Teil 2) Austreibung der Guten
Aber so teilen sich die Nieten weiterhin und noch ungehemmter die Macht, und wachen eifersüchtig darüber, daß sie ihnen nicht entgleitet, daß das System noch irgendwie weiter besteht, und vor allem: Daß sie niemanden in ihrer Nähe haben, der ihnen schon durch seine Präsenz Gewissensstachel ist. Das beginnt im Kleinsten und Alltäglichsten, in den Liturgieausschüssen der Pfarrgemeinderäte, die noch mehr happy-peppi-Guitarrengejaule installieren, obwohl ohnehin schon jetzt niemand kommt oder gar mitsingt, den Faschingskommittees, oder dem Pfarrkirchenrat, der saft- und kraftlos das Kirchenjubiläum organisiert. Denn das Lebensprinzip der Kirche ist das Allerkleinste, nur dort fließt ihr Blut, aus dem sie lebt, und dort ist ihr Größtes, ihr Schatz. So drückt sich im Großen, wie nun im Weltbild-Desaster, nur noch aus, wo die Kirche nach und nach alle Ihre Institutionen, die so mühsam aufgebaut waren, verliert und aus der Hand gibt.
Weil
kein "Guter" mehr nach oben kommt. (Und die Gnade folgt der Natur.) Wer
noch einen letzten Rest Vernunft und Anstand bewahrt hat, meidet solche
Machtkämpfe, deren Natur ihm so klar ist. Der Kirche sind deshalb die
Schichten der Vernünftigen - der Intellektuellen, der Bodenständigen,
der Hausverständigen, der Realisten mit klarem Blick für Wirklichkeiten,
wie Unternehmer und Handwerker etwa - abhanden gekommen, ja sie hat sie
vertrieben.
So
ist es zwar überall. Diese Schichten sind die primären Opfer der
gegenwärtigen Gesellschaftsverdunstung, Opfer schon deshalb, weil sie
die sind, auf deren Schultern alles ruht. Aber so ist es auch und zuerst
in der Kirche, die sich zum faden, schalen, feuer- und salzlosen und
vor allem kreuzesscheuen Ramschladen ausgedünnt hat, der Trägheit,
Feigheit und Schmarotzertum zum Liebesakt umdeutet. Geist wird in der
Kirche regelrecht vertrieben. Dankbar jubelt man lieber jenen zu, die
gar verkünden, daß es das ja gar nicht braucht, Hauptsache man schafft
noch irgendwelche subjektiven Gefühle und Suhlstätten, die sparen jede
Mühe, die Geist, die Denken nämlich bedeuten würde.
Egal
auf welchem gesellschaftlichen Gebiet - die Kirche hat nichts mehr zu
sagen. Zu nichts mehr! Als ginge sie das alles nichts an. Als würden im
"normalen Leben" andere Gesetze gelten, als die geistigen und ersten
Gesetze der Welt, um die sie ja weiß (oder: wissen müßte) wie sonst
niemand.
Man
staunt stattdessen nur noch, "was es nicht alles heute gibt". Obwohl
NUR und vor allem sie etwas zu sagen HÄTTE. Ganz konkret. In der
Wirtschaft. In der Frage der Schulen. In der Wissenschaft. In der
Familie. In der Politik. Ja wo denn NICHT, weil doch in allem das Anteil
am Sein hat - also IST - die Grundfrage Gott ist?! Ja, das alles
sind ja nur deshalb "autonome Dinge" geworden, WEIL sie aufgegeben, aus
dem großen Gesamt herausgelöst wurden, und seither taumeln wie ein
Kreisel, der irgendwann ausläuft, wenn er die letzte Erinnerung an
seinen Ursprung verliert.
Stattdessen begleitet sie
den Verfall nur noch, und vergrößert die allgemeine Verzweiflung, die
schon so tief sitzt, in der alles was heute passiert nur noch ein wildes
Herumschlagen, ein Suchen nach Halt ist. Den sie aber damit verweigert.
Zuerst.
Nicht weil es anderswo so war. Als Täter, als Handelnde, als
Mitgestaltende. Es ist die Religion, es ist sogar mehr: es ist der
Glaube (!) als Prinzip des Erkennens und damit des Urteilens und
Handelns, der einer Gesellschaft den Boden gibt. Nicht umgekehrt.
Selbst
Wirtschaftsbetriebe entstehen nicht - nicht dort, wo sie auch bleiben,
wo sie Substanz haben - weil man damit simpel Gewinne machen und Geld
scheffeln will. Gewinn ist nur ein (und darin freilich: der) Signifikant
für das Leben eines Organismus, nicht mehr. Kein Unternehmer hat es je
geschafft, ein Unternehmen aufzubauen, das nicht zuerst (!) von einem
Sendungsauftrag erfüllt gewesen wäre. Einer sehr abstrakten,
gestalterischen Aufgabe sogar, der es von seinen Initiatoren geweiht ist
und die auch schlimmste Zeiten und das Blut des Beginnens durchstehen
läßt. Wo aber das Leben, die Seele weicht, weichen auch die Gewinne.
Keine Funktion, keine Umorganisation, kein Marketingkonzept vermag das
noch zu retten. DAMIT weil naturgesetzhaft fällt etwas wieder zurück ins
Nichts.
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