Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 13. April 2014

Geschichte als Wirklichkeit

Geschichtlichkeit ist nicht schlicht das Geschehen, das an den Dingen beobachtet werden kann, einfach die Dialektik, der Dialog, der aus ihrem zueinander erwächst. Daran täuscht man sich oft in dem, was man als "Geschehen" beobachtet oder erinnert. Geschichtlichkeit ist immer ein Ringen der Wirklichkeit, und damit nie "zeitliches Geschehen", sondern ewiges als zeitloses Geschehen im Zeitlichen.

Deshalb ist die faktische Geschichte in zwei Weisen geteilt: einerseits die wirkliche Geschichtlichkeit, und anderseits die Flucht davor, meist mit dem Versuch, eine zeitliche Geschichtlichkeit zu konstruieren, Geschichte gewissermaßen zu simulieren. Solch letztere Geschichtssimulation ist nur insofern Geschichte, als auch dieses Geschehen in das eigentliche Geschichtsgeschehen - als zeitloses - eingebettet bleibt.

Nur vor diesem zeitlosen Hintergrund ist deshalb Geschichte überhaupt verständlich. Und sie ist insofern tatsächlich zeitlos: sie ist die Geschichte der immer gleichen Grundbilder, die allem Geschehen, allen Dingen zugrundeliegen, und zu denen sie sich (beim Menschen: in eigener Sittlichkeit) verhalten.

Eric Voegelin sieht deshalb in aller Geschichte nur die immer selben Muster der Grundsymbole als sichtbare Ideamorphen (Gestalten der Grundideen als Grundwillen). Nur wenn man dieses geistige Geschehen versteht bzw. sieht, kann man Geschichte überhaupt verstehen. Geht man nicht den Irrweg zu meinen, das weltliche, zeitliche Geschehen sei (irgendwie) das bloße Zueinander von weltlichen Faktoren und Wirkkräften. Aber das wirkliche Geschehen, die Wirklichkeit im alten Ägypten ist um nichts anders - und dann sieht man auch die Parallelen - als Vorgänge in Rumpelstädt an der Kleinen Aller im 19. Jhd., oder in der Weltgeschichte Gegenwart. Erst in der Ausrichtung auf die und diese Wirklichkeit, wird Handeln deshalb überhaupt erst zu geschichtlichem, zu verantwortbarem Handeln. Der Rest ist Illusion und Irrtum als Unfreiheit.

wobei man nur nicht glaube, das betreffe nur die "hohe Geschichte", die sich in gelahrten historischen Wälzern wiederfindet. Es betrifft jede einfachste, alltägliche Handlung, die von denselben (!) Grundstrukturen getragen ist. Die Entscheidung, dem Nachbarn den Kaktus auf den Kopf zu werfen, ist (prinzipiell) dieselbe Grunddimension wie die, eine Atombombe auf Nagasaki zu werfen, und sie unterliegt denselben Verantwortungselementen, nur auf anderer Ebene. Einer Ebene mit größeren Wirkungskreisen, die im äußersten Fall bis zur Wirkung auf die ganze Welt gehen.

deshalb ist die sittliche Reife des - rein irdisch gesehen - höchsten Entscheidungsträgers weit mehr gefordert. Der König (Sinnbild des höchsten Herrschers) ist deshalb gerufen, die höchste Sittlichkeit und Heiligkeit zu wirklichen. In ihm abstrahiert sich die (geschichtliche) Wirklichkeit am reinsten, und doch sollte er darin Urbild des Wirkens aller seiner ihm zugeordneten Menschen sein.

Es ist noch heute bekannt, und wird leider oft völlig unterschätzt, in welchem Ausmaß die Realität in den Herrscherhäusern die Sittlichkeit und Haltung in den alltäglichsten Dingen und Haushalten beeinflußt. Aber das Leben des Königs ist nach wie vor urbildlich für das Leben seiner Bevölkerung. Wie er lebt, handelt, denkt, lebt handelt und denkt das Volk, ob es das weiß oder nicht.*

Und deshalb ist das historische Geschehen um Jesus Christus keine abgehobene "Erlösungssalbe", sondern die reinste (in seiner Dimension freilich den Menschen als Nur-Menschen prinzipiell, nicht graduelle übersteigende) Form des Grundgeschehens in JEDEM Menschen. Und deshalb ist jeder Christ, jeder Getaufte, jedes Mitglieder der Kirche auch - Königssohn wie König, als Kern seiner Berufung. Die Kirche ist eine Versammlung eines auserwählten Königsgeschlechts, seine Würde ist die des Königs (s. u. a. Johannes Paul II. in "Die Königswürde des Menschen")

Die Passion Christi aber ist ein Königsdrama.
"Bist Du ein König?"
"Ja, ich bin es."


*Das ist der wahre Grund, warum sich in der Kunst der Vor-Moderne alles in hohen und höchsten Kreisen abspielt. Es gibt etwa in der Antike nur Königsdramen, der König war zum Idealbild "Kreon" gezeichnet. Seine Konflikte waren urbildlich für die des Volkes, sie enthielten sie. Die sogenannte bürgerliche Kunst hat nur dort und insofern Wert, als sich in ihr der Königskonflikt findet oder sie die Suche nach diesem König IM Bürger ist.





***