Dieses Blog durchsuchen

Donnerstag, 7. April 2016

Simulation von Wirtschaft - TTIP

Das Video ist deshalb sehenswert, weil es einen sachlichen Einblick in das sogenannten TTIP gibt, das seit 2013 zwischen der EU und den USA verhandelt wird. Aber es gibt noch in etwas anderes einen Einblick: Es läßt erkennen, daß wie überall und schon lange nur noch Technizismen abgehandelt werden. Und das hat seinen Sinn, daß nur über technische Prozesse - Vorteile und Nachteile - gesprochen, die öffentliche Diskussion immer wieder auf diese Ebene gedrückt wird. Denn so lange solche Übereinkommen nur auf dieser Ebene betrachtet werden, solange Technizismen der einzige Punkt bleiben, um den es gehen soll, wird der Rationalismus siegen - TTIP wird kommen, der VdZ hat nicht den geringsten Zweifel. Denn die Gegner werden nicht in der Lage sein, gegen diesem Rationalismus bestehen zu können. 

Aber es geht überhaupt nicht um geringere oder höhere Standards in den Sozialstaaten, es geht nicht um Chlorhuhn oder nicht, um orange oder rote Blinkergläser an Autos. Es geht um das Lokalitätsprinzip in der Wirtschaft, es geht um die Verortung der Arbeit und des Unternehmertums, es geht um Regionalität. Damit müssen regionale Regulationsmöglichkeiten erhalten bleiben, weil ein großer Organismus - und prinzipiell wäre dagegen gar nichts einzuwenden, er ist der Welt selbst eingeschrieben, die ja tatsächlich ein Insgesamt ist, also ist es das Schicksal der Welt, zu einem Gesamtorganismus verschmelzen zu wollen WEIL ZU SOLLEN, weil alles Potentielle auch eben Aktuelles werden soll, das ist ja Welt - nur bei im Grunde selbständigen Sub-Organismen bestehen kann. 

Illustriert: Nur wenn eine Leber wirklich Leber ist, kann sie dem Insgesamt, dem Leib- und Menschsein des Menschen, dienen. Wo die Leber ihr Selbstsein abbaut, verliert, wird der Gesamtorganismus gefährdet. Keine Auflösung in Funktionen kann die Aufgabe der Leber wirklich ersetzen. Gerade das starke Selbstsein verweist dann auf das Nicht-Selbstsein - also das andere.

Der plumpe Technizismus denkt nur darüber nach, ob es nicht dann auch günstigere Autos oder geilere Handys gehen wird. Aber hier wedelt der Schwanz mit dem Hund. Es geht um das Selbstsein, und das braucht Grenzen. Sonst wird auch das TTIP ein Eigenleben entwickeln, dessen Folgen derzeit niemand absieht, das uns bald aber mit Folgen konfrontieren wird, die uns noch ziemlich staunen lassen werden. Folgen, die aus dem fehlenden, weiter aufgeweichten Selbstsein der Staaten als Organismen hervorgehen. Und dieses Abkommen wird allen Beteuerungen und allen vereinzelten Vorkehrungen zum Trotz das Regime übernehmen und die Lebensbedingungen der betroffenen Völker massiv verändern. Im TTIP werden funktionale Reduktionismen über die Staaten erhoben. Im Namen einer völlig verfehlten Auffassung dessen, was Volkswirtschaften überhaupt sind. Im Namen von Staaten und Politiken, die ihre Überschuldung nur noch mit technizistischer Fortschreibung der Haushalts- und Steuerndynamik überhaupt darstellen kann.

In Darstellungsablaufkreisen, die die wirkliche Dimension von Wirtschaft gar nicht erfassen, sondern die Welt als Maschine auffassen, in die sich das Menschsein zu fügen hat. Und zwar GERADE weil das Menschsein über gewisse Paradigmata definiert wird. Auch hier zeigt sich der Holzweg des sogenannten "Sozialstaates", der genau in der Handlung, mit der er soziale Tat zu begehen beansprucht, die Grundlagen des Sozialen auflöst, und es durch bestimmte rationalistisch erfaßte, damit aber immer reduktive Effekte simuliert.  Weder ist Rationalismus Vernunft, noch ist er umfassender als Vernunft, sondern er reduziert die Vollkraft der Vernunft. Die wesentlich auf dem aufruht, was menschliches Wissen konstituiert: der Intuition der Einbettung der Welt in lebendige, personale Wahrheit, dem ganzheitlichen Erfassen, dem unwörtlichen Erfassen des Wortes selbst, des logos der Welt - auf selektive, abgegrenzte Abläufe.

