Was Johannes Paul II. in seinem Vorwort zu seinem grundlegenden Buch "Liebe und Verantwortung" schreibt, gilt für alle Philosophie, für alles Denken, vor allem für alle Ontologie. Der Geist ist niemals direktes Objekt der (sinnlichen, wenn man will: empirischen) Erfahrung. ABER er ist es, der Erfahrung er in ihrer Tiefe zur Wahrnehmung hebt. Wo die ontologische Tiefe - und sie ist so gut wie immer (als praktische Erfahrung an den Menschen) implizit viel konkreter, als den Menschen selbst bewußt ist - verfehlt wird, entgeht dem Menschen die Tiefe seines eigenen Erfahrens, also auch des Empfindens.
Daran, an der Rezeption der Wirklichkeit, muß sich Wahrheit bemessen. Und sie tut es in diesem Fall nicht an der Falsifizierung - sie ist es ja eigentlich, die das rezeptive Denken meist anwegt - sondern als Verifizierung! Sie tut es in (und hier stimmt das Wort tatsächlich) in der Übereinstimmung und Harmonie des Denkens mit dem Erleben, das durch das Denken in die volle Geistigkeit als Mensch - ja überhaupt ALS Geist ZUM Geist - gehoben wird.
"Richtiges" Denken als "wahres" Denken ist deshalb eine Aufsteilung des Empfindens in den Geist. Das Empfinden wird geborgen, es wird nicht erfunden! Deshalb muß sich auch jedes ethische, jedes moralische Gebot als höhere Potenz des jedem (jedem!) Erlebten und Erlebbaren darstellen. Ein anderes (katholisches) Moralgebot kann es nicht geben. Dann wäre es nicht mehr katholisch.
Die Frage nach der Richtigkeit oder Wahrheit katholischer Moraldistinktion kann also nie sein, ob es "richtig oder falsch" ist, sondern, ob es im Erleben des Menschen - DES Menschen - vorkommt. Das ist das Kriterium des Wahren, das ist das Kriterium des Katholischen.
Weil aber Erkennen nur durch "devotio", durch Unterwerfung (Gedankenkreis: Gehorsam, Autorität, Hierarchie ...) möglich ist, nur in dieser Haltung also überhaupt Erkennen möglich ist (will Denken sich nicht in Sophisterei sinnlos verquirlen), ist Erkennen (als Wahrnehmen sowieso) ohne Offenbarung überhaupt nicht möglich, will es nicht in sich kreisendes Stammlensgeschwurbele bleiben. Erst die Offenbarung (Gedankenkreis: "Mutter" - Muttersprache ...) macht Welt, die prinzipiell Welt des Menschen und damit des Denkens weil Geistens ist.
Denn einerseits ist nichts erkannt, das nicht begrifflich faßbar wird - weil der Begriff (und hier sind wir sogar bei J. Derrida!) das Gefäß des Wiederklangs des Seins ist - und insofern ist alles erst "etwas", wenn es in den logosgetränkten Begriff gehoben wird. Anderseits ist nicht der Mensch der Erfinder der Begriffe, sondern der Übernehmer.
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