Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 24. Juli 2009

Opfer und Spiel - Kult und Kunst

Unübertreffbar stellt Hugo von Hofmannsthal ("Gespräch über Gedichte") den Gedanken der Sakralität der Kunst dar, in ihrer Verbindung zum Priestertum und zum Heiligen Opfer. Wenn er beschreibt, wie das Blut des Opfertieres dem Priester die Arme entlangläuft, und so für ihn Opfertier und er selbst ununterscheidbar werden.

Damit beschreibt er, was der Künstler ist. Damit macht er klar, daß der Zuschauer über die Empathie - das Mitleiden, das Mitfühlen, die Identifikation - in gottesdienstlicher Katharsis (Feuerreinigung) zu Gott erhoben wird, weil er auf seine Absicht zugunsten des Höchsten verzichtet, zur Seite tritt. Ein objektives Geschehen, kein bloßes Empfinden, wenn solches überhaupt. Im Erleiden dessen, was dem den Sinnen dargestellten Objekt geschieht, erlebe ich auch seinen Schmerz und vollziehe die opfernde Haltung, weil ich mich dem Geschehen, dem Willen des Schöpfers, ausliefere.

Im Opfer gebe ich etwas aus der menschlichen Verfügungsgewalt, Berechenbarkeit und damit Existentialität weg. Und trete in den Bereich des Spieles, der unverzweckten Tätigkeit, die in ihrer Nutz- und Absichtslosigkeit ausschließlich der Schönheit dienend einer Auslieferung an Gott gleichkommt.

Dem ich im selben Maß zugestehe, aber auch den Raum freigebe, in der Welt zu wirken.

So kann man erkennen, wie die Kunst aus dem Kult (der Liturgie) kam und immer noch dort gründet, so kann man erfassen, daß es gar keine Feier geben kann, wenn sie nicht religiös motiviert ist - weil sie sonst der Selbstvergötzung bestenfalls in der Wollust dient, und unzweifelhaft bitter und leer wird, sich nur noch im Sensationellen in jenes "Heiligkeits- und Höhegefühl" retten kann.

Damit wird klar, daß es nur Kultur geben kann - denn alles Schöpferische entsteht aus dem Spiel, braucht diesen Freiraum, weil es sonst eingekerkert in bereits bekannte Nutzschemen bleibt - wenn einem Volk jene Religiosität zugrunde liegt, die das Geschehen der Welt in einem über alles menschliche Sorgen und Planen stehenden Raum des Rechts, der Gerechtigkeit und Vorsehung geborgen weiß. Nur dann treffen sich Gewissen und Spiel.




*240709*