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Mittwoch, 18. Dezember 2013

Icherfahrung aus dem Nicht-Ich (1)

Ausgangspunkt des Erfassens des Ich ist die Erfahrung des Nicht-Ich. Nur, wenn das Kind, und zwar von frühester Existenz an, die Welt als etwas erfährt, das weit von ihm weg ist, zu dem eine enorme Distanz herrscht, kann es Welt überhaupt als das "andere" begreifen. Und über dieses andere erfährt es etwas anderes - das Ich als die durchgängige Substanz, die es im Wandel aller Erscheinungen nämlich bleibt.*

Das Wegräumen der Unterschiede zur Welt, als Wegräumen ihrer Gestalt und Eigenschaften, die diese Distanz überhaupt erst erfahren läßt, in der heutigen "Pädagogik" richtet deshalb enormen und weitreichenden Schaden an. Das beginnt beim Pinocchio-Becher, über McDonalds, wo Essen zur banalen Freßfunktion heruntergestuft wird, über Kuschelväter und Tragschlaufenpädagogik, und reicht über Kinderparlamente bis zum Greuel der Kindergottesdienste, wo das Höchste, Fernste, wo Gott zur banalen Evokation von Selbstgefühlen reduziert wird.**

Aber das Kind muß an der Hand der Mutter allmählich eingeführt werden in die Welt der Gestalten, und dazu braucht es erst die Einfügung in die formalen Anforderungen - das etwa, was man als "gutes Betragen" bezeichnet - und zugleich die Erfahrung, daß ihm diese Welt noch fern ist.

Nur in dieser Fernerfahrung aber wird ihm deutlich, daß es eine innere Anstrengung des Ausstreckens nach Form braucht, um in diese Welt zu "passen", um in ihr leben und wirken zu können. In dieser Welt der Väter.

Genau das, was heute so grundsätzlich fehlt, daß man daraus schlimmste Hoffnungslosigkeit beziehen könnte - weil den Menschen die Kraft zur Kultur fehlt. Und wir genau den umgekehrten Weg gehen: den der Gestalten-Abräumung, der Konturenverwischung, der Vernichtung der Welt, um die Mühe des Ausstreckens zu nehmen. Mit dem Ergebnis, daß die Heranwachsenden tatsächlich glauben, die Welt wäre das, was sie am Computerbildschirm mit wenigen Tastendrucken manipulieren können. 

Und aufbegehren, und zwar vor allem gegen das Prinzip Vater an sich aufbegehren, weil sie das nicht ist.



Morgen Teil 2) Aufgrund des Umfangs, aber auch der Wesentlichkeit Aussagen, sind die Fußnoten auf die morgige Veröffentlichung übertragen.






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