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Freitag, 31. Januar 2014

Anfang vom Ende?

Beginnt er schon, der große Katzenjammer über das Internet? Einer der zahlreichen selbsternannten "Internet-Experten" meint das. (Wie wenig sie es je waren, weil sie die Trunkenheit durch Technik mit Kompetenz verwechselt haben, wobei auch das eine Zeitkrankheit ist, zeigt sich ja nun.) Sascha Lobo nennt er sich, und wird in den meisten Medien mit seinem Lamento zitiert, daß er zu naiv gewesen sei in der Betrachtung der Chancen des Internet. Tatsache sei nun, daß es sich als perfektes Instrument der Überwachung herausstelle, das alle Ideen (welche, übrigens?) von Demokratie und Meinungsaustausch untergrabe, und die Menschen anfälliger für Manipulation statt stärker mache. Die NSA habe ihre Ideen der Weltverbesserung einfach schneller und besser umgesetzt, als es jede freie Netzgemeinde vermochte. (Lesen sie in der FAZ den ganzen Sermon von Lobo.)

Der Fall liegt aber viel einfacher: Unreflektierte Ziele und Ideen könne gar nie wirklich werden. Und sie scheitern in Wahrheit nicht an dem, was sie vorgeben, sondern an ganz anderen Kräften. Lobo hat sich nicht getäuscht, weil die Überwachung alles zunichte macht, sondern er hat keine Ahnung, was das Internet überhaupt ist. Was er von ihm von Anfang an erwartet hat war purer Schwachsinn. Dort lag und liegt seine Naivität, die in Wahrheit die Dummheit des Narzißmus ist. Lobo "hat" sich nicht geirrt, er irrt nach wie vor, er und seine ganze Masche ist selbst ein Irrtum, den der Irrtum Internet erst möglich gemacht hat. Das nun so endgültig nicht mehr in die heile Welt paßt, die er sich gedankenlos zusammengeschustert hat. Lobo ist nicht ein Opfer der NSA, sondern eines des Internetwahns, den so viele mit positiv besetzten "Werten" behängen, um seine wahre Natur zu verschleiern. Es reichte nicht einmal für eine Utopie.

Natürlich war rein praktisch zu erwarten, daß die Einsicht an den Phänomenen aufbricht, sobald diese gewisse Grenzüberschreitungen begeht. Das Bekanntwerden der schon lange etablierten Maßnahmen der Geheimdienste, übers Netz die Bevölkerungen zu kontrollieren, hat im Vorjahr eine Schockwelle ausgelöst. Neu oder unvorhersehbar war daran nichts, und wer noch seine letzen sieben Zwetschken an Verstand beisammen hatte, wußte das von Anfang an. Es ist dieselbe Kategorie wie der alte und sehr dumme Spruch, daß der Marxismus theoretisch gut, nur an seiner Verwirklichung gescheitert sei. Genauso wenig hat die Überwachung die Idee der Internetdemokratie und brüderlich im Netz verbundenen Weltgemeinschaft zerstört.

Die Idee selbst war falsch und unsinnig. Deshalb bräuchte man sich auch vor dieser Überwachung nicht fürchten, gäbe es nicht andere Aspekte, die sie bedrohlich machen. Und die eigentlich erst bedrohlich werden, wenn man das Internet so sieht, es mit solcher Wichtigkeit versieht, ihm solche Aufgabe zuschreibt, wie es Sascha Lobo tat und nach wie vor tut.

Aber das sieht er nicht. An Geistern, die das sahen und sehen, gab und gibt es ohnehin viel zu wenige, und sie hatten auch keinen Einfluß. Wie eine Lawine rauscht die Internethysterie über unsere Gesellschaften. Nicht als Schicksal oder gar als unausweichlicher Weg der Menschheit, sondern als selbst gewähltes Verhängnis der Entwirklichung, als Bewußtseinszustand also, einem Drogenrausch vergleichbar, der alle befallen hat.

Lobos Kritik zeigt ja gleichfalls, daß er nach wie vor naiv ist, und die Wirklichkeit des Internet nicht begreift. Doch diese Wirklichkeit äußert sich eben auch auf anderen Ebenen, auf selbst den Geistlosen greifbareren Ebenen, die sich selbst sogar innerhalb von Kategorien und Ahnungslosigkeiten bewegen. "Überwachung" war greifbar, war anschaulich. Daß sie innerhalb derselben Logik lag und liegt, die Lobos Begeisterung dereinst befeuerte, überfordert einfach auch ihn. Deshalb hat er es nicht gesehen.

Und wie zuvor die Hysterie ums Internet seine Verbreitung irrational beschleunigte, indem sie es zum Mythos aufblähte, der alles vorantrieb, genau dieselbe Irrationalität bestimmt also nun die Debatte um seinen Schrecken. Und äußert sich als Trauer um eine verlorene Chance - die es überhaupt nie gab. Nicht aus technischen Gründen, sondern aus der Natur des Internet heraus. Aus allen Ecken hört man deshalb die bekannte Klageform der Utopisten und Wirklichkeitsfremden - "man müßte nur", "man hätte nur müssen".

Das Internet war und ist keine Notwendigkeit des Jahrhunderts, sondern eine bewußte Entscheidung zum Umbau der Lebensvorgänge unter gewissen Blickwinkeln (die auch ein Lobo nie oder falsch sah), den man sich leisten wollte. Weil er nämlich, weil technisch gelagert, sehr teuer ist. Der seine Vorteile nur dann hat, wenn man überhaupt vergißt, was Leben und Menschsein bedeutet und dieses selbst umbauen möchte. Gerade der Begriff der "Effizienz" (den man aufs Minimalprinzip der Natur noch zurückführen könnte) wird schlicht umgedeutet zu einer Maschinerie, die sich selbst jenen Bedarf schafft, dessen Lösung sie vorgibt, sodaß der auftretende Mangel nur auf einem Wege lösbar scheint, der ihn überhaupt erst geschaffen hat und weiter schafft. 

Womit die Kosten - als Parameter des Energieeinsatzes - einfach umlagert und so verschleiert werden, daß sie gesamtvolkswirtschaftlich und gesamtmenschlich gesehen immer weiter steigen. Den Druck auf jene erhöhen, denen stattdessen versprochen wird, und die es auch selber glauben wollen, daß er eines Tages völlig weicht. 

Aber was sind Kosten, in einem Zeitalter, das tatsächlich meint, Geld wäre nur eine Größe des Bildschirms, die man auch beliebig manipulieren oder (bei Schulden) auch löschen könne. So, wie es eben die bloße Bedientechnik vorgaukelt. So, wie es eben der zur Sozialtechnik der Wirklichkeitsausschließung umgebaute Staat vorgaukelt und bereits eine ganze Generation geprägt hat, die sich ihre angenehme Welt herbeizappt. Die Wirklichkeitsrelevanz der Internetdaten, die Verhängung von Zeichen und Symbolen mit realem Leben aber ist eine Dimension, die gar nie gesehen wurde.

Es ist in dem Fall also eine Ausnahme, ein Zufall, wenn der Katzenjammer an der Stelle entsteht, wo auch seine Ursache liegt. Wenn er auch nicht begreift, warum er in Wahrheit recht hat.




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Ferne


Gesehen auf thisisnthappiness





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Donnerstag, 30. Januar 2014

Sie fehlen uns

+Fritz Molden, 1924-2014 - Copyright: Die Presse
90jährig, ist er nun gestorben - Fritz Molden, eine der Legenden, auf denen sich ein Selbstverständnis von Österreich aufgebaut hat und aufbaut, nach dem man nur noch Sehnsucht empfinden kann. Weil sie das Bild einer Anständigkeit, mutigen Geradlinigkeit, Handlungsfähigkeit und Vernünftigkeit, aber sogar eines Heimat- und Familiengeists bieten, wie es schier nur noch Vergangenheit sein kann.  Ohne in allem seiner Auffassungen (gewesen) sein zu müssen.

Der Verfasser erlaubt sich, den Nachruf der Presse hier abzubilden, fürs Archiv. Aber Molden gehört auf diese Seiten. Er soll darüber hinaus nicht-österreichischen Lesern dieses Blog zeigen, auf welche Männer dieses Land vielfach aufgebaut war. Sein Leben widerlegt so viele Dummheiten, die über dieses Österreich heute verbreitet werden und seine Idee zur Unkenntlichkeit verunzieren. Von Leuten, die meist nicht einen Funken von jenem Mut, jenem Anstand und auch jenem Geist haben, den Molden verkörperte. R. i. p.

(aus: Die Presse, 11. Jänner 2014) Wie die Charaktereigenschaft eines Mannes beschreiben, der so viele Leben besaß? Wie den Widerständler gegen Hitler und späteren Südtirol-Aktivisten, wie den Zeitungserben, Druckerei-Tycoon und Waldheim-Verteidiger, den Buchverleger und Großpleitier Fritz Molden charakterisieren? Ganz leicht: Ein Wort fasst all das pralle Leben zusammen, das soeben zu Ende gegangen ist: Mut. Der Mann hat sich etwas getraut. Vieles ist ihm geglückt, manches ist schiefgelaufen, er hat all das mit der Attitüde des Döblinger [einer der Wiener "Nobelbezirke"; Anm.] Großbürgers ertragen. Mit Ironie, Schlagfertigkeit und einer Portion Übermut. Fritz Molden verstarb heute früh im 90. Lebensjahr. Molden war während der Weihnachtsfeiertage erkrankt und seither im Krankenhaus Schwaz behandelt worden.

Molden hat in vollen Zügen gelebt. Dass dabei „Die Presse“ für ein Gutteil seines Lebensbogens geliebtes Herzstück und finanzielles Sorgenkind war, lag am Elternhaus in der Döblinger Osterleitengasse. Er war zehn, als Nationalsozialisten den „Ständestaatkanzler“ Engelbert Dollfuß ermordeten. Bruder Otto war schon beim Freikorps, Vater Ernst stellvertretender „Presse“-Chef. Ein Liberaler, ein Anti-Nazi, ein Gelehrter, ein Großbürger, verheiratet mit Paula von Preradović, die später die Strophen der Bundeshymne in der Zweiten Republik schaffen sollte.

Schon am Tag des Anschlusses, am 13. März 1938, verhaftet die Gestapo die Brüder Otto und Fritz. Doch das ist ihnen keine Warnung. Am 7. Oktober jubeln sie dem Wiener Erzbischof Kardinal Theodor Innitzer zu, der im Dom zu Sankt Stephan erstmals – und in Großdeutschland einzigartig – lauten Protest von der Kanzel wagt.

Todeszelle, Strafbataillon

Die Hitlerjugend schlägt am nächsten Abend in rasender Wut zurück, verwüstet das Erzbischöfliche Palais, und Fritz prügelt sich mit den Nazis. Ein neuerliches Verhör durch die Gestapo ist die Folge, auch Mutter Paula wird verhaftet. Der Hass des Gymnasiasten auf die braunen Eindringlinge verleitet ihn zu einem missglückten Fluchtversuch nach Holland, die Strafe folgt auf dem Fuß: Todeszelle am Morzinplatz [wo das Gestapohaus in Wien, 1. Bezirk, stand; Anm.], dann die „Begnadigung“, die einem Todesurteil gleicht: Strafbataillon der Wehrmacht in den Pripjatsümpfen bei Kiew. Molden hat Glück, landet mit einem Streifschuss in der Etappe. Und retiriert mit einer Widerstandszelle nach Italien. Ein fliegendes Feldgericht kann ihn nur noch in Abwesenheit zum Tode verurteilen.

