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Mittwoch, 15. Juli 2009

Alles kennt nur seinesgleichen

Jeder erfaßt von der Welt nur als "er/bekannt", was in ihm ist. Weshalb jeder nur im Maß seiner Weite oder Enge, im Maß seiner Freiheit erkennt, das nur allmählich weiter, rasch aber eng wird.

Bei Ralph W. Emerson ist deshalb ebenso (bedauerlich, weil seine oft so schönen, erhellenden Essays spürbar verbitternd) auffallend, daß Protestanten (und Mohammedaner gleichermaßen) Religion nur unter dem Maß des Fideismus (als aufgetragenes, zu glaubendes Gebot) und als Moralismus (als heilbringendes Verhalten) sehen KÖNNEN.

Einen metaphysischen Zugang - eine Seinsveränderung als PRIMÄRES des Katholischen - kennen sie nicht, ja können sie sich auch nicht vorstellen. Alles was sie vom Katholizismus wissen, deuten sie unter diesen Prämissen IHRER Religion.

Deshalb ist es umso bedauerlicher, daß sich der Katholizismus in den letzten Jahrhunderten zunehmend in eine Position eines "Kulturprotestantismus" (auf der natürlichen Grundlage einer durch den verzweckten Kapitalismus einer protestantisch-moralistisch geprägten Gesellschaft) hineinzwängen hat lassen - und deshalb schon selbst sich so oft geriert (vor allem unter dem vorletzten Papst war dies mit größtem Bedauern zu bemerken) als wäre er eine Moral, nicht anders als jede andere dieser großen Religionen: sein Wahrheitsanspruch damit relativ wie jener der anderen!)

Und es erklärt, warum sich gerade im letzten Jahrhundert so klare Präferenzen maßgeblicher Künstler zu einem (metaphysischeren) Pantheismus bilden konnten! Selbst zu Borchardt, Hofmannsthal muß man sagen, daß ihr Urteil über den Katholizismus schlicht auf Uninformiertheit, mangelndes Verständnis aufruht. Und DAS ist wirklich bedauerlich, weil er sie manchmal in den größten Höhen - kläglich in primitiv-esoterische Schwafeleien abschmieren läßt, welches Herumtappen im Trüben sie aber der (vermeint!) konfessionellen Enge (der Katholizismus ist eben KEINE Konfession, er ist pure Soteriologie) des Katholischen vorziehen.

Wäre der Katholizismus so, wie ihn Emerson darstellt und ablehnt - ich wäre garantiert auf seiner Seite. Aber Pantheismus ist keine Erweiterung des Gottesbegriffes ins eben Konfessionslose, Metaphysische, sondern er ist "masturbierte Soteriologie", ermöglicht durch vorzeitige Beendigung des Denkens - und damit einfach eine "Marscherleichterung". Aber er verkürzt damit jede wirkliche Poesie.

Aber diese haben doch so große Werke geschaffen? Ha ... sie haben doch eben keine Konfessionen niedergeschrieben! Richtig. Ihre Minderung tritt eben nur dort ein, wo diese Ebenen sich einmischen, oder wo sie überhaupt ins Konfessionelle treten. Ansonsten sind sie Abendländer, und damit zutiefst katholisch (allumfassend) geprägt. Wenn Borchardt also Hofmannsthal in einem Brief zu dessen "Entkatholisierung" des Christentums gratuliert, so kann ich ihm dort zustimmen, wo Borchardt (und das meint er, soweit erkenne ich ihn aus seinen Schriften) die "Entkonfessionalisierung" meint. (Im 19./20. Jahrhundert vielleicht das größte Problem der Kirche.)




*150709*