Teil 2) Die Folge amerikanischer Sendung - Chaos und Sieg der Brutalität
Nach 1865 war der Süden
wirtschaftlich nachhaltig runiert. Die Plantagenbesitzer waren verarmt,
die Felder unbestellt, die Farmen zerstört, die Infrastruktur nicht mehr
vorhanden. Ein Teil der nun "freien" Sklaven wanderte nach dem Norden
aus. Dort fand aber nur ein kleiner Teil Arbeit in den Fabriken. Der
größere blieb ohne Lebensunterhalt, und die Menschen gründeten die
Slums, wie wir sie heute kennen.
Der
andere und größere Teil der früheren Negersklaven blieb im Süden. Dort
war er ja daheim. (Ein Gefühl, daß die prinzipiell nomadische,
wurzellose innere Struktur der Protestanten kaum kennt.) Aber dort blieb
er auch ohne Arbeit, denn die Plantagen und Haushalte und
kleinstrukturierten Unternehmen, in denen sie früher gelebt und
gearbeitet hatten, gab es nicht mehr. Und nichts stattdessen. Hunger
ging um, Epidemien griffen um sich, die Neger starben wie die Fliegen.
Es gibt Schätzungen, daß alleine 1865 mehr als 200.000 Neger starben.
Frei, aber ... tot. Die örtlichen Regierungen wurden abgesetzt und durch
nordamerikanische Generäle ersetzt. 1866 erhielten die Neger des Südens
Bürgerrechte ihrer jeweiligen Staaten (eingen hunderttausend Weißen
wurden sie hingegen entzogen.) Nun konnten sie auch als Soldaten
eingezogen werden. Die Südstaaten wurden dabei sogar aus den USA
entlassen. Mehr hatten sie zuvor ja gar nicht gewollt! Womit der Norden -
eiderdautz - sogar bestätigte, was er zuvor sogar als Kriegsgrund
angesehen hatte: Daß die Staaten tatsächlich Hoheitsrechte hatten, die
die USA eben zu einem Staatenbund, nicht zu einem Bundesstaat machten.
Plötzlich
aber standen sich mehr Schwarze als Weiße bei Wahlen gegenüber. Erstere
hatten natürlich einen gravierenden Nachteil - sie waren ungebildet,
kaum einmal des Lesens und Schreibens kundig, und damit willkommene
Opfer von Demagogen. Chaos und wilde Szenen beherrschten die
Lokalparlemente. (Die einzige, die ruhig lebte, war die Verfasserin von
"Uncle Tom's Hut", Harriet Beecher-Stowe.)
Die
Landverteilung durch den Norden, als Gegenmaßnahme, ging einfach: man
belegte die (weißen) Grundbesitzermit so hohen Steuern, daß sie diese
nur bezahlen konnte, indem sie Land abstießen.* Die Grundpreise
verfielen. Und wer nicht verkaufte, wurde halt von den Generälen (als
Regenten) enteignet. Und in Massen fielen Glückritter aus dem Norden -
"Taschenfüller" genannt - ein, die von diesen Maßnahmen und dem Wirrwarr
kräftig profitierten. Der Gouverneur von Lousiana, der ein Jahresgehalt
von 8.000 Dollar bezog, schaffte es so, in einem Jahr 100.000 Dollar
"zu sparen".
Das besserte sich erst, als 1877 die "carpetbaggers",
die Taschenfüller, und die Besatzungstruppen den Süden wieder
verließen. Da liefen längst in Chicago die ersten Fließbänder der
Wirtschaftsgeschichte, Teil eines Wirtschaftssystems, das sehr bald und
um jene Zeit die gesamte europäische Wirtschaft so unter Druck zu setzen
begann, daß auch diese mehr und mehr nachspringen mußte. Namen eines
neuen Geldadels wie Rockefeller oder Carnegie, Vanderbilt (Reedereien)
oder Harriman (Eisenbahnen), tauchten als neue Milliardärsklasse (des
Nordens) auf. Und der ganz Amerika bald beherrschende Bankier Morgan
hätte jederzeit einen (gedeckten) Scheck ausstellen können, der doppelt
so hoch war wie der, der dem deutschen Kaiser möglich gewesen wäre.