So beginnt Fritz Moldens „zweites Leben“. In der Schweiz nimmt er 1944 Kontakt zu Allen Welsh Dulles auf, der später CIA-Chef und sein künftiger Schwiegervater wird. Zwischen September 1944 und Mai 1945 reist er unter falschem Namen in deutscher Uniform sieben Mal nach Wien und zwölf Mal nach Innsbruck. Einmal erkennt ihn ein Schulfreund auf der Kärntner Straße. Ohne Folgen, wie er Christian Ultsch in seinem letzten Interview 2013 schildert.

Die Folgen trägt dafür seine Mutter, die Dichterin. Trotz Gestapo-Folter verrät sie ihre Söhne nicht. „Nach dem Krieg wurde sie operiert, sie lebte noch bis 1951, immer krank.“

In Innsbruck gesellt sich der junge Molden zu Karl Gruber und Ludwig Steiner, sie übernehmen dort Regierungsmacht, dann braucht ihn sein Vater Ernst bei der Wiedergründung der „Presse“ in Wien. Fritz kann Geld heimbringen: von der CIA aus Amerika. Mit 34 ist er Wiens Zeitungskönig mit dem Blatt der Großbürger und dem Boulevardblatt „Express“, dessen Chefredakteur Gerd Bacher [Redakteur und Chefredakteur zahlr. Publ., später ORF-Generaldirektor; Anm.] heißt. Der markante Neubau an der Heiligenstädter Lände macht ihn zugleich zum Besitzer von Wiens größter Zeitungsdruckerei. 

Bacher ist auch an seiner Seite, als es in den Fünfzigerjahren gegen die von den Kommunisten kontrollierten „Weltjugendfestspiele“ in Wien geht. Die beiden produzieren Sondernummern zur Aufklärung der Österreicher angesichts des infamen Spiels der Sowjets. Sie haben dabei erste Kontakte zu dem aufstrebenden Stern der Sozialdemokratie, Bruno Kreisky [ab 1971 langjähr. Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender, Anm.] Dieser nimmt die zwei Freunde auch nach New York mit, als es darum geht, die neofaschistischen Unterwanderungsversuche Italiens in Südtirol vor die Weltöffentlichkeit zu bringen. Von den Gesprächen bei den UN kann „Die Presse“ als einzige Zeitung authentische Reportagen liefern.

Verkauf des Zeitungsimperiums

Molden und Bacher, Pfaundler und Heuberger: Sie haben zuvor lange Zeit den Südtiroler Widerstand aktiv unterstützt. „Kreisky und Landeshauptmann Wallnöfer haben alles gewusst“, erzählte Molden immer wieder. „Auf einen gesprengten Strommast mehr oder weniger soll's uns nicht ankommen“, habe der SPÖ-Außenminister im vertrauten Gespräch gemeint. Als der Volkstumskampf die ersten Todesopfer fordert, ziehen sich Bacher und Molden zurück.
Mit vierzig Jahren verkauft Molden sein Imperium: die „Presse“, „Wochenpresse“, Druckerei, das Verlagshochhaus. Aber die hochfliegenden Träume haben ihn nicht verlassen. Er gründet seinen Buchverlag, macht Bacher zum Generalbevollmächtigten und boxt sich zum fünftgrößten Verlag im deutschsprachigen Raum hinauf. 1982 dann der Absturz, der Konkurs. Alles ist weg, das Haus in Döbling, der Firmensitz in Grinzing, nur das Refugium in Alpbach hat er zuvor auf Ehefrau Hanna überschreiben können.
Längst ist er da zum Zeitzeugen geworden. In den Achtzigerjahren reaktiviert die Republik nochmals seine Kontakte zu Amerika: Er übernimmt die Verteidigung des Bundespräsidenten Kurt Waldheim vor der Weltöffentlichkeit. Und beharrt als ehemaliger Widerständler darauf, dass Österreich das erste Opfer der Hitler-Barbarei geworden sei. „Da zeigt sich, wie wichtig Aufklärung in den letzten Jahren gewesen wäre. Das führt zu völlig falschen Beschuldigungen gegen Österreich“, sagte er im „Presse“-Gespräch.
Mehr Selbstbewusstsein, das war seine Forderung: „Vielgeprüft und neu erstanden – ich für meine Person würde denen, die nach mir kommen und sich als Österreicher fühlen, ein solches runderneuertes Land als Heimstätte und zum ordentlichen Gebrauch wünschen.“ So enden seine Memoiren unter dem Titel „Vielgeprüftes Österreich“.




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Wieviel ein Staat wert ist (4)

Teil 4) Es gibt kein reales Wirtschaften ohne Transzendenz - 
weil Transzendenz Ursprung der Realität ist






Wobei sich gewiß ein halbes Dutzend Harvard-Studenten die Augen schielend gelesen hat um die Rechtfertigung einer Prognose zu liefern, unter Hinweis auf Belegstellen (und damit "verantwortlich", wenn nicht "wissenschaftlich bewiesen", dem Generalabsoluteur der Gegenwart), daß eine Höherbewertung der Goldreserven - diesmal ÜBER gegenwärtigen oder erwarteten Marktpreis - sehr wohl gerechtfertigt ist. Womit sich auch ein Teil des Budgetlochs auf elegante Weise wie von selbst wieder schließt.

Wer daraus aber eine viel gründlichere Lehre ziehen will, der sollte sich nicht in Beschimpfungen der Politik ergehen. Die lohnen gar nicht. Vielmehr läßt sich eine andere Erkenntnis aus der Sache "Gold" gewinnen. Nämlich die, daß es überhaupt nichts in der Welt gibt, das ohne transzendenten Sinn (und sei es ein Mythos) auskommt. Deshalb führt auch eine Entmythologisierung der Wirtschaft und der Politik zu rein gar nichts, wie in der Religion. Mythen sind nämlich die entscheidenden Grundlagen jeder Frage nach Wert und Bewertung. Die Welt wird ohne sie nicht "realer", sie löst sich nur auf, und zwar restlos.*

Wer auf Gold setzt, spekuliert also mit einem Mythos, im wahrsten Sinne. Und wer auf einen Staat setzt, ja auf die Wirtschaft selbst, tut nichts anderes. Und das ist sehr wohl legitim. Und es erklärt warum es eine reine Frage der Kulturtechnik ist, auf gedrucktes Papier oder auf Goldnuggets zu setzen. Keine von Werten. Man sollte nur um diese Brüchigkeit der Welt und ihrer Werte wissen. 

Es braucht Nüchternheit, das ist sehr wahr. Aber die Nüchternheit die uns heute fehlt ist die zu sehen, wie ursächlich und real die Welt an der Transzendenz hängt. Die Ursache für den Verlust dieses Wissens, das es nämlich ist, als tiefe Gewißheit, ist aber nicht etwa Mangel an Bildung, sondern führt sich auf den Verlust der realen Erfahrung zurück, wie Welt, wie etwas in der Welt überhaupt entsteht.





*Zur Illustration sei auf die "rasante Entwicklung des Internet" (incl. social media) verwiesen. Die man vereinfacht als einzigartigen Erfolg eines äußerst cleveren Marketingplanes bezeichnen könnte, der präzise wie eine Schweizer Uhr die Schwäche der Gegenwart aufgreift. An deren Relevanz für die Realität zu glauben Teil einer Strategie ist, die elegant der Politik in die Hände spielt, die es deshalb tatkräftigst unterstützt hat - nicht mehr. Aber er beruht auf einer (längst allgemein gewordenen) Verkennung der Wirklichkeit. Zeigt aber anderseits die reale Bedeutung von Mythen, wie auch immer ihre Herkunft zu sehen ist. Denn niemand hat das Internet gebraucht. Es hat sich quasi selbst installiert, und so lange den Mythos der Relevanz einer Scheinwelt verkündet, bis ihn alle geglaubt haben. Dabei geschickt Mythen synthetisiert, die aus zahlreichen Irrtümern der Gegenwart erwachsen, dort ihren Boden haben. 

Dem Verfasser dieser Zeilen fällt immer wieder auf, wie sprachlos oft Menschen sind, wenn man sie um die reale Bedeutung des Internet (incl. social media) fragt, dem sie doch so viel Zeit ihres Lebens widmen. Und erst im zweiten Nachsetzen kommen dann praktische Anwendungen als Antwort, deren Sinn aber im Dunklen bleibt. Während die konkreten, ja alle betreffenden und eklatanten weil fundamentalen NACHTEILE einer Verlagerung von Lebensvorgängen aufs Netz wie Argumente von einem anderen Stern betrachtet, in gar keinen Bezug mehr gesetzt werden (können). 

Ja, vielfach wird der Rest des Lebens zu einer einzigen und mühsamen Jagd, die Nachteile und negativen Folgen aus den "Vorteilen" auszugleichen. Ohnehin mittlerweile ein Grundzug der Lebensvollzüge der Gegenwart. Man denke nur an die Verkehrssituation, die entstand, weil sie das Leben vereinfachen, Transportwege (zeitlich) verkürzen sollte - und sich immer wieder herausstellt, daß die Gesamtverkehrszeit sogar weiter anwächst, anstatt abzunehmen. Während sich aber das Leben selbst immer mehr zur Überbrückung, zum "Zwischen" ausbaut, wo wir ständig "auf dem Weg" zu etwas sind, ständig auf ein besseres Morgen hoffen, in dem wir aber nicht mehr vorhanden sind, auf welche stets neu entschwindende Gegenwart wir uns nur umso eifriger einen Platz zu sichern versuchen. 

Vielleicht gab es in der Geschichte noch nie eine derartig tiefgreifende reale Verblendungssituation, als Gefängnis, das wir uns selbst bauen, weil wir mit dem Internet (als Beispiel) nur eine (gewisse) faktische, teilhafte Situation perfektioniert, aber nun zum bestimmenden Faktor auswachsen haben lassen. Weil aber jedes Werkzeug, alles was wir tun, uns rückwirkend mit verändert, gibt es dazu keinen Ausweg innerhalb der derzeitigen Geisteslage. Nur ein fundamentaler Ausstieg zum seinsbezogenen Denken selbst wäre die Lösung, weil nur dort das immer Bleibende - das einzige, was wir überhaupt mit dem Verstand erkennen - als Wesensauftrag wieder erkennbar wird. 

Aber dazu müßte man die Bereitschaft haben, vom Faktischen der Weltzustände und Sprachgeflechte, in die wir (im Selbst) verwoben sind, loszulassen, diesen Schritt des Sterbens zu gehen. Sonst wird das Ahnen des Apokalyptischen, das sich heute stark (aber auch nicht einzigartig in der Geschichte, denn es ist und war immer ihr logischer Begleiter) ausweist, zur historischen Realität. Ohne Gewißheit der (realen) Gehaltenheit in Gott, im Sein, auf der Grundlage einer personalen Entscheidung (nicht also als Lehre oder Philosophie), ist ein Rückstieg (der nicht mit kultureller Auflösung gleichgesetzt werden darf! das verkennt völlig die Bedeutung der Geschichte, und damit auch des Antlitzes der Gegenwart!) aber nicht möglich.





