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Samstag, 12. September 2020

Wannen denn die Welt vorhersagbar wird (2)

Teil 2)


Daraus ergibt sich, daß eine Kultur, in der sich jeweils individuelle menschliche Vollkommenheit und Vervollkommnungswille (als Liebe zu Gott, dem Quell alles Seienden/Seins als und in der Welt) zu einer Gesamtgestalt findet, die durchaus meßbare, feststellbare, evidente Eigenschaften und Tendenzen als Insgesamt hat, daß also auch eine Kultur, in der sich die Gottesferne als Grundthema installiert, einem Bewegen unterliegt, das man als mechanisch bezeichnen muß. 
Und in dieser aufs Irdische zurückgefallenen Mechanizität auch der Entropie unterliegt.
Damit ist klar, daß die Richtungen und Entwicklungen eines solchen Kulturstadiums immer eindeutiger mechanistischen Bedingungen unterliegen. Und damit wird eine Kultur (wie bekanntlich jedes Seiende) immer dann auch vorhersagbar, sogar mit gewisser Gewißheit vorhersagbar, je mehr sie sich dem endgültigen Zerfall und Chaos nähert. 

Ist eine Kultur in ihrer Höherentwicklung also niemals vorhersagbar, immer offen fürs Überraschende weil wirklich und wahrhaftig Innovative, so wird sie im Zerfall und Niedergang vorhersagbar und unschöpferisch. Alles Innovative verdunstet, die Neuheit wird bestenfalls zur Kuriosität, einerseits, oder zum "Noch nicht Gewußten", aber im Vorhandenen an und für sich Enthaltenen und in Wahrheit Bekannten. Dem bestenfalls Etiketten umgehängt werden, die über andere Namen und Scheinbegriffe das Neue vortäuschen sollen.

Solch eine Kultur wird damit zu einer Unkultur, noch mehr aber bestimmt und zerstört von Anti-Kultur als Impetus des Bösen, das heißt: Desjenigen Elements, das die Zerstörung der Welt will. Aus Haß. 

Und die Verwirklichungsabsicht, die Vollbringung von etwas aus Haß schafft immer Vorhersag- und Vorhersehbares. Umso mehr arbeitet sie mit Begriffsverwirrung und Lüge.

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Wir wollen es nur andeuten, doch soll der Hinweis nicht fehlen, wie vorhersagbar denn also ein individuelles Leben ist, das im Willen Gottes steht und verbleiben will. Denn so ist es dann auch erfahrbar, daß dieses Leben und Handeln in und mit und durch Gott nicht heißt, daß es sich nach unserem Willfahren und Wünschen und inhaltlich-konkretisierten Wollen verhält und geschichtlich entfaltet.

Es heißt aber mit Sicherheit, daß es in eine Vorsehung eingebettet liegt und bleibt, die im Letzten immer das vollumfänglich Beste weil NUR Gute (und zwar bis in jedes kleinste Einzelne und für alle und alles Gute) zeitigt. Das aber in gewissem Sinn IMMER überraschend ist. Weil das Denken und Wissen Gottes, das unseres nicht nur und einfach quantitativ, sondern kategorial übersteigt.

Wenn es aber nicht vorhersagbar ist, so ist es immer logisch und vernünftig, widerspricht also der dem Menschen zugänglichen Vernunft nicht und nie. Sodaß wir immer unsere Vernunft und Vernünftigkeit als erstes Schafelchen jener vollumfänglichen göttlichen Vernunft begreifen dürfen, die an der alles umfassenden Vernunft teilhat, sie aber niemals auszuschöpfen vermag.

Das ist zugleich das Wunderbare an einem Leben aus Gott, das nicht nach irdisch-kleinem Maßstab "glücklich" ist, sondern in einem viel höheren Ausmaß Geglücktheit bedeutet, die letztlich immer in einem alles Vorstellen übersteigenden Glücke mündigt. Und damit ist klar, was der Ausfluß aus der Ergebenheit in Gottes Wollen und Schaffen ist - es ist ein Vertrauen, das in dieser Bereitschaft zur Ungewißheit weil Unvorhersagbarkeit auf paradoxe Weise jene Ruhe schafft.

Die der ans Vorhersagbare geklammerte, gottferne Mensch zu besitzen sucht, die sich aber genau in jenem Maß des Ergreifenwollens entzieht und in Unruhe stürzt, die wenn überhaupt nur mit viel Mühe und in ständiger Anspannung zu einer Scheinruhe niedergedrückt werden kann.

Der Gottergebene weiß also nicht, was kommt, und will es gar nicht wissen, bleibt aber in jener Ruhe, die das Vertrauen bringt, daß letztlich alles dem Guten dient. Der Gottferne hingeben "weiß" was kommt, und will es auf jeden Fall wissen, stürzt dabei aber in eine Unruhe, die so existentiell ist, daß er sie nur übertönen kann, weil er die Verzweiflung fürchtet, die daraus stammt. Weil er spürt, daß das Vorhersagbare auch das Tote und dem Tode Geweihte ist.



*260820*