wirkung, daß natürliche Lohngefüge, daß Lohn generell in keinem Verhältnis mehr zu individueller Situation, durchaus auch Nachfrage und Angebot, stehen, sondern ein künstliches Gefüge erfordern, das wiederum nur durch außerwirtschaftlich, künstliche Maßnahmen zu regeln ist.
Sprich, und auf den einzigen wirklich relevanten Nenner geführt: Die ideologisch motivierte Umverteilung ist eine der Hauptursachen, ja wenn nicht DIE Ursache, für die heutigen Schulden und Arbeitslosen, und sie ist auch die Ursache für die Polarisierung der Einkommensbezieher - in hier die Proletariarisierung, und dort für unverhältnismäßige Akkumulation von Großvermögen bei Spekulanten, wobei diese scheinbaren Pole nur zwei Erscheinungsweisen eines und des gleichen Charakters sind.
Aber diese Mentalität ist noch weiter zu sehen. Wenn zu beklagen ist, daß unser Leben generell immer mehr zur Bedienung eines Mechanismus wird, immer mehr nur noch aufrechtzuhalten ist, wenn man sich einem immer riesenhafteren, umfangreicheren Apparat einfügt, Teil des Mechanismus wird, so ist dies im ganzen Bereich "Bildung" noch drastischer zu sehen, ja primär sogar auf diesen zurückzuführen.
Die "Umverteilung der Bildung", die ein völliges Mißverstehen von Bildung als technisch mögliche und auflösbare "Wissens- und Skills/Anwendungsakkumulation" zur Grundlage hat, und die "Bildung" völlig loslöst von Sittlichkeit und Kultur, damit zu einer Anwendungstechnik degradiert, und damit neue Eliten schafft (Funktionseliten statt Kultureliten), hat mit sich gebracht, daß wir zunehmend von Denkweisen und Logiken beherrscht werden, die genau diese Auflösung des Lebens mit sich bringen. Und damit sich selbst notwendig und von sich abhängig machen.
Der mechanistische Staat, der seinem Wesen nach auf Totalität ausgerichtet ist, schafft sich also seine Funktionäre gleich mit, schafft sich seine herrschende Technokratenschichte im selben Atemzug, als er um vermeintlich höherer Güter willen die Freiheit des Einzelnen zur Lebensgestaltung zwangsweise beschränken muß. Weil er auch die Folgetragung der gesellschaftlich gewünschten oder akzeptierten Lebensvollzüge garantiert, umgekehrt eine individuelle Folgetragung eingegangener Lebensrisken - Sozialisierung von Nutzen, z. B. bei Kindern, Enteignung gar, und sei es durch Inflation, bei Vermögen, Erbschaften, Auflösung kleiner autarker Einheiten (Familie!) durch Neudefinition von Rechten etc. - verunmöglicht.
*061109*