Es ist doch sehr die Frage, ob es ein Stück Gerechtigkeit ist, die "Sparvermögen" der Bevölkerung anders zu behandeln, als die Schulden der Banken. Durch Einlagensicherungen, oder, wie mancher Vorschlag lautet, durch andere Behandlung durch Herauslösung aus den Aktiva bei Bankenrettungen, die im Prinzip jede Bank zur "bad bank" macht. Denn was sind dann noch ihre Reserven wert, auf denen ihre Bonität beruht?
Aber die Kreise schließen sich nahtlos, und die simpelste "Spartätigkeit" des Otto Maier aus Wuppertal, der zeitlebens am Schreibtisch der Otto-Koch-Kugelwerke arbeitete und brav gewerkschaftlich organisiert war und immer deutlicher mehr verdient hat, als er monatlich benötigte, denn das ist seit Jahrzehnten das Gesetz des "Sparens", schon lange nicht mehr der "Konsumverzicht" (der Zinsen rechtfertigt), hat sich zur Haupttriebkraft auf den internationalen Finanzmärkten entwickelt. Mengenmäßig, aber vor allem auch durch das Verhalten dieser Geldanlagen.
Das zeigt auch das Interview mit Günther Schnabl in der Welt. Der darin die deutschen Exporterfolge relativiert. Denn die daraus generierten Gelder verbleiben zum einen über die Target-Abrechung (die für manche Volkswirtschafter weitgehend Abschreibeposten sind, dieses Geld wird in Deutschland nie realisiert werden können, besteht als Forderung nur auf dem Papier) in den Zielländern, und zum anderen werden erzielte Gewinne ebendort investiert. Alleine in den letzten 10 Jahren hat Deutschland auf diese letztere Weise 1 Billion Euro im Ausland "investiert".
Ach, lehnt sich Otto Maier nun zurück, investiert, das waren also alles die reichen Unternehmer, die ihr Schäflein aufs Trockene brachten?! Mitnichten und -neffen, darf man ihm zuraunen. Die Immobilienblase, die in Spanien, dessen Bankensektor (ähnlich wie in Irland) stark regional organisiert war, so kräftig geplatzt ist, daß es die gesamte Volkswirtschaft ins Wanken brachte, ist maßgeblich von ... deutschen Lebensversicherungen genährt worden. Die auf der Suche nach hohen Renditen Milliarden und Abermilliarden "investiert" hat. Damit in Spanien die Preise trieb, bis sich herausstellte, daß am Realmarkt vorbeigebaut worden war, die Preise abstürzten, und die Kredite notleidend wurden.
Sie haben das mit dem Geld des Herrn Maier aus Wuppertal gemacht. Nicht mit den Millionen der Superreichen. Die, so nebenbei, viel vorsichtiger und umschauender ihr Geld anlegen, als es an Mathematik orientierte, persönlich aber nicht betroffene Versicherungsagenten je tun werden, und schon deshalb in der Krise weit weniger verloren haben, als - diese öffentlichen oder halböffentlichen Pensionskassen und Versicherungen, deren Verhalten sich mit dem der Neureichen* deckt (denn auch die haben mit am kräftigsten verloren.)
Diese Sparvermögen aus allen Krisenüberlegungen heraushalten zu wollen hat ausschließlich populistische Gründe, ist aber volkspolitisch wie wirtschaftspolitisch falsch, ungerecht, und widersinnig. Es zerreißt weitere Zusammenhänge des subjektiven Handelns. Weder ist dieses Geld ehrlicher erworben als die Milliarden der Familie Thiess, noch ist es "unschuldiger" an der Krise, ja, es ist sogar am direktesten schuld daran. Nur sagt das niemand. Weil es den Umverteilungsstaat der letzten Jahrzehnte, und damit die Politik der sämtlich zu Sozialisten mutierten politischen Kräfte in Frage stellen würde. Der den Bevölkerungsmassen Gelder in die Hände spielte, mit denen sie nie umgehen konnten und können, und deshalb wie Diebe agieren und wie Neureiche, denen dieser ontologische Bezug zwischen Vermögen und Wirklichkeit gleichfalls fehlt. Der deutsche Sparer verlor sein Geld an der Costa del Sol und am Peloponnes, nicht am Steinhuder Meer.