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Mittwoch, 29. Januar 2014

Glaubt ihm dann einfach nicht

Wenn aber nun Kardinal Schönborn so tut, als ob alles nur eine Frage der Organisation sei, wo heute etwa die Menschen vielfach "Wahlpfarren" hätten, und zwar gerade die, die ihren Glauben ernstnähmen, und daß doch vor hundertfünfzig Jahren die Vielzahl von Pfarren einfach organisatorische Gründe hatte, in der Zunahme der Katholiken, wenn er uns noch gar erzählt, daß die Ehe damals und früher keineswegs selbstverständlich war, was doch seine Auswirkungen auf die Betrachtung der vielen haben müßte, die heute unverheiratet zusammenlebten, dann, ja dann - glaubt ihm nicht.

Dann redet er womöglich von ganz anderen Dingen, wie wir. Dann rudert hier nur jemand herum, das rechtfertigt, was nicht zu rechtfertigen ist: eigene Unfähigkeit oder Feigheit. Oder vielleicht ... macht er es sich einfach leicht, und redet einfach etwas schön(bornig)?

Denn zwar stimmt faktisch, daß vor hundertfünftzig Jahren viele der unteren Klassen nicht verheiratet waren, ehe also nicht "selbstverständlich" war. Aber nicht, weil es auch SO ging. Sondern weil so viele ihren Lebenstraum - Ehe, Familie - aus verschiedensten realen Gründen nicht verwirklichen konnten. Heiraten aber WOLLTE jeder. Denn dann fing sein Leben erst so richtig an, "etwas" zu werden, mehr zu werden als das tägliche Geschäft des Überlebens. Ob im hintersten Indianerdorf von Wyoming, oder in Unterpremstetten bei Graz.

Und wer sich nur am Rande mit Legitimitätsfragen der Vergangenheit, auch der weit vorschristlicher Art, befaßt, sieht, welche Bedeutung die Ehe immer hatte. Sodaß immer klar war, wo der wesentliche Unterschied, der Vorrang zum Unverheirateten lag. Um den Unterschied zu erkennen, frage man doch einfach einmal, wie all die Unverheirateten die Ehe - sähen? Als Lebenstraum, als Erfüllung? Dann weiß man, wo der Unterschied liegt.

Und genauso besteht ein Unterschied, ob eine natürliche Wohngegend aus Getauften, die "an sich Pfarre ist", zu wieder überschaubaren räumlichen Gestalten zerkleinert wird, wie im rasch wachsenden Wien des 19. Jhds., weil die Anzahl der Mitglieder eine gewisse Größe überschreitet, oder ob man den Pfarrbegriff überhaupt enträumlicht (!), also vom Raum trennt, und zu einer Kategorie der Pluralität und Beliebigkeit macht. Denn mit einem mal fehlt ihr dann das Wesentliche einer Pfarre, ja überhaupt einer Lebensgemeinschaft (und von "Gemeinschaft" redet Schönborn ja oft in dem Artikel).

Ihr fehlt das Eheliche. Denn Kirche ist ganz sicher nicht der plurale Ensemble aus Wahlgemeinden, wo eine sich mehr als Kirche fühlt (!) als die andere. Dann fehlt vielleicht den Bischöfen nur eines - die Kraft, der Mut, die Leitungsqualität, die Einheit herzustellen. Weil einer mehr zu X, ein anderer mehr zu Y hält, aber keiner zu Christus.

Es ist etwas fundamental anderes, Menschen ihren angestammten Wurzelraum mit Kirchenneubauten fruchtbarer zu machen, als Menschen dazu zwingen zu wollen, ihren Glauben, ihr Kirchesein vom Raum zu trennen, weil die "Funktion" einer Kirche ja irgendwie noch angeboten wird. Oder schafft die faktische Raumlosigkeit der Menschen doch eine ontologische?

So, wie ja das Zusammenleben ohne Trauschein auch scheinbar alle Funktionen einer Ehe erfüllt, nur halt (warum dann?) keine Ehe ist, leben wir halt morgen mit jemandem anderen zusammen?

Insofern hängt das alles vielleicht irgendwie sogar ... zusammen, hat die selben Wurzeln? Geht es dann überhaupt aber um "Barmherzigkeit"? Oder nicht um etwas ganz anderes?

Und das in einer Zeit, wo diese seltsame Konstruktion der "kategorialen Seelsorge", wie sie das 2. Vatikanum eingeführt hat, an allen Fronten ihre Untauglichkeit erweist, wie bei den Militärdiözesen, wie bei den Kalamitäten um die Priesterbruderschaft St. Pius X.?




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Wieviel ein Staat wert ist (3)

 Teil 3) Wieviel Gold als Währungsreserve 
haben also nun die Nationalbanken?




Warum hat man das gemacht? Weil man immer wußte, daß Gold nur einen sehr begrenzten "Wert an sich" hat. Würden die Staaten tatsächlich wahrmachen, was diese Posten in ihren Bilanzen ausdrücken, würde im selben Moment diese Möglichkeit quasi in Luft auflösen: Gold würde aufgrund des Überangebots ins Bodenlose stürzen, und nichts an der Rechnung stimmte mehr. Über die Sinnhaftigkeit von Goldreserven kann man also durchaus streiten, in jedem Fall ist sie nur dort gegeben, wo ihr Sinnerweis nur in sehr begrenztem Raum notwendig ist, ganz sicher nicht global. (Denn der Goldpreis lebt gewissermaßen von lokalen Unterschieden.)

Getragen wurde diese Manipulation des inneren Wertes natürlich von der Meinung der Bevölkerung. Denn den Mythos "Gold = Geld" zu stärken war schon deshalb im Interesse der Politik. Einerseits haben die Menschen ihr erspartes Geld, ihr Privatvermögen, dem Markt entzogen. Denn Gold ist totes Kapital. Anderseits hat die hohe Nachfrage nach Gold den finanziellen Spielraum der Staatshaushalte um die eine oder andere Milliarde noch und noch erhöht. Die Nationalbanken haben kräftige Gewinne gemacht, und diese Gewinne statutengemäß dem Staat überwiesen. Dessen Lenker dankbar aufstöhnten und zustimmend die Tüchtigkeit des  Gouverneurs der Gelder mit Orden und kleinen Aufmerksamkeiten belohnten.

Der Einbruch des Goldpreises hat nun freilich eine gewisse Peinlichkeit eintreten lassen. Ein Drittel dieser Bilanzaktiven (="Währungsreserven") hat sich nämlich nur in den letzten beiden Jahren in Luft aufgelöst, der Goldpreis hat sich derzeit um die 1200 Dollar eingependelt. Und der Verfasser dieser Zeilen hält jene Einschätzungen für realistisch, die von einem weiteren Potential der Rückfundierung in Realität von rund 25 % sprechen. Das hat mit Produktionskapazitäten und realer, überhaupt seinen Wert begründender Nachfrage von Gold als Ware zu tun. 

Anders kann man das ja nicht bezeichnen, denn hohe Goldpreise sind nur in einer an sich überdotierten, gelangweilten Gesellschaft möglich, die Zeit und Möglichkeit hat, sich ins Spiel der Hysterie zu verlieren. Wer beide Hände voll hat, zu tun hat zu überleben, hat für solche Spirifenzen keinen Sinn.

Wieviel Gold als Währungsreserve haben also nun die Nationalbanken? 

Das kann niemand wirklich sagen, werte Herrschaften. Und es ist im übrigen (fast) belanglos. Es ist und bleibt nämlich eine reine Bewertungsfrage, und damit eine Frage die vom Insgesamt der Wirtschaft nicht zu lösen ist. In Hochzeiten ist alles viel wert, in schlechten Zeiten - nichts, das sich in Geld ausdrücken läßt.

Und es ist und bleibt eine reine Frage der Tagespolitik. Und damit eine Frage, wie man die Entwicklung der Weltwirtschaft sieht, die für die Politik fast auschließlich als monetäres, über Steuern und Abgaben zu benutzendes Vehikel darstellt. Sie als weitere quantitative Steigerung zu sehen ist aber, dessen sei der Leser versichert, keineswegs eine Frage von "Tatsachen", sondern eine Notwendigkeit der Politik.

Diese Rückzahlungen, s.o., sind damit Teil des "Budgetlochs", das sich nach der Wahl im letzten Herbst in Österreich auftat. Als man einfach die Bewertung der Zukunft wieder veränderte. Denn die optimistischen Prognosen der Vorwahlzeit hätten sich in der Notwendigkeiten der nächsten Jahre als Bumerang erwiesen. Man hätte nun ein Versagen erklären müssen, das doch "nie eines war", denn man hat in Wahrheit gar nichts anders gemacht. Man hat nur die Bewertung verändert.


Morgen Teil 4) Es gibt kein reales Wirtschaften ohne Transzendenz - 
weil Transzendenz Ursprung der Realität ist




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Bibliothek


Kloster Novarice (Cs)






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Dienstag, 28. Januar 2014

Ein (grotesker) Nachruf

Nun ist er also gestorben. Kurt Krenn, geboren 1936, starb vergangenen Samstag im 78. Lebensjahr. Bemerkenswert die Zurückhaltung der Presse, und das ist wohl das Erfreulichste daran. Er steht vor seinem Schöpfer, und der beurteilt ihn als Mensch. Niemand sonst.

Aber immer noch hat der Verfasser dieser Zeilen den Eindruck, daß die Sache um seine Absetzung 2004 in einem Dunkel der Vermutungen gelandet ist. Die zu allerlei Dolchstoßlegenden Anlaß gibt. Eine davon ist die, daß Krenn immer mutig die Wahrheit verteidigt und verkündet habe, und deshalb sei er dem Bösen zum Opfer gefallen.

Das stimmt nicht. Das ist einfach nicht richtig. Und es macht umso mehr staunen, als der Träger dieser Entscheidung, der Papst (der nun sogar als "Heiliger" erkannt wird, schon vergessen?) höchstpersönlich, damit auf eine Weise in Frage gestellt wird, die gerade die Verkünder dieser Dolchstoßlegenden eigentlich explizit umgekehrt behaupten, weil „papsttreu“ an ihren Fahnen bleckt. Krenn hat, um es anzudeuten, schlicht als Bischof versagt, nicht regiert, und schließlich auf groteske Weise gar nicht mehr regiert.

Selbst an sich so deutliche Wortmeldungen, wie der seinerzeit vom Verfasser dieser Zeilen übersetzte, und vielfach veröffentlichte Artikel "Consvervative bishops - liberal results" können das gar nicht in Worte fassen, worum es da geht.

Krenn wurde NICHT abgesetzt, weil er die Wahrheit verteidigt hat. (Was im übrigen eine Zumutung so vielen anderen Bischöfen und Priestern gegenüber ist, dies so zu behaupten.) Und wenn es noch so viele glauben wollen. Er wurde wegen seiner konkreten Amtsführung abgesetzt, mit (manchmal geradezu grotesken) Details, über die zu schweigen die Diskretion, der Respekt vor der Person eines jeden gebietet. Es gab nicht „keine öffentlich bekanntgewordenen Gründe“, weil es keine gab, sondern weil man darüber aus Anstand schweigt. Aus einem Anstand, mit dem noch nach seiner Absetzung so mancher spielte, wie es ebe zu diesem Charaktertypus gehörte, der sich gerne der Stuation bediente. Was ans Tageslicht kam, über diesen seltsamen „Skandal“ im Priesterseminar, war deshalb nur Symptom, aber nicht einmal wirklich Grund, und nicht einmal wirklich Anlaß.