Guggenheim wurde reich mit Erzgruben, und Armour erfand das
Konservenfleisch, in Massen durch Massenfütterung erzeugt, das in Folge
die gesamte europäische (kleinstrukturierte) Landwirtschaft umstürzte
und sämtliche Produkte qualitativ völlig veränderte. Allesamt ...
Nordstaatler. Allesamt hatten sich mit brutalsten Methoden von
Einwanderern zu Milliardären "hochgearbeitet". Pardon - sie waren ehrbar
und tüchtig, und haben nur "Marktlücken" entdeckt und gefüllt. Den
Krieg hatte die Wallstreet gewollt, finanziert und geführt.
Unter
dem Präsidenten Grant (1869-1877) - einem früheren General - schrieb
der deutsche Gesandte in Washington, Kurd von Schlözer, in einem Bericht
an Berlin: "Unter einer Republik dachte ich mir als Schüler, wenn
uns die Tugenden des antiken Republikaners vorgertragen wurden, daoch
etwas anderes als das, was man hier erlebt. Schwindel über Schwindel; in
der Regierung Bestechung, Betgrügereien, Diebstahl von seiten der
höchsten Beamten. Die Pareimaschine arbeitet mit Hochdruck; das Wohl des
landes steht im Hintewrgrund. Diese Union ist eine Republik, die durch
Korruption auf Betriebstemperatur gehalten wird." Ein Begriff wurde mit einer neuen Inhaltlichkeit gefüllt: Der Kapitalismus wurde zur Übernahme der Regierung durch die Hochfinanz. Politik wurde zur Wirtschaftspolitik, von Unternehmen für Unternehmen.
Und
was passierte mit den 1877 aus dem Süden in den Norden zurückströmenden
Soldaten? Ihr für ein normales Leben unbrauchbar gewordener Charakter
wurde durch "Lösung des Indianerproblems" befriedigt. Denn die
Wirtschaft brauchte ... Infrastruktur. Bahnlinien. Tempo. Zeitersparnis.
Vernetzung. Land. Ein ganzes Volk, die Indianer, wurde, völlig
rechtlos, schlichtweg vertrieben.**
Gut, es waren
keine Negersklaven mehr da, die man befreien hätte müssen. (Die Neger im
Norden hatten eine sozial so niedrige Stellung, der eine Verachtung, ja
eine Abscheu folgte, die sie im Süden überhaupt nie gehabt hatten.) Nun
zeigten die Helden der Freiheit, wie Buffalo Bill, den wahrhaftig
großen Häuptling der Sioux, Sitting Bull, in einem Käfig in Zirkusshows.
Eine neue Philosophie durchtränkte das Land. Nicht Denken oder Ethik entscheiden über Wahrheit und Lebenswert, sondern der Erfolg.
Eine neue Philosophie durchtränkte das Land. Nicht Denken oder Ethik entscheiden über Wahrheit und Lebenswert, sondern der Erfolg.
*Die Willkür gegen die Weißen war fast grenzenlos (weil nicht nur möglich, sondern gewollt). Viele
waren so verarmt, daß sie - in einer Schlange mit ihren früheren
Sklaven - um Essen bei den Sozialstellen anstehen mußten, aber oft gar nichts erhielten. SO ist die
Entstehung von Selbsthilfeorganisationen wie dem Clu-Clux-Clan zu
verstehen. In einem Süden, der stets DEMOKRATISCH (NICHT republikanisch,
also "rechts") gewesen war.
**Übrigens - die "Skalps" waren keineswegs eine Erfindung der Rothäute. Sie waren notwendig, um Prämien für den Abschuß eines Indianers zu reklamieren, die die Engländer im 18. Jhd. einführten.
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