Zu einer der faszinierendsten Seiten der Welterkenntnis gehört die Entsprechung von Zahlen, Berechnungen, damit: Statistik, und Geschehen, Wirtschaft, Leben, Geschichte. Deshalb wohl gehört Herwig Birg zu einer der schillerndsten Figuren des gegenwärtigen Populärwissenschafts-Zirkels. Birg, Vorstand des Deutschen Statistischen Zentralamts, fiel bereits seit vielen Jahren durch seine präzisen, nüchternen, politisch völlig neutralen Stellungnahmen zur Entwicklung der deutschen, noch mehr: europäischen Gesellschaften auf. Dabei gehört die demographische Entwicklung zu einem seiner mit größter Dringlichkeit immer wieder vorgebrachten Sorgengebiete.
Hier sei noch auf den schon Jahre alten Beitrag im Forum von ARS ACTU hingewiesen, der (sowie im anschließenden Diskussionsfaden) eine recht taugliche Faktensammlung zu diesem Thema abgibt.
Das im Titel verlinkte Interview mit Birg fand sich heute im Standard. Das Fazit? Nichts grundsätzlich Neues unter der Sonne. Nach wie vor wird nirgendwo politisch aktiv den immer schicksalshafter sich manifestierenden Entwicklungen gegengesteuert.
Hier noch einige weitere, pointierte Sichtweisen der Dinge, wie sie (dem politisch nie direkt aktiven) Birg eigen sind:
Birg: [...] Vielleicht kommt das, wenn die Menschen in Deutschland oder Österreich um 2060 merken, dass der Staat an ihrem sozialen Status nicht wirklich etwas verbessern kann und sich auf andere Dinge besinnen, so wie die Amerikaner. Die hatten noch nie die Situation, dass der Staat ihnen hilft, wenn alle Dämme brechen. Deshalb haben wir in den USA eine ganz andere Geburtenrate von zwei Kindern pro Frau. Es ist in Europa nicht zu erwarten, dass die Leute jetzt den Schluß ziehen: Der Staat kann mir nicht helfen und es gibt nur die Familie, auf die ich mich wirklich verlassen kann, alles andere ist riskant. Da muß noch viel mehr Erfahrung in der Gesellschaft angehäuft werden, damit den Leuten das dämmert.
derStandard.at: Das heißt, Familien zu stärken kann ein Ausweg sein. Sie fordern ja schon seit längerem, dass Eltern bei Jobvergabe bevorzugt behandelt werden. Bedeutet das nicht eine Diskriminierung von Kinderlosen?
Birg: Warum? Es ist niemandem verboten, Kinder zu haben. Das ganze Leben ist eine einzige Selektionsmaschine. Das ist nichts Ungerechtes, das ist das Unabwendbare. Wenn sie keine Unterschiede machen, dann ist das eher eine lebensfeindliche Einstellung, als wenn sie Unterschiede erkennen, wahrnehmen und - soweit sie erträglich sind - dann auch leben. Ich sage ja nicht, dass alle Kinderlosen schlechter dastehen sollen, als Menschen mit Kindern. Sondern nur, daß bei der Besetzung von Arbeitsplätzen unter gleich Qualifizierten diejenigen Vorrang haben sollen, die Kinder haben oder durch Pflegeleistungen Familienlasten tragen. Die Pflege von Eltern würde ich als gleichrangig mit der Erziehung von Kindern sehen.
derStandard.at: Das steht doch aber dem entgegen, was von den 68ern angestoßen und während der Siebziger Jahre durch den Ausbau des Sozialstaates ermöglicht wurde: Dass die Frage, ob man Kinder haben möchte, eine individuelle Entscheidung des Einzelnen ist und keine Notwendigkeit oder gesellschaftliche Verpflichtung.
Birg: Die Entscheidung für oder gegen Kinder ist frei und soll frei bleiben. Geändert werden soll nur der Umstand, dass die Lasten der freien Entscheidung gegen Kinder von jenen getragen werden, die Kinder haben. Heute ist es so: Von Kindern profitiert, wer keine hat. Das ist alles andere als eine soziale Errungenschaft. Die sozialen Sicherungssysteme hängen ja gerade davon ab, dass Beitragszahler nachwachsen. Das ist eben der Witz: Wegen der vielen freien Entscheidungen gegen Kinder brechen die sozialen Sicherungssysteme zusammen. Das sollte inzwischen jeder verstanden haben. Die 68er waren so desinteressiert an Fakten und so fixiert auf Ideologien, dass sie das heute noch nicht kapiert haben. Ich kann das als 68er beurteilen.
derStandard.at: Das heißt, Familien zu stärken kann ein Ausweg sein. Sie fordern ja schon seit längerem, dass Eltern bei Jobvergabe bevorzugt behandelt werden. Bedeutet das nicht eine Diskriminierung von Kinderlosen?
Birg: Warum? Es ist niemandem verboten, Kinder zu haben. Das ganze Leben ist eine einzige Selektionsmaschine. Das ist nichts Ungerechtes, das ist das Unabwendbare. Wenn sie keine Unterschiede machen, dann ist das eher eine lebensfeindliche Einstellung, als wenn sie Unterschiede erkennen, wahrnehmen und - soweit sie erträglich sind - dann auch leben. Ich sage ja nicht, dass alle Kinderlosen schlechter dastehen sollen, als Menschen mit Kindern. Sondern nur, daß bei der Besetzung von Arbeitsplätzen unter gleich Qualifizierten diejenigen Vorrang haben sollen, die Kinder haben oder durch Pflegeleistungen Familienlasten tragen. Die Pflege von Eltern würde ich als gleichrangig mit der Erziehung von Kindern sehen.
derStandard.at: Das steht doch aber dem entgegen, was von den 68ern angestoßen und während der Siebziger Jahre durch den Ausbau des Sozialstaates ermöglicht wurde: Dass die Frage, ob man Kinder haben möchte, eine individuelle Entscheidung des Einzelnen ist und keine Notwendigkeit oder gesellschaftliche Verpflichtung.
Birg: Die Entscheidung für oder gegen Kinder ist frei und soll frei bleiben. Geändert werden soll nur der Umstand, dass die Lasten der freien Entscheidung gegen Kinder von jenen getragen werden, die Kinder haben. Heute ist es so: Von Kindern profitiert, wer keine hat. Das ist alles andere als eine soziale Errungenschaft. Die sozialen Sicherungssysteme hängen ja gerade davon ab, dass Beitragszahler nachwachsen. Das ist eben der Witz: Wegen der vielen freien Entscheidungen gegen Kinder brechen die sozialen Sicherungssysteme zusammen. Das sollte inzwischen jeder verstanden haben. Die 68er waren so desinteressiert an Fakten und so fixiert auf Ideologien, dass sie das heute noch nicht kapiert haben. Ich kann das als 68er beurteilen.
*130709*