Aber Krenn war etwas anderes. Und deshalb, genau deshalb tun sich so viele schwer, ihn einzuordnen, irren darin oft so gewaltig, und genau deshalb bedauert nun sogar ein Dieter Chmelar im Kurier die ganze Geschichte, indem er von einem Gespräch mit dem ORF-Moderator Alfons Haider nach dessen Outing als Homosexueller 1997 erzählt. Krenn paßte wie die Faust aufs Auge auf den zweitwirklichen Katholizismus, der sich gerade in den letzten Jahren und Jahrzehnten gebildet hat, und der sich selber sogar gerne „konservativ“ nennt.Und er paßte deshalb wie die Faust aufs Auge auf die Homosexuellen-Charakteristik.

Der sich im Ondulieren von Wortkoteletten sein Tätigkeitsfeld sieht. Weil ihm das wahre, das ontologische Tätigkeitsfeld nämlich fehlt. Krenn ist deshalb auch ohne  "Erneuerungsbewegungen der katholischen Kirche“, die in Wahrheit fast ausnahmslos den vollzogenen Einbruch des Protestantismus in das Katholische bedeuten, nicht zu verstehen. Gerade in dem, was an ihm so „wohltuend“ gelobt wird, in seiner Noncharlance, seiner Leutseligkeit, seiner ... Formlosigkeit ... für die zu loben manche nicht genug kriegen können. Und die darin recht haben. Krenn war keinesfalls ein Freund der Gestalt, der Form, er war ein formloser, rationalistischer Funktionalist, er war ein Mensch der Zweitwirklichkeit, der - fast zufällig! Und als Mensch, der Karriere nicht gerade verachtete, weshalb aus seinem Freundeskreis (und das heißt immer, auch hier, Karriereseilschaft) so manche Figuren herausragen, die sich bei näherem Hinsehen höchst seltsam im Bild des „Verteidigers der Wahrheit“ ausmachen - in eine Situation geriet, die ihm die Möglichkeit zu einem gewaltigen Wortspektakel lieferte. Er bediente geschickt, und mit großer Intelligenz, die aber nicht immer Klugheit, und schon gar nicht „Weisheit“ bedeutet, dieses Kasperltheater. Das Wissen darum, wie man "richtig spricht", macht noch lange keine "Wahrheit" aus.

Es gehört zum Wesensbild solcher Menschen, genau zu wissen, was "katholisch" bedeutet, und es exakt als mögliche Position einnehmen zu können. Verbal. In sich natürlich völlig logisch. Manchmal auch gestisch. Krenn hat nie real mit der Wirklichkeit gerechnet. Krenn hat deshalb auch nie etwas (und nicht einmal, und das ist doch erstaunlich: wissenschaftlich) publiziert, auch das sah nur so aus als hätte er, andere haben es eigentlich getan - das hätte nämlich etwas anderem bedurft ... Krenn hat einfach bekannte Melodien auf der Orgel gespielt, und damit ... "bedient".

Die eigentlichen Opfer von Krenn sind deshalb gar nicht jene, die sich auch in "verzeihenden" Nachrufen als solche darstellen.  Die bleiben was sie sind - widerliche Nichtse, die gerade wieder einmal die Chance haben, sich als Etwasse vorzugaukeln. Die eigentlichen Opfer von Krenn sind ... weitgehend unbekannt. Und nach wie vor weigern sich sämtliche beteiligten Seiten, sie zur Kenntnis zu nehmen. Die eigentlichen Opfer waren die ... Schöpferischen. Die mit der Wirklichkeit auch umzugehen wußten, sie nicht nur verbal vorschützten.

Frage sich doch der Leser dieser Zeilen selbst einmal, warum gerade die hervorragendsten Priester der Diözese, gerade jene mit Menschenkenntnis, mit Sinn für Realität, damals, die gab es, die gibt es, nach ersten Kontakten weitere Nähe zum Bischof oder gar Ämter ... vermieden haben. Gar manche sogar kamen von auswärts, angelockt von den Worten, mit so manchen Versprechungen angezuckert, und gingen, ernüchtert ob der Realität; nicht besehen manche, die sich daraufhin sogar gegen Krenn absicherten, auch wenn sie als "seine Partei" galten, aber darüber nie viel redeten. (Namen sollen in derselben Diskretion, deren sich jene bedienten, verschwiegen bleiben.)

Ämter erhielten ohnehin andere. Diskretion auch hier. Wenn auch nicht ganz klagelos. Letztlich wurde das ja der mediengerchte Anlaß zum Sturz - in dem Krenn sich nur selbst gestürzt hatte.

Viele, die ihn von früher kannten, haben es ja schon während seiner Amtszeit nicht verstanden, daß er angefeindet, und vor allem: daß er als „konservativ“ angefeindet wurde. Von früher her hätten sie das bei ihm gar nie vermutet, ihn nie so eingeschätzt. Und wer ihn da so sah, bei einer Pfarrvisitation etwa, wie er beim fünften Bier unter den Leuten auf den Bierbänken saß, hätte alles sonst sowieso nie vermutet.  Dem wurde er nur irgendwie ... eigentümlich, sagt man so? Das "leutselig", mit dem sie es in der (seltenen, sehr diskreten) Erzählung bedachten, erhielt dann bald so eine eigene Note.

Aber Krenn bot die perfekte Antinomie für die Seinslosigkeit der Linkskatholiken, die in Wahrheit gar keine Katholiken sind. Er spielte exakt auf deren Ebene. Er bot ihnen jene rein verbalen Scheinkonflikte, die sie benötigen, um darin ihre Scheintheorien auszuwickeln und zu präsentieren.

Ist nie jemandem aufgefallen, wie viele ehemalige Protestanten, "Konvertiten", unter seinen "Verteidigern" waren? Weiß so mancher, der Krenn heute wie damals frank und frei zum "Märtyrer der Wahrheit" erklärt hat, wie die eigentümlich zurückhaltende Haltung des vormaligen Präfekten der Glaubenskongregation, nachmaligen Papstes Benedikt XVI., Gallionsfigur der Glaubenstreue, zu Krenn zu begründen wäre (sieht man von manchen kolportierten, aber im Original nicht nachweisbaren Zitaten ab)? (Getratsche diverser seiner Vorzimmerdamen sollen hier außen vor bleiben.)

War das alles, rund um Krenn, wirklich so einfach eine Sache zwischen Wahrheit und Unwahrheit? Zwischen Glaube und Unglaube? Oder läuft der Bruch in der Kirche, den es zweifellos gibt, nicht ganz woanders? Und zwar wirklich: GANZ woanders, wo er bis heute nicht wahrgenommen wird? Ja, was wäre, wenn Bischof Krenn überhaupt der Sache der Wahrheit geschadet hätte, indem er eine Spur legte, die ganz seltsam im Nirgendwo endete, der aber viele nachgelaufen sind?

Wir wissen es nicht endgültig. Gott weiß es. Wir wissen nur manches.

Etwa daß das, was sich da überhaupt in St. Pölten abspielte, war von Anfang mit Sicherheit an ein Theater der Zweitwirklichkeit war. Die eine gerade für die vielen braven Katholiken, die es in der Diözese St. Pölten gab (und gibt), eine seltsame Folge hatte - die Wahrheit mit Unwirklichkeit zu identifizieren. Die Menschen in der Diözese - der Verfasser beruft sich auf eigene Beobachtung und Erfahrung, er war gerade in dieser Zeit sehr viel in vielen Pfarren vor Ort, hat mit vielen Pfarrern gesprochen: Ursprünglich war die überwältigende Mehrheit "für" ihn, aber sie war bald irritiert, und die Stimmung kippte binnen weniger Monate - haben sich schließlich von ihm abgewandt, weil sie (unbewußt) gemerkt haben: da ist eine eigentümliche Leere, eine Kluft zwischen Worten und Taten. Da ist etwas Unwirkliches an ihm. Es geht um die wirkliche Wirklichkeit selbst, nicht um diesen seltsamen Scheinkonflikt, auf den alles gehoben wurde. Krenn handelt wie jemand, der den anderen in die Schizoidität führen will. Wo Wortwelt und Behauptung mit sinnlich wahrgenommener Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Chmelar bejubelt GENAU DAS.

Es geht und ging nicht einmal - ja, mancher möge da staunen - um die richtigen „Worte“. Es geht um weit mehr. Denn das Wort ist Fleisch geworden, es ist fleischgewordene Wirklichkeit, nicht schizoider Logizismus, der Gestalten simuliert. Zwischen Wirklichkeit und „expressiver, wörtlicher, logischer Wahrheit“ klaffte bei Krenn ein riesiger Abstand. Sein reales Handeln war deshalb völlig anders, ja geradezu das Gegenteil von dem, als es sein von der Presse gierig aufgesogener Mund verkündet hat, der ja nie etwas anderes als Wortwirklichkeit sucht. Denn Journalismus gibt es heute gar nicht mehr. Nur noch Wortspeiertum, Wortsimulanten, als Riege von Masturbanten. 

Es gab immer wieder Leute, die sich als "Opfer" von Krenn darstellten, die das überhaupt nie waren, für die aber diese Gesamtsituation höchst willkommene "Rechtfertigung", ja die Einordnung in einen Gesamtzusammenhang von "Wichtigkeit" lieferte.

Das alles stößt in einer Situation wie heute, wo Zweitwirklichkeit zum despotischen Ungeheuer wurde und wird, oft an Grenzen des Sagbaren. Da helfen oft keine Worte mehr. Da ist nur … Gewißheit, so wenig die sagbar ist. Gerade Menschen mit klarem Kopf, die der Verfasser dieser Zeilen selten aber doch gefunden hat, haben diese komplexen, schizoiden Situationen erkannt, und sich abgewandt. Still, leise, diskret in den allermeisten Fällen, so wenige es gab. Denn Krenn war natürlich Anziehungspunkt gerade für so manche Scheinfrommen, denen er gern gesehener, gesuchter Lieferant von Gewißheiten in ihren starren Gebäuden des Scheins war.

Oh nein, hier soll nicht jemandem ins Grab nachgespuckt werden. Bischof Krenn möge in Frieden ruhen. Gebet für jemanden heißt ja gerade, ihn aus seiner Position „zu entlassen“, nicht bannen zu „wollen“, was er (irgendwie) war. Hier soll nur auf etwas hingewiesen werden, das jetzt wie damals als Problem noch immer der klaren Rezeption harrt, in der heutigen gemeiniglichen Form von "öffentlichen Meinungen" aber gar nie auftauchen wird, weil es im Wesen ganz anders liegt, auf Medienebene, auf Ebene der Natur eine Bildschirmtextes (etc.) gar nie abgehandelt werden kann. 

Das aber auf eine völlig andere Weise, als so vielfach geglaubt, tatsächlich zu einem Prüfstein der Wahrheit wurde. Wie oft schon hier gesagt: Das Kriterium der Lüge ist nicht die verbal nicht deckungsgleiche Wortlandschaft. Es ist ... Fleisch. WIRKLICH.

