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Montag, 17. Februar 2014

Folgen von Kurzschlüssen (1)

Nun passiert also genau das, was schon vor Jahren (auch an dieser Stelle) vorhergesagt war, und es ist ein "leichter Sieg" der Prognose, denn er hat eine Zwangsläufigkeit: Die Währungen der Schwellenländer, auf denen die Performance der Weltwirtschaft in den letzten Jahren ausruhte, werden teils massiv abgewertet.

Bildquelle: Die Welt
Was war dabei logisch? Auf der Flucht vor den geplatzten Spekulationsblasen der Industrieländer haben sich die Kapitalien der Welt (davon zwei Drittel direkt oder indirekt staatlich) auf Länder konzentriert, die noch Entwicklungspotential hatten - Entwicklungsländer (v. a. Rohstoffe) und (meist bevölkerungsreiche) Schwellenländer wie die Türkei, Brasilien, Indonesien, Rußland, Argentinien, Chile, Indien, um China (trotz Sonderbedingungen dieser halbstaatlich-dirigierten "freien" Situation) nicht zu vergessen.

Rein technisch gesehen bewirken aber zugeflossene Kapitalien dasselbe wie Verschuldung, ja SIND Verschuldung, nur mit anderer Risikokomponente. Rein technisch gesehen werden durch zufließende Kapitalien, ob als Investition oder als Kredit, ja sogar als Geschenk, dieselben Wirkungen ausgelöst. Nachfrage wird über den einem volkswirtschaftlichen Organismus eigenen Takt hinaus erhöht, was kurz- und mittelfristig tatsächlich "belebende" Effekte hat. Wer in Kuala Lumpur eine Fabrik baut, erhöht dort kurzfristig die Bautätigkeit, das Liefervolumen für Ziegel, die zu leistenden Arbeitsstunden, usw. usf. Aber dann tritt etwas Seltsames ein. Der Verfasser dieser Zeilen nennt es "Abnüchterung". Es erfolgt ein Anpassungsprozeß der lokalen Wirtschaft an diese zusätzlichen Nachfragesteller, das Kapital (aus dem Ausland). 

Weil das in überwiegendem Ausmaß europäisches Geld war (sogar dadurch, daß die USA weit mehr Kapital im eigenen Land anlegten, wie das nominelle Ansteigen der Industrieproduktion dort zeigt), zeigt sich dieser Abwertungsprozeß also vorerst in einer Veränderung dem Euro gegenüber.

Denn der volkswirtschaftliche Effekt eines produzierenden Betriebes etwa wird weitgehend überschätzt bzw. falsch eingeschätzt. Keineswegs erhöht sich die Produktivität einer Volkswirtschaft, sondern sie schichtet sich nur um. Der einzige wirkliche und nachhaltige Faktor, der eine Volkswirtschaft vergrößert, ist nämlich ausschließlich menschliche und höchst individuelle Leistung, und das hat mit Sittlichkeit, und damit mit Wirklichkeitsrezeption und Persönlichkeit zu tun. 

Die Kapitaleffekte bewirken das aber nicht. Die finanzmathematische Berechnung von Investitionen hinkt also um einen gewaltigen Faktor, und liefert im Ganzen gesehen höchstens Hilfsdaten, aber nicht die entscheidenden Daten. Im Gegenteil, weil zufließende Kapitalien Blüte vortäuschen (und zwar nur über Geldwirkungen, also über technische Performance) bewirken sie ein Abschlaffen der einem Organismus eigenen Kräfte. Das Fremdkapital wird zum Dauerbedarf, ja durch dieses Abschlaffen wird ständig höherer Kapitalzufluß notwendig, unbesehen der Fehleinschätzung des aktiven Werts von Investitionen (die nämlich nie "dauernde" Werte schaffen, sondern wie jede Maschine einen Zusatzbedarf nach Zuwendung, nach Energiezufuhr bewirken, um erhalten zu werden. Jede Maschine braucht mehr Energie, als sie ausstößt! Das ist ein logisches Ergebnis aus dem Energieerhaltungssatz, weil jede Maschine Reibungsverluste hat. Georg Friedrich Jünger zeigt das so gedanklich klar in seiner großartigen Untersuchung über die Maschine.

Graphik: Die Welt
Aber darauf ist eine Investition nicht ausgerichtet. Sie will "kassieren", und das sogar mit gewissem Recht (der Verfasser beklagt also nicht die Zinswirtschaft an sich, und beteiligt sich auch nicht den dummen Kurzschluß der  "Zinseszinsklage"). Aber eine Investition, eine Fabrik, eine Maschine(rie) funktioniert NIE als reine Geldmaschinerie. Sie ist aus ihrem Wesen heraus ein Ding, mit dem der Mensch lebt, und das seine Kapazitäten im Gleichschritt mit menschlichem Leistungsvermögen entfaltet, aber NICHT das liefert, was der Verfasser als einen der großen Irrtümer der Volkswirtschaftslehren (Ludwig von Mises als Beispiel ausgenommen, aus dessen Schriften der Verfasser dieser Zeilen durchwegs Stützung seiner Thesen herausliest) sieht, und was man als "Effizienz" bezeichnet. Diesen Faktor gibt es nicht. Nicht in der Form, wie er sich mathematisch zwar ergibt, aber seltsamerweise nie so in der Realität eintrifft, betrachtet man eine Investition etwa über einen sehr engen Rahmen hinaus.* Klartext: Wer investiert, kann dies immer nur tun, wenn er sich selbst damit wirklicht. Die Fabrik selbst betreibt, in ein sozial entsprechend mitgewachsenes Umfeld eingebettet ist, das sich in jede Stufe anschmiegt, gewissermaßen, also im selben oder annähernd selben Persönlichkeitsgrad steht, wie der Investor, dessen Maschine (Fabrik usw.) ja Ausdruck seiner Persönlichkeit ist. Darüber werden wir hier gewiß noch mehr erzählen.**

