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Samstag, 5. Dezember 2009

Die Macht, nicht niedrig zu werden

Herder in seiner Grabrede für Johann Joachim Winkelmann, der sich durch viele Schwierigkeiten und Kämpfe hindurch seine Berufung errungen hatte, und schließlich zum Begründer der heutigen Archäologie, zum anerkanntesten Fachmann für griechische Kunst, zu deren Wiederentdecker in der Freilegung ihrer kunstgeschichtlichen Wirkung und Größe, bis zum heutigen Tage, wurde:

"Lese man seine ersten, armen und bedrängten Briefe an Bünau; man höret den verschlagenen, vom Glück verlassenen, aber noch immer festen und edlen Mann, der unbiegsam der Kriecherei und Torheit seiner Zeit, sich selbst fühlet, sich selbst ehret und nur aus seinem Kerker heraus seufzet. - Jüngling, der du diese Briefe liesest, schöpfe Mut aus ihnen, bei vielleicht ähnlichem Schicksal. Deutschland ist lange ein Wald gewesen: aber auch im dicksten Walde findest du die rechte Himmelsgegend allein durch die Tugend und Gesinnung der Alten; durch das Gefühl, nämlich, zu etwas zu sein auf der Erde, von niemand als sich anzuhangen im Begriff der wahren Ehre, des wahren Nutzens und Lebens; Macht zu haben, daß man falschen Zwecken entsage, nach Flittergold des Ranges, Standes, der Gemächlichkeit und Wollust nicht laufe, auch arm und verachtet sein könne, wenn man nur das wird, was man werden soll, und in seinem Werke lebet."




*051209*