Könnte es also nicht sein, daß seinerzeit, die "Sache mit Krenn", so ganz anders war, als sie bis heute in der Öffentlichkeit abgespielt wird? Daß Krenn über etwas gefallen ist, was in der gesamten Diskussion überhaupt nicht vorkam - weil es Kriterien der Wirklichkeit betraf?

Gott kennt alles. Auch alles, was sich hier abgespielt hat. Er ist der gerechte Richter. Weil er das Sein ist. Kurt Krenn möge einen barmherzigen Richter finden. Eine Hoffnung, die uns alle und immer bewegen sollte.




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Hier zuerst (2)

 Teil 2) Austreibung der Guten





Aber so teilen sich die Nieten weiterhin und noch ungehemmter die Macht, und wachen eifersüchtig darüber, daß sie ihnen nicht entgleitet, daß das System noch irgendwie weiter besteht, und vor allem: Daß sie niemanden in ihrer Nähe haben, der ihnen schon durch seine Präsenz Gewissensstachel ist. Das beginnt im Kleinsten und Alltäglichsten, in den Liturgieausschüssen der Pfarrgemeinderäte, die noch mehr happy-peppi-Guitarrengejaule installieren, obwohl ohnehin schon jetzt niemand kommt oder gar mitsingt, den Faschingskommittees, oder dem Pfarrkirchenrat, der saft- und kraftlos das Kirchenjubiläum organisiert. Denn das Lebensprinzip der Kirche ist das Allerkleinste, nur dort fließt ihr Blut, aus dem sie lebt, und dort ist ihr Größtes, ihr Schatz. So drückt sich im Großen, wie nun im Weltbild-Desaster, nur noch aus, wo die Kirche nach und nach alle Ihre Institutionen, die so mühsam aufgebaut waren, verliert und aus der Hand gibt.

Weil kein "Guter" mehr nach oben kommt. (Und die Gnade folgt der Natur.) Wer noch einen letzten Rest Vernunft und Anstand bewahrt hat, meidet solche Machtkämpfe, deren Natur ihm so klar ist. Der Kirche sind deshalb die Schichten der Vernünftigen - der Intellektuellen, der Bodenständigen, der Hausverständigen, der Realisten mit klarem Blick für Wirklichkeiten, wie Unternehmer und Handwerker etwa - abhanden gekommen, ja sie hat sie vertrieben. 

So ist es zwar überall. Diese Schichten sind die primären Opfer der gegenwärtigen Gesellschaftsverdunstung, Opfer schon deshalb, weil sie die sind, auf deren Schultern alles ruht. Aber so ist es auch und zuerst in der Kirche, die sich zum faden, schalen, feuer- und salzlosen und vor allem kreuzesscheuen Ramschladen ausgedünnt hat, der Trägheit, Feigheit und Schmarotzertum zum Liebesakt umdeutet. Geist wird in der Kirche regelrecht vertrieben. Dankbar jubelt man lieber jenen zu, die gar verkünden, daß es das ja gar nicht braucht, Hauptsache man schafft noch irgendwelche subjektiven Gefühle und Suhlstätten, die sparen jede Mühe, die Geist, die Denken nämlich bedeuten würde. 

Egal auf welchem gesellschaftlichen Gebiet - die Kirche hat nichts mehr zu sagen. Zu nichts mehr! Als ginge sie das alles nichts an. Als würden im "normalen Leben" andere Gesetze gelten, als die geistigen und ersten Gesetze der Welt, um die sie ja weiß (oder: wissen müßte) wie sonst niemand. 

Man staunt stattdessen nur noch, "was es nicht alles heute gibt". Obwohl NUR und vor allem sie etwas zu sagen HÄTTE. Ganz konkret. In der Wirtschaft. In der Frage der Schulen. In der Wissenschaft. In der Familie. In der Politik. Ja wo denn NICHT, weil doch in allem das Anteil am Sein hat - also IST - die Grundfrage Gott ist?! Ja, das alles sind ja nur deshalb "autonome Dinge" geworden, WEIL sie aufgegeben, aus dem großen Gesamt herausgelöst wurden, und seither taumeln wie ein Kreisel, der irgendwann ausläuft, wenn er die letzte Erinnerung an seinen Ursprung verliert. 

Stattdessen begleitet sie den Verfall nur noch, und vergrößert die allgemeine Verzweiflung, die schon so tief sitzt, in der alles was heute passiert nur noch ein wildes Herumschlagen, ein Suchen nach Halt ist. Den sie aber damit verweigert.

Zuerst. Nicht weil es anderswo so war. Als Täter, als Handelnde, als Mitgestaltende. Es ist die Religion, es ist sogar mehr: es ist der Glaube (!) als Prinzip des Erkennens und damit des Urteilens und Handelns, der einer Gesellschaft den Boden gibt. Nicht umgekehrt.

Selbst Wirtschaftsbetriebe entstehen nicht - nicht dort, wo sie auch bleiben, wo sie Substanz haben - weil man damit simpel Gewinne machen und Geld scheffeln will. Gewinn ist nur ein (und darin freilich: der) Signifikant für das Leben eines Organismus, nicht mehr. Kein Unternehmer hat es je geschafft, ein Unternehmen aufzubauen, das nicht zuerst (!) von einem Sendungsauftrag erfüllt gewesen wäre. Einer sehr abstrakten, gestalterischen Aufgabe sogar, der es von seinen Initiatoren geweiht ist und die auch schlimmste Zeiten und das Blut des Beginnens durchstehen läßt. Wo aber das Leben, die Seele weicht, weichen auch die Gewinne. Keine Funktion, keine Umorganisation, kein Marketingkonzept vermag das noch zu retten. DAMIT weil naturgesetzhaft fällt etwas wieder zurück ins Nichts.





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Wieviel ein Staat wert ist (2)

Teil 2) Wie man Goldvorräte vervielfacht - am Beispiel Schweiz




Eine der Ambivalenz dieser Kriterien zeigt sich nun am Beispiel der Schweiz. Die dortige Nationalbank vermeldet für 2013 nämlich einen Verlust von 7 Milliarden Euro. Dieser sei ausschließlich auf den Absturz des Goldpreises zurückzuführen, wird (glaubwürdig) versichert.

Daß solche Meldungen zum einen überhaupt auftauchen, ist der Schweiz zu verdanken, denn in Österreich und Deutschland "spricht man lieber nicht davon". Denn was ist in den letzten Jahren passiert?

Man hat die Goldvorräte schlicht und ergreifend - anders bewertet. Das war möglich, weil sich gerade seit der Weltfinanzkrise 2007/08 hier der Bedarf nach enormen zusätzlichen Aktiven ergeben hat, der die enormen Anstiege von Staatschulden in den Haushalten noch darstellbar macht. Da ist dann eines Tages ein findiger Sektionsleiter, gerade frisch von der Genfer International Business School, ins Büro des Direktors gestolpert, um ihm eine "tolle Idee" vorzustellen: Wie man die Währungsreserven vervielfacht, und sie nach wie vor als "Goldbedeckung" betrachten kann.

Bis vor einigen Jahren wurde Gold, das die Nationalbanken als Aktiva hielt, weltweit zu einem im Vergleich zu tatsächlich beobachtbaren Marktpreis von Gold lächerlichen Wert in den Bilanzen (Haushaltsbudgets) bewertet. Nur marode Staaten sind davon abgewichen, aber da wußte man ohnehin: das tun nur marode Staaten, und hat es entsprechend beim Lesen der Bilanzen, bei der Bewertung der Rückzahlkraft eines Landes, mit eingepreist. Mit der Finanzkrise aber sind nach und nach viele, ja die meisten der Staaten weltweit auf die findige Idee des Harvard-Absolventen umgestiegen.

Mit einem male wurde "umgestellt". Mit einem male wurde das Gold zum "Verkehrswert" in die Bilanzen gestellt. So auch in der österreichischen Nationalbank. Und niemand hat es gemerkt! Warum? Weil auf der einen Seite reales Gold verkauft wurde. Das hat wohlgelittene Milliarden für die Haushalte locker gemacht, sei es um verdeckte Schulden abzudecken, sei es um weitere Schulden zu vermeiden, ohne die Politik ändern zu müssen. 

Die größten Profiteure an der Goldhysterie der letzten Jahre sind überall - die Nationalbanken, und über sie die Staaten. Und sie wissen auch, daß sie darüber besser schweigen, denn weil Gold ein psychologischer Faktor (und kaum mehr) ist, etwas wie ein Schlüsselreiz sozusagen, tastet man es besser gar nicht an. Aber die Herren mit den manikürten Fingern hinter den schalldichten, schweren Doppelflügeltüren der denkmalgeschützten Bankgebäude  haben sich einen Ast abgefreut, denn die hohen Goldpreise haben kräftige bilanzielle Gewinne und damit Liquiditäten ermöglicht, ohne einen Finger zu rühren, gewissermaßen, und der Politik ein hübsches Körberlgeld eingebracht, über "Ausschüttungen" und "Dividenden" (die nun in der Schweiz natürlich mal wegfallen, also zurückgezahlt werden müssen), über das sie auch besser schwieg. (Gewinne von Nationalbanken sind freilich immer gewesene oder zukünftige Belastungen der Realwirtschaft, aber darüber redet man schon gar nicht.) 

Wies die Nationalbank zuvor 50 Milliarden in ihren Bilanzen aus (eine Hausnummer), so auch  nachher. Verändert hat sich nur eines: Statt zuvor 200 Tonnen, lagen nur noch 20 im Keller. Real. Natürlich auch das: eine Hausnummer, doch dürfte das Größenverhältnis etwa für Österreich ziemlich hinkommen. Der Rest war einfach verkauft worden, als der Goldpreis hoch war, und das hat man auch da und dort, verschämt, klein, auch wirklich lesen können.

Die Nachfrage war ja hoch, das Reservoir der Golddeppen weltweit schier unerschöpflich, und die Staaten haben stillschweigend und in gar nicht geringem Ausmaß zur "Stabilisierung" der Staatshaushalte, die sich ja im buchhalterischen Überweisen zusätzlicher Geldmengen gegenseitig überboten, Gold heranziehen können. Immerhin betrugen die Goldreserven auch nach diesen geringen Bewertungspreisen nach wie vor je nach Staat in Europa 10 oder gar 30 % der Geldumläufte. Dem Wert nach.




 Morgen Teil 3) Wieviel Gold als Währungsreserve 
haben also nun die Nationalbanken?




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Montag, 27. Januar 2014

Wie wir leben

Pferderennbahn Baden Baden 1979


Gesehen auf everyday_i_show





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Hier zuerst (1)

Profillos, seelenlos, konturenlos - so lauten allerorten die Urteile über den nunmehr zur Insolvenz angemeldeten Weltbild-Verlagsgruppe, die im Besitz der Katholischen Kirche steht bzw. stand. In allem zu spät, in nichts pointiert genug, ein Ramschladen, den eigentlich niemand brauchte. Mit einem Umsatz von 1,6 Mrd. Euro. Amazon macht im selben Verkaufsgebiet kaum mehr Umsatz (und übrigens auch keinen Gewinn, das nur so nebenbei.)

