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Freitag, 18. Dezember 2009

Künder seiner selbst

Rudolf Borchardt in einem Versuch über "Hofmannsthals Wirkung", als Beschreibung des Wesens des Dichters (den Borchardt im übrigen vom Künstler absetzt):

"[...] Ob er sich immer gleich blieb oder nicht, ob er sich gelegentlich verschwendete oder versäumte, ob er sich übernahm oder ins Stocken geriet - er konnte darum nichts Dümmeres werden oder machen, als er selber war, nichts Plumperes, nichts Gewöhnlicheres und Schlechteres, nicht der Zeit und ihre Literatur ähnlicheres, als er selber war; er konnte auf seinen leblosesten Stand sinken, aber seinen eigenen [...] Diese vollkommene Sicherheit gab er, und er hat sie nie enttäuscht.

Er könnte manche leichte Seite nur geschrieben haben, um zu zeigen, welcher Sphärenabstand zwischen den achtlosen Nachlässigkeiten der schwebenden Begnadung und den geschraubten Veitstänzen der trockenen Schleicher ist, die ihm am Schreitisch nachtappen, Schweiß auf der Stirne und Öldunst um die Lampe.

Solange er sich selber mitteilte, und wie anders konnte er als sich selber mitteilen? wer erhielt nicht, was er von nirgend anders hätte erhalten können? Man zeige mir eine Seite - was, einen Abschnitt - von ihm, in dem nicht ein Halbsatz, ein Bild, eine Ahnung, eine Bewegung so unwiderleglich auf ihn, den Einzigen wiese, [...] Der Schöpfer teilt allem, was er trifft, von seinem Glanze mit; daß das eine mehr von ihm hält und wiederleuchtet, das andere weniger, teilt er mit dem Göttlichen, das er auf Erden vertritt."




*181209*