Lange Rede, kurzer Sinn:  Eine Volkswirtschaft verträgt nur so viel an Investitionskapital und Investitionen, als sie aus ureigener Leistung der sie tragenden Menschen und Sozialgefüge heraus generieren kann oder will. Geld kann nie mehr als ein Äquivalent menschlicher Leistung sein, sein Nominalwert ist defacto gleichgültig, tatsächlich eine abstrakte mathematische Größe.

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Morgen Teil 2) Wenn das Kapital wieder auf Reisen geht




²Natürlich werden andere mit anderen Thesen daherkommen, die genau erklären, warum welche Entwicklungen stattfanden. Aber der Verfasser behauptet, daß sie sich sämtlich auf rein technische, sekundäre Vorgänge beziehen. Ihm ist kaum eine fundamentale Aufarbeitung der Kreisläufte bekannt, die sich auf primäre Ursachen bezieht. Die meisten Volkswirtschaftler oder gar Betriebswirtschaftler erklären nicht mehr als "technische Ablauffunktionen." Das ist einer der Gründe, warum Wirtschaftsprognosen, wie sich in den letzten Jahren gezeigt hat, oft so dramatisch und bis zur Sinnlosigkeit falsch waren. Aus dem Vielfältigen heraus läßt sich etwas nie erklären. Es liefert nur Hinweise und Belege für viel grundsätzlichere Zusammenhänge. Ein Wirtschaftsexperte, der nicht von der Anthropologie ausgeht, kann nie mehr als herausgegriffene Ablaufszenarien kennen. Weshalb bei allen großen Wirtschaftstheorien der Vergangenheit IMMER eine ausgeprägte Anthropologie am Anfang steht und stand. Das ist es, was die viel zu wenig rezipierte, noch weniger aber verstandene (USA ...), Österreichische Schule der Volkswirtschaft so einzigartig macht - sie geht nämlich von einer sehr wahren Anthropologie aus, ist alles andere als bloße Theorie von Abläufen. Und das ist es, warum sämtliche (anderen) Großthesen heute versagen.

*Beispiel aus dem Buch von Jünger: Zwar erhöht bessere Technik die Performance eines hochstufigen Produkts wie des Computers, gleichzeitig wird aber die Gesamtmenge an zu leistender Arbeit in den untersten Stufen gleichfalls erhöht, nur in einer globalisierten Situation verschleiert. Globalisierung funktioniert also überhaupt NUR, wenn sie auf Ungleichheiten abzielt, sie ist in der heutigen Form also ein Widerspruch, wenn nicht eine zynische Heuchelei in sich, weil sie gar nie - in der heutigen Form - funktionieren kann.

**Etwa das nach Wissenstand des Verfassers noch nie eingehender untersuchte Kapitel der amerikanischen Volkswirtschaft im 20. Jhd., deren Performance nämlich auf dem Zufluß von Fremdkapital (vorwiegend aus England) im 19. Jhd. beruhte, das vor allem nach dem 1. Weltkrieg volkswirtschaftlich gesehen enteignet wurde. Die Charakteristik der heutigen US-Volkswirtschaft weist in den Augen des Verfassers alle Anzeichen solcher Überlagerungs-Überhitzung auf, was die Richtigkeit seiner Thesen untermauert. Was als amerikanische Wirtschaftspolitik bezeichnet wird, ist deshalb als Versuch zu deuten, diese Abnüchterungsprozesse zu vermeiden oder wenigstens hinauszuzögern.

Wenn heute der britische Historiker Neil Ferguson mit der These aufregt, daß England 1914 mit seinem Kriegseintritt einen schweren Fehler gemacht habe, so kann man ihm - zumindest aus rein "historisch-technischer Sicht" - nur zustimmen. Modris Eksteins zeigt in seinem leider so wenig bekannten "Rites of spring" (so viele aktuelle Publikationen, etwa "The Sleepwalkers" von Clark, oder "Der taumelnde Kontinent" von Bloom, wirken als wären sie daraus abgeschrieben; in der Meinung, daß Eksteins ohnehin zu wenig bekannt oder längst vergessen sei), wie sehr England diesen Krieg aus einem Idealismus heraus führte, in dem es scheinbar um die Verteidigung einer Kultur ging, die in England selbst gar nicht gefährdet war - aber nachher erst recht zusammenbrach. Indem es das Commonwealth, noch mehr aber die globale Stellung Europas verspielte, die Weltordnung auflöste und ins Chaos stieß, und die Rolle der USA als neue, dabei kulturell überforderte Weltmacht regelrecht präformierte.






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