Der Rheinische Merkur, einst Flaggschiff katholisch intellektuellen Milieus, wurde eingestellt bzw. verkauft. Zahllose Publikationen der Kirche erleiden dasselbe Schicksal. Oder siechen mit minimalen Auflagen dahin, man denke an das früher so relevante Blatt "Die Furche". Für alle gilt dasselbe Urteil: Farblos, profillos, seelenlos, langweilig.

Nach wie vor besitzt die Kirche große Medienkonzerne. Styria in Graz hält nach wie vor maßgebliche Anteile an den größten österreichischen Tages- und Wochenzeitungen, die sie sich mit Raiffeisen teilt. Tellux in Deutschland und Österreich etwa ist einer der größten Hersteller von TV-Produkten. Von all den diözesanen Blättern und Verlagshäusern gar nicht zu reden. Das Niederösterreichische Pressehaus in St. Pölten etwa, mit der größten Regionalzeitung Niederösterreichs, den NÖN. Oder man denke an all die wirklich unzähligen Kirchenzeitungen und -blätter, Ordensmagazine, Blätter von Sondergemeinschaften und Orden.

Und für sie alle gilt dasselbe ... profillos, langweilig, seelenlos. 

Kann die Kirche nicht wirtschaften? Ist das alles aber überhaupt eine Frage von ökonomischer Fähigkeit? Wäre Weltbild mit anderem, marktorientiertem Management zu retten, man hätte nur das Sortiment umstellen, bereinigen, Vertriebswege stärken oder was auch immer ändern müssen?

In Wahrheit drückt sich hier nur etwas aus, das für die gesamte Kirche* gilt. sie hat sich aus dem geistigen Diskurs der Öffentlichkeit ausgeklinkt. Was immer sie zu liefern hat ist von derselben Krankheit gezeichnet - der Selbstschwäche, der Selbstauslöschung, der Selbstverweigerung, der Verschleierung. In dem Film "Der einzige Zeuge" wirft Harrison Ford seinem korrupten Polizeichef dessen ehemals eigenen Grundsatz entgegen: "Du hast die Bedeutung verloren."

Selbst wer offizielle theologische Veranstaltungen, auch an Universitäten und katholischen Hochschulen besucht und hört, kann nur denselben Eindruck gewinnen.  Auch hier - dieselben Leute, dieselben Wichtigmacher, die zur Lehre machen, was ihr Versagen nur rechtfertigen soll. Lehre, geistiger Inhalt wird - wie bei Luther oder Calvin - zur bloßen rationalistischen, rhetorischen Argumentation.

Dabei geht es nicht um "Moral", dabei geht es nicht um deren Aufweichung. Das Phänomen ist viel umfassender.

Es ist eine Krankheit, die die Kirche zutiefst und bis in ihre letzten Institutionsvertreter angegriffen hat. Und es ist eine Krankheit des Selbstseins. Nichts deutet darauf hin, daß sich das bald ändern könnte. Denn längst macht die Kirche dasselbe wie in den deutschsprachigen Ländern passiert: Sie vertreibt die Guten, die Qualität. Übrig bleiben schwache, inkompetente Mitarbeiter, die von einer Fehlentscheidung zur nächsten tappen, und ihre Leere höchstens ab und zu mit der (meist bloß politically korrekten) Wischiwaschi-Moral aufzufetten meinen. 

Häufig sehen sie gar nicht, auf welchem Abstellgleich sie bereits stehen. Oder schieben es auf "gesellschaftliche Entwicklungen", denen sie eben zum Opfer fallen, es sei nicht zeitgemäß zu glauben, etc. Und sind zufrieden damit, daß die gleichfalls ins Nichts der Irrelevanz und Inkompetenz verdampfende Elite nach wie vor die offiziellen Institutionen besetzt hält, und sich dann Versager untereinander Orden und Anerkennung zuschieben. Die sie zwar "hätten", aber nicht mehr haben.

Aber nicht nur die Hoffnung so mancher Bischöfe und Kardinäle und Päpste gar stimmt nicht, und zwar ganz und gar nicht. Was immer als Gegenrezept auftaucht, verstärkt sogar noch mehr den Rückzug der Kirche ins Virtuelle von Sekten und Sondergemeinschaften, ja Kardinäle trösten sich gar damit, daß es solche zurückgezogenen Sondergemeinschaften gibt, auf denen angeblich die Hoffnung der Kirche ruhe. Auch das ist ein fataler Irrtum. Denn auch wenn die Kirche über sich selbst den Schleier der Unsichtbarkeit gebreitet hat, so bleibt sie relevantester Faktor gesellschaftlicher Entwicklung. Als Täter, als Handelnde - nicht als Opfer. 

Die schon von weitem die weißen Fahnen hochreißt und Brot und Salz entgegenträgt, egal wer da kommt. Weil sie jeden, wirklich jeden (geistigen) Kampf der Gegenwart vermeidet und sogar fürchtet. Das wesentliche Merkmal von Umstürzen, historisch aufweisbar, ist aber nicht der Umsturzwille anderer - sondern der Mangel an positiver Kraft zum Selbstsein. Der erst jenen Mangel entstehen läßt, aus dem Gegenkräfte aufstehen, die meist nichts anderes sind als Notwehrreaktionen, um Lücken im psychosozialen und institutionellen Umfeld zu füllen. Luthers Reformation ist genau so am allerbesten zu verstehen.

Das ist der Boden der Unzufriedenheit, auf dem die Bevölkerung längst schon sitzt. Denn alle spüren und wissen - siehe Weltbild - daß da etwas nicht stimmt. Daß das alles Schwaden von Verwesungsgestank sind, die sich noch zeigen, und die man meidet. Auch in der Pfarre, wo man dieselbe Wischiwaschi-Liturgie, die solches nach allem natürlichen Empfinden und Wahrnehmen meist ist, längst meidet. So wenden sie sich angewidert ab. 




Morgen Teil 2) Austreibung der Guten


*Es ist von großer Wichtigkeit, hier den Kirchenbegriff als "Gemeinschaft aller Getauften" zu definieren, die aus demselben Prinzip (dem persönlichen Gott Jesus Christus als Haupt) als Leib existiert. Keineswegs kann gemeint sein, daß damit das gesamte konkrete gesellschaftliche Leben in die Hände von Prälaten gelegt werden soll, so als bestünde die Kirche nur aus Klerikern. Aber diese sind die "Samenspender", diese sind die Weitergeber des alles Konkrete duchdringenden und auch die natürliche Welt erhellenden, in ein (höheres, weiteres, anderes) Ganzes stellenden Geistes, der wiederum alles Konkrete verwandelt. Alles menschliche Form, alle Kultur geht vom KULT aus, und trägt seine innerste Struktur. Als Beispiel: Man erkennt am Gesicht, an der Gestalt, an den Bewegungen eines Menschen, von welchem Geist er befeuert wird. Noch vor wenigen Jahrzehnten erkannte man etwa Priester, ja überhaupt Katholiken an ihrem Gesicht. Oder, umgekehrt, wer durch den Wohnort des Verfassers dieser Zeilen streift, erkennt manchmal ehemalige Kommunisten gleichfalls an ihrem Gesicht. Es ist die Art, die Dinge zu sehen und zu tun, die den Geist zeigt. Und das drückt sich natürlich auch in jenen "muskulären" Spannungen aus, die eine Physiognomie formen.




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Wieviel ein Staat wert ist (1)

Daß eine Bilanz keineswegs das "tatsächliche" Wertgefüge eines Unternehmens oder einer Institution, die unternehmerisch geführt wird, darstellt, mag den Laien überraschen, ist aber eine der spannendsten Fragen des praktischen Wirtschaftens. Wie hoch der tatsächliche Wert von Anlagen, Aktiven, Forderungen oder auch Verbindlichkeiten oder zukünftigen Verbindlichkeiten liegt, ist aber immer eine Frage von Einschätzungen vor allem künftiger Entwicklungen. Und eines der problematischesten Kriterien unternehmerischer Verantwortung. Der Verfasser dieser Zeilen hatte selbst viele Jahre mit solchen Fragen zu tun.

Ob eine Forderung dies oder das noch wert ist, ob nicht diese 300 Stunden, die Mitarbeiter damit verbracht haben, über die Papiervorräte im Hof ein Dach zu basteln, nicht doch eine Investition darstellen - also keine gewinnmindernden Kosten - weil das Dach ja nun steht, und wie viel es dann wert ist (Verkaufs- oder Einkaufspreise?), ob Rückstellungen für mögliche schlagendwerdende Risken aufgelöst oder erhöht werden müssen. Und nicht erst ein unternehmen hat seine Bilanz "gerettet", nicht erst ein Unternehmer sich den Kadi erspart, weil Produktion auf Lager, entsprechend bewertet, Aktiva geschaffen haben. Und nicht erst ein Politiker hat seine Karriere gerettet, weil er sich auf Bewertungen beziehen konnte die seinen Entscheidungen zugrundelagen, die "anzuerkennen" waren, weil von "Fachleuten" erstellt. Die es ja "wissen müssen".

Wer mit Bilanzen je zu tun hatte weiß, wie umfangreich und komplex das Gebiet ist, wo eins mit dem anderen zusammenhängt. Weil es sohin ein alles andere als mit mathematischer Präzision zu ermessendes Land ist, kann sich ein Gesamtbild ergeben, das wiewohl im Einzelnen scheinbar präzise und verantwortlich erstellt, im Ganzen völlig falsch liegt. Wie überall gilt auch hier: Mit nichts läßt sich so schön lügen, wie mit "Fakten".

Vor allem wenn die Frage um Überschuldung auftaucht, wenn also die Passiva die Aktiva überwiegen, wird diese Bewertungstätigkeit wichtig und entscheidend weil zukunftsabhängig. Und das ist nicht einmal einfach eine Frage von "Gewinn oder Verlust" in den eigentlichen Unternehmenszwecken, dem Agieren auf den Märkten. Nicht selten agieren Unternehmen operativ mit Erfolg, krepieren aber an falschen Einschätzungen von Werten.

Es wird unter anderem transparent, wenn es darum geht in Zeitungen zu lesen, wieviele Millionen oder Milliarden jemand als "Vermögen" besitzt. Das Beispiel des argentinischen  Milliardärs Battista, der binnen weniger Monate von einem der reichsten Männer der Welt bestenfalls noch zum Millionär absank, hat im Vorjahr ja die Runde gemacht. Eine Veränderung der Bewertungskriterien hat plötzlich ergeben, daß seine Milliarden gar keine mehr waren. Und wenn kein Mensch plötzlich noch Windows verwendet, und das Internet plötzlich auf das reduziert wird was es ist, sein normenbildender Mythos zusammenbricht, wird sich auch die Frage nach den Phantastilliarden eines Bill Gates rasch erübrigt haben. Vermutlich hat er ohnehin längst in Kohlekraftwerke und Tamponhersteller investiert.

Darum ging auch jüngst der öffentliche Streit um die ominösen 20 oder 40 Milliarden, die "plötzlich" dem österreichischen Bundesbudget fehlten. Daraus, wie es etliche Zeitungen machten, einen typischen und weiteren Fall von unglaublicher Dummheit der Politiker zu konstruieren, zeigt nur die Ahnungslosigkeit der Journaille, ohnehin eines der größten Probleme der Gegenwart. 

