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Dienstag, 18. Februar 2014

Folgen von Kurzschlüssen (2)

Teil 2) Wenn das Kapital wieder auf Reisen geht




Nun werden diese Kapitalien wieder abgezogen. Weil sich in den entsprechenden Volkswirtschaften die unausbleiblichen Anzeichen einer Abnüchterung zeigten. Argentinien, das seine Krise von 2000 mit genau diesen Mitteln bekämpfen wollte, mit denen Europa hantiert, zeigt als Vorreiter bereits, was dann passiert. Das Land steht vor seinem nächsten Kollaps. Einer bloßen, aber unausweichlichen Folge. Vielleicht sogar die gesamte Wirtschaft des südamerikanischen Kontinents ist in ihrer nominellen Performance ihrer wahren, inneren, "sittlichen" Leistungsfähigkeit deutlich voraus, muß also über kurz oder lang kollabieren. Ein später Fluch der Verbindung mit dem Abendland, übrigens, denn die Nominalwirtschaft orientiert sich (und das in allen Schwellenländern, um die es hier geht) an der inneren Leistungshöhe der Europäer, hat sich wie eine luftdichte Decke über die Menschen des Kontinents geworfen. Noch drastischer formuliert: Die meisten Schwellenländer haben eine Wirtschaft hochgezogen, die nicht aus ihr selbst generiert wurde und ein fremdes Gesetz aufzwingt, das von der gesamten sittlich-sozialen Struktur des Volkes nicht erfüllt werden kann. (Wenn man von hoher Korruption gerade in vielen Ländern spricht, so hat sie genau hierin ihre tiefen Wurzeln.)***

Graphik: Die Welt
Die rechts angefügte Graphik aus Die Welt belegt das, wenn sie alleine natürlich nicht ausreicht: Dem Aufblasen von Volkswirtschaften folgt regelmäßig ihre Abnüchterung, der bisher genauso regelmäßig neue Geldzufuhr folgte, mit denselben Effekten.²

Das heißt: Das Geld sucht auch dort seinen wahren inneren Wert, und der ist auf das Realleistungsvermögen einer Volkswirtschaft ausgerichtet. Die Währung - im Außenverhältnis zumal - muß angesichts einer drohenden oder bereits realisierten Inflation abgewertet werden, denn Geld ist immer nur ein Leistungsversprechen zweier Leistungsträger. Übersteigt die nominelle, mathematische Leistung einer Volkswirtschaft ihre reale Potenz, muß es mittel- und langfristig zu einer Entwertung (oder Reduktion) dieser Nominalleistung kommen. Derselbe Irrtum übrigens, der dem Sozialstaatsdenken eigen ist.****

Die Türkei liefert ein gutes Beispiel dafür: Der Verfasser hat sich vor Jahren sehr persönliche Kritik anhören müssen, weil er angeblich die Wirtschaftsdaten der Türkei, die so hohe Performance anzeigten, nicht zu kennen schien. Oh doch, er kannte sie, aber er interpretierte sie auf eine viel fundamentalere Weise.***** Denn zwar hat der Staat einen niedrigeren Verschuldungsgrad als die meisten europäischen Länder, und sein staatliches Sozialnetz ist mit dem Europas nicht annähernd vergleichbar, aber dafür ist der Verschuldungsgrad der Privaten und Unternehmer sehr hoch. Das war in Irland oder Spanien nicht viel anders. Die Individualleistung war aber auch damit nominell überbewertet, der volkswirtschaftliche Effekt derselbe. Nun suchen diese Gelder einen Ausweg, der ihre ursprünglichen Absichten noch erfüllen soll - sie wollen sich zurückziehen, flüchten, ehe es zu einer Verwurzelung ins Geflecht der Volkswirtschaft kommt, ehe der Abnüchterungsprozeß einsetzt. 

Der Kapitalabfluß aus der Türkei ist derzeit enorm, wie zu lesen ist. Weshalb der Staat mit Erhöhung der Zinsen reagiert. Was im Grunde nichts anderes ist als der Versuch eben solcher Abnüchterung zu verhindern, indem er weiteres Kapital anlocken möchte. Womit nicht mehr erreicht werden wird als daß sich die KapitalSTRUKTUR der Türkei verschieben wird, noch mehr nämlich zum Geld hin. Was alles nichts daran ändern wird, daß zumindest langfristig der Türkei ein enormer volkswirtschaftlicher Korrekturbedarf ins Haus steht. Was der Verfasser dieser Zeilen schon seit vielen Jahren auch behauptet, und sich nun erstmals abzeichnet. Nur durch immer stärkere Abhebung des Geldmarktes von der Realwirtschaft - wir nennen bereits die Abstrakta, der Raum wäre zu klein, um alles konkret auszuführen - kann dieser Prozeß scheinbar überwunden, in Wahrheit nur verlängert werden, mit einem umso größeren Korrekturbedarf, der aber in die Zukunft verschoben wird.




***Hier also zu meinen, man könnte mit Umverteilung, nach "brüderlicher Teilhabe am Wohlstand der Industrieländer", usw. usf., etwas verändern zeigt nur eine wahrhaft erschreckende Ahnungslosigkeit "sozial bewegter" und sehr schlichter Gemüter. Kulturaufbau, und nur um den kann es überhaupt gehen, gerade katholisch bewegten Geistern, passiert niemals durch geschenkte, generelle (nominelle) Wohlstandserhöhung.

****Wovon deutlich die sogenannte "soziale Marktwirtschaft" in ihrem ursprünglichen Sinn ausgenommen werden muß! Aber wer etwa heute die Schriften deren "Erfinder" liest (für Deutschland maßgebend etwa Ludwig Erhard) hat den Eindruck, es hier mit Turbokapitalismen zu tun zu haben, verglichen mit den krankhaften Auswüchsen heute, die einer Perversion dieser alten Idee gleichkommen. Die soziale Marktwirtschaft nimmt den Organismen nicht ihr Eigenleben, sondern baut zum Gegenteil darauf auf, daß sie ihre Gesundheit bewahren, wozu auch da und dort Heilungsanstöße gegeben oder Krankheiten, Harmoniestörungen dieses Eigenlebens eines Organismus vermieden werden müssen. Aber sie baut immer auf dem Grundsatz der Äquivalenz von Wirtschaftsleistung und Eigenkraft einer Bevölkerung auf, und nur um die kann es einer Politik gehen.

*****Aus vielfacher eigener Erfahrung kann sogar ein Gesetz formuliert werden: Daß eine bestimmte Höhe des Aktivitätsniveaus eines Organismus keineswegs seine sich vollendende Gesundheit und Prosperität anzeigt, sondern im Gegenteil zeigt sich darin das dräuende Ende, das nur noch durch immer weitere Erhöhung der aktuellen Aktivität vermieden werden kann. Klartext: Ein Betrieb, der scheinbar extrem wächst, und alles auf Wachstum setzt, hat (wahrscheinlich IMMER) mangels wahrer Rentabilität keine andere Wahl mehr. Vorsicht also vor besonders expansiven, SCHNELL wachsenden Unternehmen - Vorsicht vor besonders schnell wachsenden Volkswirtschaften!






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