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Dienstag, 11. Februar 2014

(Schleichender) Paradigmenwechsel

Vielleicht illustriert dieses Beispiel, das der Verfasser in Hans André's "Urbild und Ursache in der Biologie" fand, dem geschätzten Leser  den entscheidenden Unterschied zwischen morphologischem, ganzheitlichen, gestaltorientiertem Denken, und der Denkweise der Einzelwissenschaften. Er ist grundlegend, und schließt sich einerseits zwar nicht aus, wird aber zum Verhängnis, wenn die Quantifizierung der Naturwissenschaft die Gestaltsicht verdrängt, das Denken selbst "quantitätenmorphisch" macht. Und damit den Zweck, den (herausgegriffenen) meßbaren Nutzen, zur abstrahierten Ursache setzt,* und aus diesen Zwecken schließlich ein ganzes Weltbild konstruiert, das als Interpretationshorizont alles weitere Forschen eingrenzt und bestimmt.**

Weil die Pflanze in ihrer Bestimmungsbereitschaft lichtgeöffnet wie eine aufblauende Finsternis und zugleich im Höchstmaß rein und aktiv lichtbezogen (und darum die gelben Strahlen am meisten ausnutzend) ist, kommt ihr als konforme Ausdruckqualität das Grün zu. Das ist die höchste Perspektive, unter der ich hier die Qualität Grün in ein einsichtiges Ordnungsschema bringen kann. 

Für den Ökologen und Physiologen liegt das Problem eine Stufe tiefer. Der Ökologe betrachtet das Grün unter dem Gesichtspunkt der möglichst zweckmäßigen Energieauswertung des Sonnenspektrums durch die Pflanze.Die Pflanze ist für ihn grün, WEIL SIE DADURCH die vielen roten Strahlen gegen die Dämmerung hin noch ausnutzen kann und nicht zu viel Wärme absorbiert, was z. B. der Fall wäre, wenn sie in schwarzer Färbung dem heißen Sonnenlicht ausgesetzt wäre. 

Die Einpassung des vitalen Energietransformators in sein natürliches Medium ist das Problem des Ökologen. Auch wie in bestimmten Fällen eine chromatische Anpassung an die veränderte Beleuchtung stattfinden kann, ist für ihn von Interesse. Den Physiker schließlich interessieren nur die Bewegungsvorgänge, die mit dem optischen Phänomen verbunden und seiner Messung und mathematischen Behandlung zugängig sind.



*Etwa derselbe Prozeß, der sich in Keplers Schriften aufweisen läßt, wo er anfangs noch die Bewegungen der Planeten als von Höherem gelenkt sieht, bis er über deren mathematische Berechenbarkeit zu einem rein physikalistischem Weltbild kommt, wo es "physische Kräfte" werden. Und plötzlich ist der gesamte Kosmos pure mathematische Physik.

**In seiner höchsten Steigerung, die an den Grenzen eben dieses Zweckdenkens auftritt: Der Welt die Kausalität überhaupt abzusprechen, sie zum (sinnlosen) Zufall zu erklären, weil sie (wie in der Quantenphysik) nämlich aus den Zweckhorizonten heraus (logischerweise!) nicht erklärbar ist.



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