(Erste Fragmente einer Kritik von Amoris Laetitia
Weitere Punkte sind geplant, aber aus Zeitgründen noch nicht ausreichend ausgearbeitet.)
"Die Beseitigung der Regel durch die Ausnahme."
Weitere Punkte sind geplant, aber aus Zeitgründen noch nicht ausreichend ausgearbeitet.)
[...] Staunen, wenn nicht gar Ärgerlichkeit erregt der Verweis auf ein sogenanntes Subjektives Gewissen: Letzthinnig ist
Entlastung nur durch ein Außen möglich. Gewissen und Selbst sind
Sprachkonstruktionen, Sprachsysteme, Systeme des logos tragen es.
Aber diese Sprache ist strukturiert durch Urteile, und diese sind
objektiv vorgegeben, nicht subjektiv hervorgebracht oder erfunden,
abhängig vom Kreis, der durch die Tat berührt wird. Im Fall der
Ehe, der Sexualität, des Zusammenlebens zweiter ist die
Öffentlichkeit unabtrennbare Dimension. Deshalb braucht es auch die
Außenposition, die rechtfertigt oder nicht. Wie sagte einmal + Bischof Krenn: "Die
Wahrheit, die mir Christus in der Kirche gibt."
Kirche ist societas perfecta, wo
sie deformiert ist durch Sünde ist sie unvollkommene Abbildung des
Ewigen Jerusalem. Aber es ist verheißen, daß dieser Bauplan des
Ewigen Jerusalem nie aufhören wird, sich irgendwo zu manifestieren,
und damit in der Welt wirksam zu werden, so klein die Kirche nach
außen sein mag.
"Love ist not of making people feel good," sagt Steve Skojec in einen Radiointerview auf Fox
News. Abgesehen von den grundsätzlichen Einwänden, ist es ein
höchst fragwürdiges Vorgehen zu meinen, man könne für eine sehr
kleine Minderheit (und das sind die wiederverheirateten Geschiedenen,
die einen wirklichen Platz in der Kirche suchen) die
Eintrittsschranken öffnen, während man damit die überwiegende
Mehrheit der Katholiken verunsichert, weil man die
Glaubensgewißheiten aufweicht, ja eigentlich in Frage stellt, wenn
man ihre Relevanz plötzlich auf subjektive Gewissensentscheidung
reduziert. Die es in Fragen der Ehe ja gar nicht - nicht mit
absoluter Sicherheit - geben kann, und deren Konsultation einen
prinzipiellen Gnadenausschluß als inneren Schritt bereits
voraussetzt: Den des mangelnden Gehorsams. Abgesehen davon macht man
die Kirche lächerlich, die einerseits behauptet die Wahrheit über
die Ehe zu kennen, um sie anderseits selbst zu relativieren.
Es gibt schöne, es gibt sogar sehr
schöne Stellen in dem Dokument, vor allem in seinen ersten Kapiteln
über Ehe und Sexualität. (Die mancherorts gerühmten "praktischen
Tipps" späterer Teile dazu sind zum Teil freilich so lächerlich,
im übrigen ungenügend, daß wir sie nicht erwähnen wollen. Hier
von Kenntnis der Wirklichkeit zu sprechen ist schlicht und ergreifend
nur jenen möglich, die selber keine Ahnung von der Wirklichkeit
haben. wenn man schon über Handys spricht, müßte man zumindest
einmal in den Topf der Medienkritik hineingeschnüffelt haben, sonst
wird es einfach inkompetent und unzutreffend. Handys werden nicht
besser, wenn man sie zum Essen aus der Hand legt.) Aber durch diese
Passagen wird diese Schönheit in den Verdacht gestellt, Lüge zu
sein. Weil vielleicht vorgespielt werden soll: Seht her, wir wissen
sehr wohl, wie es sein muß oder müßte. (Was im übrigen auch nicht
ganz stimmt, dazu später.) Dazu die vielen griechischen Phrasen, die
linguistische "Tiefe", die demonstriert wird (und mit der
sowieso der Großteil der Menschen nichts anfangen können.) und die
den Glauben festigen sollen, hier würde von vollem Nährboden des
Glaubens aus argumentiert.
Was im übrigen nicht stimmt, gerade
auch bei einem Verfasser, der Riceur oder Lacan oder Derrida oder
Levinas als Referenznamen anführt, denen zumeist freilich eines
fehlt: das christliche Licht. Nur soweit kann man aus ihnen also
schöpfen, aber so weit kann man tatsächlich viel aus ihnen
schöpfen, viel über den Menschen, viel über seine geistigen
Strukturen, viel über die geistige Struktur der Welt. Das gilt auch
für Letzteren, Emanuel Levinas, einem Juden, und der weist deshalb
sehr gut auf, daß sich das Wahre, Ewige, Transzendente nur im
Konkreten manifestieren kann - und in diesem Anspruch des logos steht
der Einzelne in einer Antwortpflicht. Die ist es erst, die ihm als
Selbst Substanz gibt, und zwar also vom Anderen her, auf den es zu
überschreiten gilt.
Die Welt wird damit zu einem
Substanzusammenhang insofern, müßte man seine Gedanken "kritisch"
weiterführen (Levinas lehnt die absolute Ich-Substanz der Metaphysik
ab), als sie sich in ihrer wechselseitigen Anfrage zwar nicht
metaphysisch/absolut konstituiert, aber in diesem Geflecht aus
Anfrage und Antwort wechselseitig in der Welt zur Welt substantiiert.
Gottselbst äußert sich dann über das Einfallstor der Ethik.
Denn der Ort der Transzendenz ist die
Konkretion, so die Erkenntnis, die man aus Levinas mitnehmen kann,
keine über allem schwebende Moral oder ähnliche Konzepte. Und in
der hingebungsvollen historischen Konkretion liegt auch die Erfüllung
des Ewigen, des Dahinter, die Manifestation des Seins. Aber das tut
sie nur bei Selbsttranszendenz, das tut sie nur auf dem Nährboden
des Nichts, in das der Mensch fällt, der zu sterben bereit ist - im
Gehorsam als Überantwortung an das (menschlich gesehene) Nichts dem
gegenüber, was sich im logos herabsenkt. Ähnliche Gedanken finden
sich übrigens in der katholisch geprägten Phänomenologie etwa
eines Peter Wust (mit seiner "Insecuritas")
Morgen Teil 2) Warum es kein sicheres subjektiv hervorgerufenes Gewissen gibt -
Warum darauf zu verweisen ein Akt der Unbarmherzigkeit ist
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