Es hat eben tatsächlich mit Fragen der Einschätzung künftiger Entwicklungen und damit von Potenzen einerseits, deren Aktivierungskraft anderseits zu tun, ob ein Kredit (um ein Beispiel zu nennen) rückzahlbar ist (oder sein wird, wichtig für Finanzierbarkeitsfragen), in gewisser Weise also lediglich Liquiditätsmittel ist, das mit gut oder schlecht wirtschaften nicht primär etwas zu tun hat, oder ein Risiko hinsichtlich einer Überschuldung darstellt. Die sich in der Zukunft als Belastung des Wirtschaftens herausstellt, und in Unternehmen Erträge schmälert, oder in Staatsbudgets weitere Steuern (oder Einsparungen) notwendig macht. Falsch zu bewerten ist deshalb eine Kernfrage bei Firmenzusammenbrüchen, und die Antwort darauf entscheidet, ob verantwortungsvoll, fahrlässig, oder betrügerisch gehandelt wurde.

Wenn also wie derzeit beklagt wird, daß Banken Unternehmen nur mehr sehr zögerlich Kredite geben, weil äußerst vorsichtig sind, so kann das sehr viel anzeigen. Nicht nur "unsichere Rahmenbedingungen". Es kann vielmehr eine Schwäche im Erkennen von Wirklichkeiten bedeuten, auf beiden Seiten, Banken wie Unternehmern. Fehlt nämlich der transzendente Bezug im Urteil, wird Wirklichkeit (weil auf einen einschränkenden Realitätsbegriff verkürzt) verkannt, ergibt sich Bewertungsunfähigkeit automatisch. Dazu noch unten. Banken "zwingen" zu wollen, Kredite zu vergeben (indem man die Einlagen negativ verzinst, wie jüngst vorgeschlagen), ist damit ein seltsamer Verstoß gegen das Prinzip der Verantwortung, weil man etwa Bewertungsmaßstäbe durch bilanzielle Zwänge auszuschalten sucht. In der Hoffnung auf eine weitere selbsterfüllende Prophezeiung, die politische Handlungen ohnehin schon so dominieren.

Daraus, übrigens, erschließt sich auch die enorme reale Bedeutung von "Ratings". Denn das mag sich ja der eine oder andere schon gefragt haben, was diese Haltungsnoten der Ratingagenturen überhaupt für einen Wert haben, außer den Vitrinen der Politik Pokale zuzusprechen, oder abzuerkennen. Nein, sie haben immense praktische Bedeutung in einem Wirtschafts- und Staatsgefüge, das in so hohem Ausmaß wie heute kredit- und damit anlagenbasiert ist. Die meist nur diskutierte Frage um Zinshöhen ist fast ein Nebenschauplatz, selbst nur mehr Ausdruck von Bewertungsfragen.




Morgen Teil 2) Wie man Goldvorräte vervielfacht - am Beispiel Schweiz






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Sonntag, 26. Januar 2014

Wissen ums Unrecht

Das Wissen ums eigene Unrecht, um die Seinsverfehlung, wird zum erfühlten Minderheitendasein. Objektive Quantitätsverhältnisse spielen deshalb in der öffentlichen Repräsentation keine Rolle. Wenn das Verhältnis der Demonstranten gegen "rechte" Veranstaltungen längst 10 oder 20 : 1 an Teilnehmern beträgt - es spielt keine Rolle.

Die Demonstranten, die Linke weiß, daß sie gegen das Sein steht. Sie hat eben immer die ganze Welt gegen sich. Deshalb ist das Ende ihrer Proteste unbegrenzt. Und wäre es nur einer, der ihnen widersteht, sie würden ihn als Bedrohung empfinden. Und wäre es keine. Sie haben das Sein gegen sich. Sie haben das Nichts gewählt.




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Hauptziel der Bildungspolitik verfehlt

Auf eine interessante Lektüre stieß jüngst der Verfasser dieser Zeilen. In einem ersten Einblick machte er Bekanntschaft mit dem Buch "Bildungspolitik und soziale Ungleichheit in der DDR - Möglichkeiten und Grenzen einer gegenprivilegierenden Bildungspolitik" von Ingrid Miethe. Denn die DDR hat ja tatsächlich in ihren Anfängen versucht das durchzuziehen, was heute westliche Bildungspolitik nachzuhüpfen versucht. Ohne zu sehen, ob sie nicht schon aus der Geschichte lernen könnten; heute wissen ja alle alles besser.

Die marxistische Bildungstheorie und Anthropologie geht von der Prämisse aus, daß das Dasein des Menschen ausschließlich vom Milieu geprägt wird. Also muß man, um eine Gesellschaft der Gleichen zu erreichen, die Milieueinflüsse der traditionellen Herkunft (hier: Eliteschichte) zerstören. Und sei es mit - Gegenprivilegien. Das hießt, daß in der DDR, dem Arbeiter- und Bauernstaat, tatsächlich Kinder aus Bauern- und Arbeiterumfeld in besonderem Maß gefördert wurden, höhere Bildungsgänge zu durchlaufen. Während es den Abkömmlingen herkömmlicher Bildungsstände gegenteilig erging, sie hatten mit zahlreichen Hürden zu kämpfen, oder wurden gar für Nicht-Bildungs-Berufe "ausersehen".* Dasselbe galt für die Erwerbstätigkeit von Frauen. Das System der Kinderkrippen in der DDR dürfte ja von heutigen Politikern als vorbildlich angesehen werden.

Diese "positive Diskriminierung" hatte tatsächlich Effekte. Ab den späten 1960er, frühen 1970er Jahren war der Bildungsstand quasi ausgewechselt. Nun waren es also Kinder ehemaliger Arbeiter und Bauern, die als Ärzte, Lehrer, Forscher, Ingenieure die Elite des Landes bildeten.

Doch was ist dann passiert? Bereits in den späten 1970er, frühen 1980er Jahren hat sich ein interessantes Phänomen herauskristallisiert. Die Kinder dieser neuen Elite waren neuerlich tief von ihrer Herkunft geprägt. Wieder waren es also Bildungsschichten, deren Abkömmlinge die neuen Bildungsschichten stellten. Es stellt sich heraus, daß für den beruflichen Fortgang im besonderen die Verbindungen und Kontakte des Elternhauses von entscheidender Bedeutung waren. Wieder war ein extrem hoher Prozentsatz der Studierenden und Bildungsberufler durch ihr Herkunftsmilieu geprägt.

Das Hauptziel, eine quasi "neutrale" Streuung der Bildungsschichte bzw. deren Herkunft, war schlicht und ergreifend nicht erreichbar. Man hatte nur eines erreicht: Die Elite auszuwechseln. Aber was sich dann bildete, war neuerlich eine Elite, mit denselben soziologischen Erscheinungen und Standesdünkeln wie jene, die man auslöschen wollte.

Mit einem entscheidend veränderten Faktor freilich, der in sämtlichen dazu beobachteten Diskussionen, auch in o. a. Buch, leider kaum einmal Gewicht findet, und das ist selbst bereits Ergebnis des zu Sagenden: Daß nämlich Bildung eben nicht einfach Sache der "Ausbildung" ist, sondern eine Angelegenheit der Gesamtpersönlichkeit. Das heißt, daß diese neuen Bildungsschichten sämtlich das Verhalten der "homini novi" zeigen, das Verhalten und die Wurzellosigkeit von Emporkömmlingen. Das prägt sich zutiefst in der inneren Natur des Geistesleben eines Landes aus! 

Für Emporkömmlinge (diesen Stils) ist Bildung PER SE ein Instrument, ein Werkzeug des gesellschaftlichen Ranges,m ja eine Waffe im Kampf um Anerkennung, um Erreichen dieses bildungsfernen (!) Zieles - des sozialen Aufstiegs, des Kampfes "gegen die, die über mir sind". 

Weshalb auch im Ostblock - der Verfasser, der ja in diesem seit vielen Jahren wohnt, beobachtet das immer wieder - die Bedeutung offizieller, formaler Ausbildungswege und -zertifikate ENORM hoch ist. Noch höher, als ohnehin bereits im Westen. 

Der Siegeszug des mechanistischen Weltbildes ist nicht zuletzt auf diese "Aufweichung" der akademischen Schichten, auf diesen neuen, weil immer vom Charakter, der Persönlichkeit geprägten Denkstil (der ja immer Ausdruck der Person, und damit ihrer Traditionen, ihrer Herkunft, ihrer sozialen Beziehungen etc. ist) zurückzuführen.

Was Volkmar Weiss darin (indirekt) sieht ist nunmehr noch Folgendes: Er sieht einen Abfall der (durchschnittlichen) Intelligenz eines Volkes. Das, wie er zu belegen meint, einen gewissen Prozentsatz hochintelligenter Elite benötigt, sonst kann es seine historischen Aufgaben nicht mehr lösen. Weil er (ein ehemaliger DDR-Wissenschafter) Vertreter der These ist, daß Intelligenz (als Problemlösungskraft) prinzipiell genetisch vererbt wird.**

Das ist der eigentliche Grund, aber auch die Berechtigung, ja Teil staatlicher Bewahrungspflicht aus Willen zum Überleben, warum Bildung (samt einer später entsprechenden Berufsausübung) auch im Westen nach wie vor eine Angelegenheit der familiären Herkunft ist. Was die DDR gemacht hat war also eine selbstverursachte Schwächung der intellektuellen Leistungskraft ihrer Eliten. Denn immer waren die Grenzgänger, die die Grenzen ihres Herkunfsstandes nach oben durchbrachen, eine Minderheit. Aber es gibt keinen Grund, das als gesellschaftlichen Mangel zu definieren.




*Denn Beschäftigung hatte natürlich jeder im Kommunismus. Nur, wie eine Ostdeutsche es dem Verfasser gegenüber einmal ausdrückte: Wir hatten Beschäftigung. Nur keine Arbeit.

**Der Verfasser dieser Zeilen wird an dieser Stelle darauf noch näher eingehen. Vorerst meldet er nur seine Bedenken an, weil sich hinter solchen Aussagen seiner Ansicht nach ein mechanistisches Bild der Genetik verbirgt. Doch stimmt er zu, daß eine gewisse Haltung zur Welt, daß vor allem eine Grundhaltung des "geistigen Aktivitätsniveaus" - und damit Intelligenz, die sich vor allem darauf aufbaut - sehr wohl vererbt wird. Man kann also geistige Menschen (und hier melden sich bereits die Schwierigkeiten mit dem Intelligenz-Begriff, denn Intelligenz als reine Denkaufgabe verstanden, ohne Sittlichkeit, die sie zum Geist hebt, ist schädlich und ein Verderben für ein Volk) nicht oder nur kaum heran-erziehen, man kann aber für folgende Generationen die Sittlichkeit für den Geist vor allem an sich selbst mit viel Klugheit "erziehen". Der Volksmund wußte früher, daß dieser "Aufstieg" die Arbreit von drei Generationen ist. (Als Abbau freilich in einer Generation erledigt wird.) Das heißt auch, daß es dazu die Herkunft, die Familie braucht. Nicht primär "Bildungsstätten". 

