Teil 3) Weitere Beispiele aus der Kriegsgeschichte,
die den
limitierenden, kriegsentscheidenden Faktor der Logistik belegen
- Erstes Fazit
- Erstes Fazit
Die
Versorgung verlief deshalb noch besser, so lange eine Armee bewegt
wurde und Landstrich um landstrich ausplündern konnte. Mußte sie sich
aber längere Zeit am selben Ort aufhalten, war das Problem immer
schwerer lösbar. Belagerungen von Städten - der Hauptkampf fand so statt
- waren damit ein logistisches Problem weit eher, denn ein
militärisches, schon gar wenn der Herbst nahte. Denn ihr Umland war bald
erschöpft, während die Verteidiger oft sogar beträchtliche Lager angelegt und weniger Pferde zu versorgen hatten.
Als die Niederländer die Deiche öffneten und weite Gebiete fluteten,
hatte das genau diesen Zweck: Man unterband die Versorgung der Angreifer
aus dem Land.
Je
länger eine Belagerung dauerte, desto geringer wurden die Chancen der
Angreifer (!), sie erfolgreich zu Ende führen zu können. Daran änderte
auch nichts, daß die Versorgung mit Pferdewagen immer weiter ausgebaut
wurde. Als Friedrich II. im ersten Schlesischen Krieg 1757 die
Belagerung von Olmütz abbrechen mußte hatte das nur einen Grund: Die
Österreichern hatte nicht Olmütz entsetzt, sondern den Versorgungstroß
der Preußen angegriffen. Friedrich lernte daraus, und wandte späterhin
enorme Truppenmengen auf, um die Versorgung seiner eigentlichen
Feldarmeen zu sichern.
Die
Beweglichkeit der Armeen in dieser Zeit hing, wenn man von gesicherter
Versorgung ausgehen wollte, mehr von der Distanz zu den rückwärtigen
Feldbäckereien und Magazinen ab, als von allfälligen Kämpfen an der
Front. Denn die verbrauchten Munitionsmengen waren bis ins späte 19.
Jhd. gering, Nachschub also kein Problem. Eine Lebensmittelversorgung
aus dem Hinterland paßte Friedrich aber gar nicht ins militärische
Konzept. Und bis in den zweiten Weltkrieg setzte seither die
preußisch-deutsche Armeeführung auf das Vertrauen in die
Improvisationsgabe der Versorgungsoffiziere, auf die Versorgung aus dem
Land, das es durch seine Doktrine der Strategie der Beweglichkeit, die
Deutschland zum Angriffskrieg verurteilte, durchmaß. Denn ab einer
Bevölkerungsdichte von rund 45 läßt sich eine in Bewegung befindliche
Armee aus dem Land versorgen. Ein allfälliges zweites mal kann ein so
ausgeplünderter Landstrich freilich kaum noch durchquert werden, was
sich im Fall des Rückzugs im verwüsteten und dünn besiedelten Rußland ab
1944 verheerend auswirkte.
Wenn
in einem anderen Fall, bei der Belagerung Wiens 1683, der eigentliche
Schrecken der Türken der war, den sie im Umland erzeugten, so hatte das
ebenfalls reine Versorgungsgründe. Denn in immer weiteren Kreisen mußte
geplündert werden, um die Armee vor Wien versorgen (und besolden) zu
können, die mit allem Troß und Hofstaat bis auf eine Million Personen
geschätzt wird. Und der nahende Herbst erzeugte enormen Zeitdruck.
Immerhin war bereits die erste Belagerung 1529 am einbrechenden Winter
gescheitert. Den Türken war es nicht zu kalt geworden, wie es oft
treuherzig heißt - sie konnten sich nicht weiter mit Nahrung versorgen.
Und
der Sieg Herzog Marlboroughs 1704 gegen die Bayern war keineswegs nur
seinem Schlachtenglück zu verdanken, sondern zuerst der Strategie, das
Umfeld des bayrischen Herzogs zu plündern und Versorgungszentren zu
brandschatzen, sodaß der Bayer seine zahlenmäßig überlegene Armee immer
schwieriger versorgen konnte. Auf die selbe Weise verhinderte er vorerst, daß die Bayern den Lech überschritten, um
gegen ihn vorzugehen: Er legte selbst Magazine an, wies seine Truppen
dann an, alles was nicht niet- und nagelfest war zu plündern, und das
Land niederzubrennen. Die Politik der "verbrannten Erde" war keine Erbindung des 20. Jhds. Ein Gegner durfte sich nciht einfach versorgen können, also mußte man das Land auslöschen.
Erst als Marlborough keine andere Möglichkeit mehr sah, weil ihm selbst
Versorgungsprobleme drohten, stellte er sich den Bayern bei Blendheim -
und gewann.
Bis zu den Napoleonischen Kriegen trug der Krieg sein enges Limit in sich. Große Heere waren auf Dauer nicht zu versorgen, und die fehlenden (geldtechnischen) Möglichkeiten für einen Staat, einen Krieg, schon gar einen längeren Krieg zu finanzieren, sorgten für Zwang, möglichst rasch zu einem Ende zu kommen. Vor allem konnte ein Krieg nicht "aus eigenem" heraus von einem Land wirtschaftlich getragen werden. Wollte sich ein Land, das einen Krieg begann, nicht selbst ökonomisch ruinieren, indem es seine Truppen aus eigener Kraft versorgte - was auch strategisch durch den schwierigen Transport engste Grenzen zog - brauchte es die Resourcen des Feindes, um sich aus denen zu nähren, so wie sich die Kriege der gesamten Vergangenheit genährt hatten. Bis auch diese Resourcen erschöpft waren, eine Kriegführung nicht weiter möglich oder sinnvoll war, weil nur noch Verlierer kannte.
