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Sonntag, 8. Dezember 2013

Entweder - oder

Der religiöse  Sinn ist unsterblich. Er kann bedrängt, getrübt, gelähmt, durch Gewohnheiten umgelenkt werden. In so einer Situation kann nur Anarchie die Religiosität wieder durchbluten. Aber die Religiosität kann nicht vernichtet werden, und sie braucht ihren sichtbaren Ausdruck in der Institution.  

Wo [aber] keine Götter sind, walten Gespenster.*

Novalis



*Weil es etwas aussagt, wollen wir diesen seinen Satz auch vollständig wiedergeben, der fortsetzt mit: "und die eigentliche Entstehungszeit der europäischen Gespenster, die auch ihre Gestalt ziemlich vollständig erklärt, ist die Periode des Übergangs der griechischen Götterlehre in das Christentum.

Hardenberg (=Novalis) meint zwar (und er argumentiert es rational richtig) daß eine Institution absolut notwendig ist, aber er meint auch, daß die römische Kirche "in Ruinen" liegt. Sein Reformaufruf ist aber mehr als eine "Reformierung", man muß ihn als Neugründung verstehen, worin er seinen eigenen Argumenten zu widersprechen scheint. Denn es fühlte dann die Essenz - die Tradition, die vom Konkreten gar nicht zu trennen ist. Zustimmen kann man ihm freilich in seiner Kritik, in der Novalis die innere Schwäche aus der institutionell zu abgesicherten Situation ableitet. Die Kirche ist träge geworden, auf sich geworfen zu einem In-sich-Geschäft. Das hat bewirkt, daß das "Geschäft mit der Wahrheit" leichtfertig aus der Hand (in die einer wurzellos gewordenen Wissenschaft) gewandert ist. Das hat ihr, so der Dichter, den Todesstoß gegeben, Glauben und Wissen auseinandergerissen, sodaß Letzteres zwangsläufig zu einem Scheingebäude wurde.

Das auch deshalb erwähnt, weil es sich (und hier soll in aller Bescheidenheit auf so manche frühere Äußerung des Verfassers dieser Zeilen gleichfalls verwiesen werden, die sich aus seiner sehr konkreten und nicht immer freudvollen Erfahrung mit der Institution Kirche nährt) mit gewissen Aussagen-Fragmenten des derzeitigen Papstes deckt. In denen diesem sogar zuzustimmen wäre, müßte man nicht aus dem Großteil seiner übrigen Äußerungen auf eine haarsträubende substantielle Schwäche als Interpretationshorizont (Stichwort: Fehlen des Einen ...) schließen, die solche Aussagen ins Gegenteil kehrt. Salopp formuliert: Die Worte dieses Papstes sind wie Mücken, die wirr und in jede Richtung herumschwirren. (Bemerkenswert dazu die Metaphorik des Films "Green Mile", mit Tom Hanks.) Was das verraten könnte, das soll hier nicht näher expliziert werden. Wer die ("alte", dabei immer neue) Tugendlehre der Kirche kennt, wirklich kennt, weiß ohnehin, was gemeint ist. Narzißmus und Verblödung sind nur zwei Seiten derselben Medaille. Man braucht sich also nicht zu wundern, wenn man die Gefolg- und "Anhänger"schaft von Papst Franziskus betrachtet, die sich das Ergebnis aus der Tangente vorwegnehmend längst am Kadaver der Kirche weidet als wäre sie bereits eine wehrlose Leiche. Weiteres Stichwort, um zu beleuchten: War es in den letzten Jahren von Papst Johannes Paul II. längst üblich, Papstaussagen, selbst schriftlicher Art, nachträglich zu "flicken", so werden wir noch staunen, was an Flickwerk jetzt noch alles auf uns zukommt. Die Geister (bzw. Gespenster) beginnen sich längst zu regen.





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