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Montag, 18. April 2016

Kreuzweise zu denken

Eine interessante Sichtweise wurde dem VdZ in einem Gespräch mit einem Amerikaner eröffnet. Denn der meinte, daß im laufenden Wahlkampf Trump - Clinton (auf den die Vorwahlen hinauslaufen dürften) die europäischen Sichtweisen überhaupt nicht anzuwenden wären. Die nämlich Trump mit "rechts" und Clinton mit "links" identifizierten. In Wahrheit sind die Dinge in den USA viel komplizierter, ja fast gegengleich.

Schon als Außenministerin hatte sich Hillary Clinton (ähnlich wie schon ihr Mann) durch aggressive Großmachtpolitik hervorgetan. Das war sogar Barack Obama zu weit gegangen, der sie deshalb in seiner zweiten Amtsperiode nicht mehr ins Kabinett gerufen hatte. Umgekehrt fordert Donald Trump eine Rückbesinnung der Amerikaner auf sich selbst. Begleitet von einem harmonischeren Verhältnis zu Rußland, propagiert Trump eine weit defensivere Globalpolitik der USA. Er hat sogar einen möglichen Austritt der USA aus der NATO zur Diskussion gestellt. 

Eine ähnliche Linie vertritt übrigens der noch immer nicht ganz auszuschließende demokratische Kandidat Sanders. Er dürfte allerdings in den Vorwahlen dauerhaft keine Chance haben.

Denn der Konflikt zwischen Demokraten und Republikanern ist, so der Amerikaner dem VdZ gegenüber, in Wirklichkeit ein Konflikt zwischen dem politischen und wirtschaftlich-militärischen Establishment auf der einen Seite, und einer diese herausfordernde Seite, vertreten durch Trump, und eben auch durch Sanders. Das bedeutet, daß die Seite der Demokraten unter Clinton mit der des herrschenden Machtkomplexes in den USA gleichzusetzen ist, während Trump (der in Europa fast als ein wenig verrückt dargestellt wird) als "linker", dabei durchaus eigenwilliger Herausforderer und Vertreter eines sehr amerikanischen Selbstbesinnens gesehen werden müßte.

Mit europäischen Zuschreibungen von rechts und links kommt man also in den USA nicht weit. Die Interessenslagen dort sind verflochtener, widersprüchlicher, weniger ideologisch zuordenbar und komplexer als in Europa. Das hat mit dem prinzipiell revolutionären, also sehr staatskritischen Grundgeist der Amerikaner zu tun, der selbst links ist, sich aber wie das europäische rechts äußert, sich dabei aber mit dem ganz eigenen Konservativismus des Südens und Mittelsüdens einerseits, dem puritanisch-missionarischen Geist des Ostens und Mittelostens mischt. Der nach europäischem Begriff  "Linke" ist in den USA dem Establishment zugehörig und tritt für Zentralismus ein, während der oft martialisch auftretende, für Europäer als amerikanischer "Rechter" wahrnehmbare Amerikaner gegen das Establishment und für Individualismus und Eigenverantwortung und mehr subsidiäre Demokratie steht.
 




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