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Samstag, 27. Mai 2017

Vom Nutzen der Identitätslosigkeit (1)

Einer aktuellen Studie zufolge haben 55 % der US-Amerikaner das Gefühl, daß sie ihre Kultur und Identität verlieren bzw. verloren haben. Ganz besonders stark (68 %) ist dieses Gefühl unter der "white working class" (der weißen Arbeiterbevölkerung) verbreitet. Fast 45 % dieser "white working" haben auch das Gefühl, daß sich ihre Welt seitden 1950er Jahren so verändert hat, daß sie sich schon wie Fremde im eigenen Land fühlen, und fast 62 % dieser Gruppe fühlen ihre Kultur von Zuwanderung bedroht.

Was die Sache im Kern sofort erhellt. Denn diese Gruppe war es vor allem, die das Objekt jener Politik war, die seit dem 2. Weltkrieg ganz gezielt lokale, ethnische und vor allem religiöse Identitäten - also das, was man mit Kultur überhaupt erst bezeichnen kann (im Unterschied zum rein technisch beschreibbaren Zustand der Zivilisation) - aufzulösen trachtete. Das geschah ganz gezielt und effizient, man wollte eine neue "amerikanische" Identität schaffen, ja hat sie im wahrsten Wortsinn erfunden.  Nur so war Identität "nützlich".

Weil es so etwas aber in natura nicht gibt, weil der Mensch immer und in jedem Einzelnen Selbstzweck ist, mußte es bedeuten, daß man das Volk ideologisierte, also wie mit einem Ausstechlöffel aus seinen gewachsenen Umfeldern (die praktisch identisch mit Herkunftsumfeldern sind) herausstechen. Wer die Geschichte dieses "social engineering" ansieht erkennt im übrigen sofort die Parallelen zur europäischen Gesellschaftspolitik der letzten Jahrzehnte. Wir werden deshalb darüber im Detail noch berichten. Es ging ja so weit, daß Identität selbst schon als verdammenswert klassifiziert wurde - wer die maßgeblichen Ideen ansieht, die damals aufkamen (allen voran die Frankfurter Schule, die Identität und Kultur mit nationalsozialistischen Greueltaten und Kriegsübeln gleichsetzte)

Die politischen Maßnahmen - eines ihrer Schlagworte war "ethnic cleansing" - waren freilich sehr clever gewählt. Man kann sie so beschreiben, daß man im Namen von "Gerechtigkeit", im vorgeblichen Kampf gegen ein bestimmtes Übel, immer einen Vorteil zuungunsten eines kleinen, meist wenig oder gar nicht bewußten Nachteils verkaufte (oft genug buchstäblich verkaufte, gegen Geld), der aber weit fundamentalere Folgen hatte, als die Menschen selbst glauben wollten weil nicht erkannten. Man hat also die Menschen ganz gezielt getäuscht, und allmählich begreifen es viele, meist freilich nur aus Erleben, nur ganz selten aus wirklicher Kenntnis der Zusammenhänge. Sie erleben, daß sie nicht mehr wissen, wer sie sind (weil andere das besser wissen), und nirgendwo mehr Halt bekommen, obwohl sie fühlen, daß "da etwas nicht stimmt". Sie fühlen, daß sie verdrängt werden, ohne zu wissen warum.

Sehr gezielt hat man eben das zerstört, was überhaupt erst (natürliche, gesunde) Identität (die also nicht ständig sich selbst suchen muß, etwa indem sie sich ständig ihrer selbst vergewissern möchte, also Narzißmus, oder durch überzogene äußere Merkmale - man denke nur an piercing oder tattooing, früher Merkmale genau der Identitäts- weil Ortslosen - oder die Krückenfunktion der social media, etc. etc.) zu schaffen vermag: Tradition.

Erst wo natürliche, gewachsene (und das hat mit "Eingeborenheit" zu tun) intakt sind, integer, selbständig, sich aus der Geschichte und vorgefundenen, starken, durch soziale Sanktionen auch geschützten sozialen Ordnungen selbst begründend sind, ist Identität kein Problem. Eingebettetheit in sozial intakte, stark familienbezogene (denn der Mensch beginnt IMMER bei der Einheit mit der Mutter, und ihrem Verhältnis zum Vater, dem Prinzip der Vernunft in Freiheit, und von dort aus bauen sich sämtliche weitern Umfelder auf), aus menschlicher Gemeinsamkeit und Gemeinschaft solidarische Umfelder, die vor allem von einer gemeinsamen Religion getragen werden, der Wurzel jedes (!) sozialen und politischen Verhaltens.

Deshalb war diese Politik von Anfang an vor allem gegen den Katholizismus ausgerichtet, und sie ist es heute so aggressiv wie noch nie. Er war der Hauptfeind im Kampf gegen die Freiheit und Selbständigkeit des Einzelnen, am Weg vom Individuum zum Konsumenten und zum Staatsinstrument, zum Rädchen in der Maschine Staat, Wirtschaft und auf Geld und Konsum reduziertem Wohlstand, wo der Einzelne direkt und in allem abhängig ist.*

Es waren gerade die ethnisch-katholischen Bevölkerungsgruppen, die große Integrität (samt ihrer Affinität für ihre Herkunftsländer in Europa - Italiener, Polen, Deutsche, aber auch Polen, Iren und Schotten waren aufgrund ihrer Katholizität "politisch unzuverlässig") und Selbständigkeit mit harter Arbeit und hohem sozialen Zusammenhalt bei weit überdurchschnittlicher Fertilitätsrate (katholische Familien hatten immer viele Kinder) verband, die sie für die beiden anderen großen ethnisch-religiösen Gruppen, dem Protestantismus und dem Judentum, zur Bedrohung machten. Amerika war auf dem Weg zu einem katholischen Land, zu einer katholischen Kultur. Dieser Bedrohung wurde ein Konzept des Universalismus mit einer neuen Definition von "Freiheit" (als Entbindung vom Sein) entgegengesetzt, das mit einer ausgefeilten Strategie der Verführung bei gleichzeitiger Schwächung der Kirche zum Erfolg kam.

Der Staat hat sich nun an die Stelle Gottes gesetzt. Jeder Sub-Gesellschaft, bis hinein in die Familie, wurde seither (oft auf ganz perfide, propagandistisch perverse Art) nach und nach die Kraft zur Selbstregulierung und -bestimmung genommen, vor allem indem man ihre Integrität verleumdete. So wurden sämtliche natürlichen Adhäsionskräfte aufgelöst, die Menschen "wollen" den Staat als Absolutum, sie "wollen" das, was sie aber um sich selbst bringt. Und das wird heute schon ab den Tagesstätten für Kleinstkinder verbreitet, wo mit pädagosch dem Mißbrauch gleichzusetzenden Methoden eine neue, universalistisch-wurzellose Wertelehre vermittelt wird.

Aber genau so, wie die in Vereinzelungen aufgelösten Menschenansammlungen, die wir heute vorfinden, sich zurecht als schwach (weil ohne Identität) fühlen, genau so empfinden diese Geschwächten soziale Gruppen mit stärkerer Identität (aus geschlosseneren religiösen und familiären Gruppen) als Bedrohung. Sie sind es. Sie sind den Geschwächten tatsächlich überlegen.



Morgen Teil 2) Wer mit dem Menschen rechnet, 
hat nicht mit dem Menschen gerechnet





*130517*