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Donnerstag, 3. März 2016

Nur der Langsame ist schnell

Er finde, schreibt Leser G in einem sehr netten Brieflein, daß die Einträge in diesem Blog aktueller sein, nicht Wochen hinter Aktuellem nachhinken sollten. Er schätze die hier zu lesenden Urteile außerordentlich und fände es deshalb zur Haltung gegenüber tagesaktuellen Ereignissen am hilfreichsten.

Geneigter G, erst einmal Dank für Ihre netten Worte. Auch der VdZ ist nicht ganz unempfänglich für Lob. Und weil er sich so wie jeder Mensch als "für" jemanden dazusein gestattet, weil auch er Mensch also ist, sind ihm Rückmeldungen wichtiger, als es bei nach wie vor deaktivierter Kommentarfunktion aussehen mag. 

Was aber die Aktualität anbelangt, so darf er Sie trösten. Die um meist vier bis sechs Wochen verzögerte Aktualität hat nicht nur logistische Gründe. (Denn ob der VdZ will oder nicht - das Blog hat sich längst als eigenes Werk in permanentem statu nascendi entwickelt.) Sondern prinzipielle.

Nur wer der Gegenwart um zwei Schritte hinterherhinkt, kann sie überhaupt beurteilen. Nur der spät Gekommene kann das Zukünftige sehen. Nur der Langsame ist schnell.

Diesen weisen Spruch (in allen möglichen Abwandlungen; was kann man alleine daraus über Sprache und Erkenntnis lernen ...) hat er wahrscheinlich gar nicht erfunden, sondern irgend jemand weit Berufenerer hat ihn dem Sinn nach vermutlich einmal niedergeschrieben, und der VdZ ihn gelesen und in gewohnter Respektlosigkeit sich anverwandelt. (Womit er, übrigens, die einen Regisseure entlastet udn beglückt, die anderen aber zur Weißglut gebracht hat. Aber das ist eine andere Geschichte.) Denn er hat damit das gemacht, was Geklautes (irgendwann) doch zu Eigenem machen kann, und ohne Aneignung kann er gar nicht. Er hat somit aus der Sprache der Sprache in die eigene Sprache hinein Sinn zur Gestalt gebären lassen. Jetzt und für diesmal also gehört er ihm. Er reicht ihn nun weiter.

Zeit ist aber das Auseinanderrollen ins Nacheinander, was das Eine ganz in sich trägt. Dieser Spruch stammt tatsächlich von ihm, auch wenn er (wie alles) aus Vorhandenem und Erhaltenem schöpft, wie es eben Individualität tut. Also ist es sehr oft anzuraten, das Nacheinander zu betrachten, um das Eine zu sehen. Das dann im Symbol zusammengeballt wird. Man schreibt ja nicht nur an einem Buch. Man schreibt (und denkt damit) an einem ... Wort. Der Weltformel, um es in ein anderes Bild zu transferieren.

Vielleicht kauft er sich wirklich in fünf Jahren noch ein iPhone (wenn es das dann überhaupt noch gibt), um wie von Ihnen gewüncht auch auf whats-app (schreibt man das so?) erreichbar zu sein. Nur: ganz daran glauben kann er nicht. Denn natürlich, Sie haben recht: Alles Menschliche hat eine geschichtlich-relative Dimension. Aber die hat es eben nur AUCH. Grundhaltungen bleiben. Sonst wären sie das nicht, was sie sind. Sie haben bestenfalls eine je andere Gestalt. Manchhal heißt das auch: Notwendigkeit zur Verweigerung.


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Aber noch ein Wort zu ihrer anderen Bemerkung: Wenn man nicht auf eine Weise einen Vogel, einen Größenwahn hat, und allen Ernstes glaubt, daß man etwas zu sagen hätte (noch mehr aber: etwas sagen müßte, wozu man aber erst "gut genug" werden muß!), wäre noch kaum ein literarisches oder philosophisches oder theologisches oder poetisches Werk überhaupt entstanden. Des VdZ Haltung dazu hat sich in langen, zähen Kämpfen entwickelt: Es ist keine Selbstüberschwingung, sondern ein aus mancher nicht ganz so angenehmer Lebenserfahrung (freilich, ergänzend dazu gab und gibt es auch angenehme) erwachsende Sicht der auferlegten Notwendigkeit des Selbstvollzugs. Ein schweres Kreuz, allen Ernstes, das Treue zu etwas braucht, obwohl man meint, dazu gar nicht fähig zu sein.

Wozu aber sollte der VdZ sonst gut sein? Er hat keine Antwort. Sein Leben ist ein lächerlicher Schutthaufen. In seinen Augen. Das gilt auch für das Schauspiel, so populär es ihn gemacht hat. Das gilt für alles, was er so tut und tat. So konkret es in früheren Zeiten war (wo er andere Wege suchte, etwas von Bestand zu errichten), so "bürgerlich achtbar" manches gewirkt haben mag, aber auch so ungeschickt und verfehlt - es war Tand. Windhauch. (Man lese das Buch Kohelet, eines der Lieblingsbücher des VdZ aus dem AT!) Um nichts mehr hatte das alles Bestand im Lichte des Anspruchs weil der Sehnsucht nach Ewigem. Also dilettiert er weiter herum. Gott möge ihm ein gnädiger Richter sein. Er tut sein Bestes. Mehr ist es eben nicht. Vielleicht aber, und darauf hofft er inständig, kommt der Tag, wo er sein Lebensgewebe von der anderen Seite sieht, von der des Musters, nicht der Fädenkonstruktionen. Von der des Sinns, den zu erkennen und dem (an den Fäden ableitend) zu folgen er sich so mühte.

Parce nobis, Domine!




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