Der Akt der Begründung oder Beleibung für jedes Wesen löst sich in letzter Zergliederung in zwei Akte auf, nämlich in den einer Unterordnung und in jenen der Erhebung, weil ein Wesen sich insoferne nur begründet finden kann, als es die Herrschaft über sein Natürliches, welches an ihm ist und von ihm befaßt ist, sich erworben hat.
Das Wesen, welches von dieser ihm seit seinem Ursprunge angebotenen Kraft nicht den gesetzmäßigen Gebrauch gemacht hat, um in seinem Innern das inne zu halten, was inne gehalten sein und bleiben soll, hat also das geöffnet, was für es geschlossen bleiben sollte, und sich das verschlossen, was für es geöffnet bleiben sollte. [=die Erbsünde; Anm.] Einem solchen Wesen würde der Imperativ vergeblich sagen, daß es sich selbst inne zu halten habe, wenn die Liebe nicht selbst käme und ihr von neuem diese zur Selbstbeherrschung notwendige, durch den Fall verlorene Kraft liehe.
Übrigens ist wesentlich zu bemerken, daß diese Verschließung oder Vertiefung sukzessiv in der sukzessiven Entfaltung des Lebens eines Wesens geschieht (eine Entfaltung, welche seine Geschichte ausmacht), sodaß das, was in einer vorhergehenden Epoche das Obere (den Gipfel) dieses Wesens ausmachte, in einer folgenden Epoche das Untere oder die Grundlage ausmachen muß.
Alle jene in der Geschichte der Wesen bemerklichen Revolutionen sind also, wie der Ausdruck sagt, nur eine Umkehrung der Ordnung oder eine neue Erhebung dessen, was sich nicht mehr erheben sollte. Z. B. die bildenden Kräfte der Erde, wenn sie sich in einer folgenden Epoche von neuem über und gegen die Organisationen erheben, von denen sie nichts als die Grundlage ausmachen sollten: oder die tierischen Kräfte im Menschen, sie sie sich über den Geist erheben.
Franz von Baader, in "Über den Begriff der Zeit"
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