Was dem Krieg jede Schranke nahm war deshalb auch nicht die Entwicklung der Waffentechnik, wie man oft glaubt. Es war die Möglichkeit, ihn zum einen logistisch zu tragen, durch Versorgung mit Waffen, Munition, Lebensmitteln und Soldaten, und zum anderen, ihn - aus denselben Gründen: einer kapitalistisch voll entwickelten modernen Industriewirtschaft - auch aus eigener "Kraft", mit von den Regierungen selbst aufgestellten Mitteln, in denen sie ein ganzes Volk in Geiselhaft nahmen, zu finanzieren. Was die Kriegführung maßgeblich verändert hat waren nicht neue Waffen - es war zuerst die Geschwindigkeit.
Gleichzeitig wurde durch die modernen technischen Mittel, die einziehende Geschwindigkeit, die Politik auf ganz neue Weise unter Druck gesetzt. Und wenn der erste Weltkrieg eines beweist - dann genau das: Wie die Technik, auf die alle setzen, auf alle entscheidend und verändernd rückwirkt. Denn mit der Geschwindigkeit zogen ganz neue Notwendigkeiten, Zwänge und Denkweisen in die Politik ein.
Es ist naives Kindergartengequatsche etwa zu sagen, daß Technik eben für Gutes wie für Schlechtes verwendet werden könne. Der entscheidende Faktor der Technik ist ganz anders gelagert: Die Maschine (ob als gedankliche Maschine oder als Apparat mit Tasten und Zeigern) verändert prinzipiell Denklandschaften qualitativ, nicht einfach nur quantitativ, und verschiebt Prioritäten in der Urteils- und Entscheidungsfindung. Die Entwicklung der Kriegsführung ist nur ein Exempel, an dem das klar wird: Die Maschine verändert uns, nicht wir die Maschine.
Sie hat uns zu Barbaren gemacht, denn der Krieg wurde von der Kunst, von einer kultivierten Form der Auseinandersetzung, zu einem bloßen, industriegestützten Gemetzel mit Vernichtungsnotwendigkeit bei Gegnern, die nicht einmal mehr die Würde von Feinden haben. Kein frommer Spruch, den wir dieser Maschinerie umhängen, keine partielle Einschränkung, die das Gute angeblich wahren, das Schlechte hindern soll, kein "universaler Wert" den wir als Motiv heuchlerisch bemühen, kann das ändern.
Fazit
Bis zu den Napoleonischen Kriegen trug der Krieg sein enges Limit in sich. Große Heere waren auf Dauer nicht zu versorgen, und die fehlenden (geldtechnischen) Möglichkeiten für einen Staat, einen Krieg, schon gar einen längeren Krieg zu finanzieren, sorgten für Zwang, möglichst rasch zu einem Ende zu kommen. Vor allem konnte ein Krieg nicht "aus eigenem" heraus von einem Land wirtschaftlich getragen werden. Wollte sich ein Land, das einen Krieg begann, nicht selbst ökonomisch ruinieren, indem es seine Truppen aus eigener Kraft versorgte - was auch strategisch durch den schwierigen Transport engste Grenzen zog - brauchte es die Resourcen des Feindes, um sich aus denen zu nähren, so wie sich die Kriege der gesamten Vergangenheit genährt hatten. Bis auch diese Resourcen erschöpft waren, eine Kriegführung nicht weiter möglich oder sinnvoll war, weil nur noch Verlierer kannte.
Was dem Krieg jede Schranke nahm war deshalb auch nicht die Entwicklung der Waffentechnik, wie man oft glaubt. Es war die Möglichkeit, ihn zum einen logistisch zu tragen, durch Versorgung mit Waffen, Munition, Lebensmitteln und Soldaten, und zum anderen, ihn - aus denselben Gründen: einer kapitalistisch voll entwickelten modernen Industriewirtschaft - auch aus eigener "Kraft", mit von den Regierungen selbst aufgestellten Mitteln, in denen sie ein ganzes Volk in Geiselhaft nahmen, zu finanzieren. Was die Kriegführung maßgeblich verändert hat waren nicht neue Waffen - es war zuerst die Geschwindigkeit.
Gleichzeitig wurde durch die modernen technischen Mittel, die einziehende Geschwindigkeit, die Politik auf ganz neue Weise unter Druck gesetzt. Und wenn der erste Weltkrieg eines beweist - dann genau das: Wie die Technik, auf die alle setzen, auf alle entscheidend und verändernd rückwirkt. Denn mit der Geschwindigkeit zogen ganz neue Notwendigkeiten, Zwänge und Denkweisen in die Politik ein.
Es ist naives Kindergartengequatsche etwa zu sagen, daß Technik eben für Gutes wie für Schlechtes verwendet werden könne. Der entscheidende Faktor der Technik ist ganz anders gelagert: Die Maschine (ob als gedankliche Maschine oder als Apparat mit Tasten und Zeigern) verändert prinzipiell Denklandschaften qualitativ, nicht einfach nur quantitativ, und verschiebt Prioritäten in der Urteils- und Entscheidungsfindung. Die Entwicklung der Kriegsführung ist nur ein Exempel, an dem das klar wird: Die Maschine verändert uns, nicht wir die Maschine.
Sie hat uns zu Barbaren gemacht, denn der Krieg wurde von der Kunst, von einer kultivierten Form der Auseinandersetzung, zu einem bloßen, industriegestützten Gemetzel mit Vernichtungsnotwendigkeit bei Gegnern, die nicht einmal mehr die Würde von Feinden haben. Kein frommer Spruch, den wir dieser Maschinerie umhängen, keine partielle Einschränkung, die das Gute angeblich wahren, das Schlechte hindern soll, kein "universaler Wert" den wir als Motiv heuchlerisch bemühen, kann das ändern.
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