Deshalb sind vor allem jene Rationalisten, die noch nie mit der Fülle der Wirklichkeit zu tun hatten. Wozu selbstverständlich die Kaste der Politiker, des Klerus, der sogenannten Gebildeten (heutigen Standards) gehören. Sämtlich Sandkastenmenschen, die von der Gewohnheit ausgehen, daß ihnen die Mutti die Jause in die Sandkiste bringt.

Das TTIP wird vor allem den Großen dienen, das steht außer Zweifel. Jenen Konzernen etwa, die längst von jeder personalen Eigentümerstruktur gelöst reine Kapitalmechanismen geworden sind. Und dieser Logik unterwerfen sie die Welt, weil sie nicht Wirtschaft SIND, sondern von der Substanz des wirklichen Wirtschaftens zehren, diese benützen, ja ausnützen. Mit Wirtschaft haben gerade diese Großstrukturen überhaupt nichts mehr zu tun. Sie sind reine Simulationsmodelle.

Es läuft fast deckungsgleich zur Diskussion 1993 um den EU-Beitritt Österreichs. Alles, was die Kritiker damals vorbrachten, hat sich bewahrheitet. Alles. Ausnahmslos. Aber die Menschen haben sich von der Perspektive billigern Käses (und dem sprichtwörtlichen "Ederer-Tausender" jedes Monat*) blenden lassen. Wenn heute die Bauern an der letzten Grenze ihrer Existenzmöglichkeit stehen, weil die internationalisierten Marktpreise für ihre Produkte ihre Kosten nicht mehr decken, so ist die Ursache damals zu suchen. Hier wartet im übrigen noch eine große Aufarbeitung von Schuld.

Nicht die Volkswirtschaften brauchen das TTIP. Die Staatsregierungen und die mit ihnen eng verwundenen Konzerne brauchen es. Und sie werden es mit Brachialgewalt und allen Hebeln der Manipulation - allen voran: die schizoide Rationalität - durchsetzen. Weil wir prinzipiell falsche Eliten - Elitensimulation! - haben.

Zum TTIP gibt es eine einfache Nagelprobe: Nämlich die Frage, warum wir - Hinz und Kunz und Hain von der Straße - so eine Freihandelszone mit den USA brauchen sollen. Was haben die USA, das wir brauchen, was haben wir, das die USA brauchen? Zu anderen kontinentalen Ausrichtungen lließen sich da nämlich ganz andere Entsprechungen erkennen, man denke an die Kombination der Rohstoffe Rußlands mit der technischen Kraft Westeuropas. Sodaß es im Wesen Europas läge, sich dorthin auszurichten, die Kontakte dorthin auszubauen. Während Europa aber in Problemen regelrecht erstickt, die sich mit denen der USA noch dazu gleichen, ist diese Lösung eine reine Flucht nach vorne, und zwar in ein ungewisses Vorne. Wir wissen zwar nicht, wo wir hinfahren, aber dafür sind wir schneller dort.






*Die damalige Staatssekretärin Brigitte Ederer, deren politischer Agenda dezitiert der EU-Beitritt war,  hatte noch wenige Tage vor der Abstimmung 1993 verlauten lassen, daß ein EU-Beitritt jedem Österreicher monatlich 1000 Schilling (ca. 74 Euro) MEHR im Geldbörserl bringen werde. Wobei der Schilling, die eigene Landeswährung, selbstverständlich beibehalten würde. Also hatte man ein Jahr lang künstlich Preise gedrückt, um diese Illusion nicht zu offensichtlich zu entlarven. Das Erwachen kam spätestens 2002, mit der Einführung des Euro, die die gewaltige Verschiebung innerhalb der österreichischen Volkswirtschaft offensichtlich machte, die der EU-Beitritt selbstverständlich mit sich gebracht hatte. 





***