War die Universität Wien bei ihrer Gründung durch Rudolf IV. 1365 - die gar nicht unbestritten war, denn erst kurz vorher war mit Krakau nach Prag eine weitere Universität in diesem geographischen Raum gegründet und damit der Bedarf wohl gedeckt worden, - noch ein "Staat im Staat", mit eigener Gerichtsbarkeit quasi exterritorial, so litt ihr Ruf sehr bald unter der Anforderung, eine Universität solle vor allem Beamte produzieren. Als in der Gegenreformation die Jesuiten die Universität übernahmen, kam es zu weitgehenden Einschränkungen der Forschung und Lehre. Speziell unter Josef II. wurde sie sehr ramponiert, und hat sich in den Geisteswissenschaften ("Wiener Kreis") nie mehr erholt.
Zumindest meint das Hilde Spiel in einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen vom 12. Mai 1965, den ich in einem Band von Hofmannsthals Dramen fand. Die Autorin bedauert darin, daß die österreichische Philosophie nur noch von Vertretern "transzendentalphilosophischer Richtungen" geprägt dahindümpele.
Während die nachmals berühmtesten österreichischen Philosophen ihren Ruf vor allem den englischen Universitäten verdankten, galt noch in den 1950er Jahren der Ruf, daß es europaweit wohl kaum mittelmäßigere Professoren gäbe als in Wien. Sodaß der Spruch galt, daß die österreichischen Universitäten in Yale oder Harvard besser vertreten seien als in Wien. Speziell in den 1930er Jahren habe ja ein regelrechter Exodus stattgefunden.
Wie hat wohl Hofmannsthal darüber gedacht?
Dann sammele ich mich wieder, und lese das Vorgehabte: das Versdrama von der Frau, die am Balkon ihrer Villa auf ihren Geliebten wartet, dabei ihrem Mann begegnet, der nur zufällig zurückkam, ahnungslos; sie aber, weil sie sich ertappt und verraten glaubt, gesteht ihm verzweifelt alles, fleht um Vergebung; da entdeckt sie ihren Irrtum - woraufhin er sie erwürgt.
Hofmannsthal schreibt, daß der Dichter in den Erscheinungen, die er aufnimmt, das Glühen fühlt, das sie, und alles, bewegt. Alles Leben ist sohin transzendent. Und es zu erkennen macht Gott gleich.
*140709*