Damit wurde die Wirtschaft grundlegend in eine völlig falsche Richtung gedrängt, was sich an der Bildung von Parallelwirtschaftskreisläufen längst erkennen läßt. Wie sich am Auseinanderklaffen der Preisentwicklungen von Artikeln des Grundbedarfs und jenen der Spaßkultur (zur Vertreibung der Langeweile), der sich ein großer Teil der Wirtschaft (und nicht zufällig: vor allem der Finanzwirtschaft) bereits dient, zeigt.
Aber vor allem ist der deutsche Export in hohem Ausmaß purer Kapitalabfluß, in dem sich Realwirtschaft, wirklich erzeugte Produkte, in andere Länder verlagert, während den Deutschen der fragwürdige Buchwert der "Vermögen" bleibt. Während die Güter - auf Pump bei den Deutschen selbst - woanders genossen werden. Das wirkliche Investitionsvolumen in Deutschland selbst sinkt hingegen seit einem Jahrzehnt, und wird durch Sinnlosinvestitionen wie in der Energiewende zusätzlich beschönigt.
Dazu noch ein Absatz aus dem Interview zum Schluß. Er stärkt die obigen Argumente:
Schnabl: Zwischen 2001
und 2013 haben deutsche Anleger netto rund 1500 Milliarden Euro im
Ausland angelegt. Viel davon ist bereits verloren. Viel davon werden die
Sparer noch verlieren, weil durch die Niedrigzinspolitik der EZB
neue Vermögenspreisblasen und Inflation begünstigt werden.
Beispielsweise lagen die kumulierten Leistungsbilanzüberschüsse Mitte
2013 bei 1663 Milliarden Euro, das Nettoauslandsvermögen aber nur bei
1201 Milliarden Euro. Daraus kann man Verluste in Höhe von 462
Milliarden Euro ableiten. Würde man noch die sogenannten Target-Salden
der Bundesbank hinzuziehen und davon ausgehen, dass das Geld verloren
wäre, wäre in einem Extremszenario das deutsche Nettoauslandsvermögen
2011 auf 260 Milliarden Euro geschrumpft.
Man könnte durchaus zur Meinung gelangen, daß die Krisenbewältigung, die vielerorts bereits verkündet wird, lediglich die Übereinkunft meint, sich allgemein frohzurechnen.
*Neureiche tendieren zu zwei Formen der Fehleinschätzung, die sie von generationenlang erworbenem und erhaltenem Vermögen unterscheiden: Entweder zu (auch sehr riskanten) Spekulationen, oder zur Überbewertung von "Sicherheiten", in Form von Immobilien, oder - wie heute sehr gut zu beobachten - Gold. Alte Vermögen sind in der Regel durch große Besonnenheit und dem Wissen um die Relativität von irdischen Werten geprägt. Sie sind nur möglich, was besonders gut beobachtet werden kann, wenn Vermögen sogar über Jahrhunderte bestehen, wie beim Adel, weil die einzig gerechte Form von Eigentum an ihnen zu beobachten ist: Als Akt der Persönlichkeit synchron gehender Weltverantwortung, und damit Sittlichkeit. Es ist kein Zufall, daß sozialistische Staaten vor allem die Erbschaft angreifen. Denn ihre Proponenten kennen keinen gerechten Eigentumserwerb, also schätzen sie diesen auch als Diebstahl ein. Während neureiches, und das heißt auch schnell entstandenes Vermögen (das mit scheinbarem Klassenaufstieg einhergeht) sich nie lange hält. Denn schon der nächsten Generation fehlt es in der Regel an der für Eigentum notwendigen Sittlichkeit. (Und diese hat nichts mit Moralismen zu tun.) Es ist ein historisches Gesetz, daß Zentralismus, Despotie und Neureichentum immer zugleich bzw. im Wechselspiel auftritt.
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