Was sogar zur Frage führt, ob die historischen Entwicklungen in Deutschland, die einen gewissen (technizistischen) Volkscharakter hervorgerufen bzw. zur Grundlage haben, nicht auf eine bisher nie bedachte Weise (vielleicht noch bei Eric Voegelin finden sich solche Gedanken, die sich freilich auch aus Dilthey etc. etc. ableiten ließen) mit der Einführung der Schulpflicht in der Art, wie es ab dem 18. Jhd. geschehen ist - als Frucht der Aufklärung mit aufklärerischer Intention, nur möglich in einem zentralistischen Gemeinwesen, zu dem Deutschland (v. a. Preußen und Österreich) wurde - zu tun haben. 

Und warum heutige deutsche Bundesländer mit vormals "reaktionärer" Regierung (und nach wie vor, wenn auch überall schwindendem "reaktionärem" Geistessockel), die sich wie Bayern bis ins tiefe 19. Jhd. gegen diese "Modernität" gewährt haben, nach wie vor die höchsten Werte bei Intelligenzmessungen (eine Datenreihe, vollständig wie kaum eine - durch die Stellungskommissionen) haben. 

Denn man spricht zwar heute von Bildungswesen, vergißt dabei aber, daß dieselbe Institution auch VERbilden könnte. Vergißt, daß wir in der Pädagogik zwei fundamentale Richtungen im Widerstreit haben, deren eine, die hier als traditionell-abendländische bezeichnet werden soll, bereits im völligen Schwinden ist. Zwei völlig unterschiedliche, vor allem aber UNVEREINBARE Anthropologien stehen hier gegeneinander! Die Pädagogik der Gegenwart steht keineswegs in der Tradition des Bildungsbegriffs des Abendlandes, sie interpretiert sie bestenfalls völlig um.

Was im Umkehrschluß nichts anderes heißt als daß wir durch unsere heutigen Schulsysteme als Generalintention die nachkommenden Generationen gezielt verdummen. Dafür spricht der seit Jahrzehnten beobachtbare, auch von der UNO festgestellte (aber ob seiner Brisanz kaum öffentlich gemachte) Niedergang des IQ der europäischen Bevölkerungen, die nicht einfach nur auf Einwanderung aus Ländern mit niedrigerer Durschschnittsintelligenz als hier (wenn auch: auch) zurückzuführen ist.  Der Verfasser kann eine Menge (Fach-)Literatur nennen, wenn der Leser es wünscht, die diese Aussagen belegen.

Wobei nicht über jede einzelne Schule hier er Stab gebrochen werden soll. Die Frage ist aber, wie lange sich einzelne Institute (wie manch wenige kirchliche Internate) gegen ein Zentralsystem, zu der etwa eine Zentralmatura ein wichtiger Schlüssel ist, überhaupt wehren können (und leider längst: ob sie das überhaupt wollen). Es kann auch keine Frage sein, daß die noch einmal aufblühende Kultur im (v. a. süddeutschen) Barock des 17./18. Jhds. fast ausschließlich eine Frucht und Folgewirkung der (damals, im Gegensatz zu heute!) äußerst klugen Pädagogik der Ordensschulen (v. a. der Jesuiten, dann auch der Benediktiner) ist. Die Jesuiten zu vertreiben war ja, was man leicht vergißt, eine Niederlage des abendländischen Kulturkampfs, der sich v. a. seit dem 15./16. Jhd. im Humanismus aus der Renaissance heraus zugespitzt hat.

Es wäre damit auch kein Zufall, daß sich eine Zentralmatura (-abitur) in seit Jahrhunderten zentralistischen Ländern wie Frankreich bereits am längsten vorfindet. Länder, in denen sich damit auch nicht zufällig als Gegengewicht eine weit größere Bedeutung (wie vermutlich auch Autonomie) einzelner Schulinstitute (privater Natur) beobachten läßt - als Brutkästen der Eliten (mit ihrer spezifischen gallikoten Färbung). 

Nicht unerwähnt darf an dieser Stelle aber eine wichtige Facette werden: Daß nämlich der Niedergang der Bildung, der auch von den gegenwärtigen Verantwortlichen bemerkt wird, auf groteske Weise "Haltet den Dieb" ruft - und dabei jene letzten Reste von Bildungskraft meint, die noch existieren! Die aber von der "Reformpädagogik" der Gegenwart zum Generalschuldigen erklärt werden. Um so die letzten Barrieren, die der Volksverdummung entgegenstehen, ebenfalls niederzureißen. Nicht jeder also, der ruft, daß das Bildungssystem versage, meint also "Bildung"! Ja, viele gerade "Gutmeinende" verlangen die Demontage der letzten Reste, verlangen den endgültigen Siegeszug der alles zerstörenden und die Gegenwart so kennzeichnenden Rousseau'schen Ansätze. (R. Spaemann bezeichnet Rousseau völlig richtig als den Prototypen des heutigen Menschen.) Wer etwa den jüngsten Film von Erwin Wagenhofer "Alphabet" hernimmt, sieht dort exakt "Rousseau" als Packungsinhalt. Ohne es zu wissen, fordert der Filmemacher damit genau das, und in Reinform, was Bildung zersetzt und ohnehin bereits Fundament der gegenwärtigen Pädagogik ist, ja der Grund für ihr Versagen ist.

Der Grund ist dabei sehr einfach, und er ist es tatsächlich: Denn das ist die Pädagogik die jene vertreten, die das Entscheidende scheuen: Die Hand an sich selbst, an ihren Geist zu legen. Es ist die Pädagogik der Acedia, der geistigen Trägheit. Weil Geist Fleischlichkeit verlangt, das ist sein Wesen: Form zur Gestalt. Damit aber begänne das Kreuz. Deren täuschendstes Gewand - Vieldenkerei, Vielrednerei, ja ... "Intelligenz" ... als Simulation von Geist ist. Geist ist aber eine Frucht des Kreuzes.

Das geht natürlich von einem anderen Geistbegriff und einer anderen Anthropologie aus, als sie die meisten Genetiker, die den Menschen und damit Intelligenz, Denken als Effekt einer biologischen Zellmaschinerie sehen, heute (wissend oder leider meist unwissend) vertreten. Wie gesagt - demnächst gewiß noch mehr in diesem Theater.

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Ferne








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Samstag, 25. Januar 2014

Zeitnotiz

Frankreich hat soeben, in diesem Moment, die Abtreibung quasi freigegeben.

Der Papst empfängt herzlich den französischen Präsidenten, der gerade auch noch einen verdeckten Weg für die Homo-Ehe gefunden hat, gegen millionenfachen Protest, gegen das Volk. Man ist ja modern.

Und dafür wird er Papst sich für eine demokratische und äußerst pluralistische Lösung in Syrien einsetzen. Man weiß doch, was man dem Zeitgeist schuldet.

Ach nein, nicht Zeitgeist. Sondern geschickter Umgang mit den Medien oder so, so wird es dann heißen. Weltoffen. Diplomatisch. Oder so.

Ach ja, Geduld, der Papst wird dafür andernorts kundtun, daß man das nicht darf. Sicher im nächsten Perlen-Twitter. Abtreiben. Pfuigaga. Dududu!

Mein Gott, was ist der doch katholisch. Und so volksnah. Das reißt schon mal echt mit.





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Umverteilungsmaschinerie

Weil hier die höchst komplexen Zusammenhänge nicht aufgezeigt werden sollen, so möge der Leser den hingeworfenen Satz akzeptieren, daß Blüte und Fortpflanzung in der Natur phänomenologisch als Reaktion auf einen erfahrenen Mangel gesehen werden können. Steht ein Lebewesen im Überfluß der Versorgung, hört es auf, sich zu reproduzieren.

Dieser simple Satz korreliert mit dem eigentümlichen Umstand, daß die Fertilität einer Gesellschaft fällt, je höher ihr Wohlstand ist. Was heute so selbstverständlich klingt, weil die Fakten zu offen liegen, war übrigens noch vor wenigen Jahren von der Linken das Gegenteil behauptende Hebelargument für Umverteilung, das nur nebenbei. Die Geschichstheorien sind Legende, die da behaupten, daß Anstieg von Bevölkerung mit Wohlstandswachstum einhergehe. Das Gegenteil hat sich mittlerweile herausgestellt.

Volkmar Weiss nun schreibt an einer Stelle einen weiteren originellen Satz, der gleichfalls für sich stehen gelassen werden soll. Er schreibt, daß die Einführung der Rentenversicherung nichts anderes war als eine Versicherung gegen Kinderlosigkeit. Am meisten und adäquat profitiert haben dabei nicht die Versicherungsteilnehmer, sondern die Kinderlosen. Und das waren seit dem 19. Jhd. vor allem die Frauen, die in den Wirtschaftsprozeß, der Erwerbsarbeit von schöpferischem Lebensvollzug noch klarer trennen wollte (weil in seiner Eigenlogik mußte), eingegliedert werden mußten. Denn eine auf abstrahierte Kapitalleistung reduzierte Wirtschaft braucht Quantitäten und Funktionen, nicht Qualitäten.

Das System der Umverteilungsmaschinerien (wie das Rentensystem) stehen sohin in einem fundamentalen Widerspruch zwischen ihren angeblichen Ansprüchen und dem kapitalistischen, rein nur noch quanifizierenden Wirtschaftssystems (als Lebenssystem). Es siegt der beiden gleichermaßen zugrundeligende Satz: "Wer rechnen kann, nützt es aus, der kriegt keine Kinder." Während der, der Kinder hat, munter die Quellen des Umverteilungsstaates abschöpft. Eine Rechnung, die gar nie aufgehen KANN, die aber die geistige Leistungsfähigkeit einer Bevölkerung nach und nach korrumpiert.

Der Feminismus ist schon deshalb eine direkte Erscheinung des Kapitalismus (als Metastase weil Perversion der "freien Marktwirtschaft", die nur am Rande damit zu tun hat), der ohne ihn in der heutigen Form gar nicht möglich gewesen wäre. Schon alleine daraus ist das abzulesen, daß sich der Feminismus seine ihn vorgeblich rechtfertigenden oder gar auslösenden "Tatsachen" selbst schafft. Schon Marx ist ja daran regelrecht verzweifelt, daß seine Revolution nicht und nicht "von unten" kommen wollte, und überall eine rein bourgeoise Erscheinung blieb, die sich das "unten", für das sie vorgeblich eintrat, einfach schuf.

Die heutigen Rentensystem (die im 19. Jhd. aufkamen) sind aber eine reine Umverteilungsmaßnahme von kinderreichen Familien zu kinderlosen und Singles.* Mit denen beiden letzten Phänomenen sich der moderne Staat jene Schichte heranzog und erhält, die er zum Überleben braucht: die der Geldproduzenten. Denn der moderne, zentralistische Staat braucht vor allem eines, ja er braucht NUR dieses: Geld, und Vereinzelte, die er zu seiner Produktion versklavt.



*Man beachte dazu eine erst jüngst erschienene Studie der Bertelsmann-Stiftung, die die fiskalische Bilanz von Kindern ermittelt. Sie ergibt, daß das Rentensystem "für alle" als Umlageverfahren von den Familien mit Kindern finanziert wird.




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Freitag, 24. Januar 2014

Wie wir leben

1990: Lord Hesketh, Minister of State at the Department of Trade and Industry, by the lake in the grounds of his family estate Easton Neston House, Northamptonshire with his motorbike, a Hesketh V1000. The child in the centre is his daughter, Sophie.


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