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Donnerstag, 21. August 2014

Der Traum vom Leben in der Hölle (2)


Teil 2) Der Traum vom zukünftigen Leben als Traum vom Schrecken





Selbstverständlich findet sich eine Eingründung in die kosmischen Prinzipien auch in dieser Utopie, und zwar unfreiwillig und doch unausweichlich. Es läßt sich herauslesen, WAS nach Auffassung der Menschen heute der Weltordnung und damit dem Leben zugrunde liegt, von wem und von was wir meinen abzuhängen und Gelingen des Lebens erwarten, wie der Idealzustand wirklich werden soll. Alles das ist innerweltlich, ist vom Menschen autonom zu erlangen, der Kosmos ist zu einem physikalischen Gestell geworden. Wer so denkt, muß aber vor allem davon ausgehen, daß es einen fehlerlosen Menschen gibt, zumindest theoretisch, und daß es gilt, sich diesem zu unterwerfen. Was schiefgeht, liegt also nur am Versagen als Einzelner, und das muß im Interesse des Ganzen verhindert werden. Gleichzeitig wird ja auch hier das erkennbar, was als diesem Glück entgegenstehend betrachtet wird.

Genau dort setzt menschlicher Schrecken und Terror noch jeder Utopie der Menschheitsgeschichte aber an. Nicht als "uij, das muß man verhindern", sondern als unausweichlich. Wenn also hier auf das jüngst in Übersetzung erschienene Buch "Der Circle" von Dave Eggers hingewiesen wird dann nicht, um zu sehen, was man vermeiden müßte, sondern (und diese Dimension fehlt dem Buch freilich) weil was darin (über Google) beschrieben wird zwangsläufige Konsequenz solcher Lebenshaltung ist, die "doch nur das Gute will." So wie diese utopische Stadt. Wer sein Leben dessen Maximen aber unterwirft, und wenn das gar eine Gesellschaft tut, endet ohne jede Auswegmöglichkeit in einem System der Totalkontrolle und des Zwangs.

Dieses System kann nur bei Geschlossenheit funktionieren. Weil es aber kein perpetuum mobile gibt, braucht solch ein System "Niemandsland". Sie braucht den Orkus, wie er früher hinter den Stadtmauern begann. Hier war Ordnung, Recht und Gesetz, dort Chaos und Gesetzlosigkeit. Nichts in dem Entwurf deutet deshalb auf eine lebendige Beziehung nach außen hin! Die Stadt ist auf sich konzentriert, und in sich und mit sich restlos zufrieden. Hinter den Vorhängen der Grenze liegt dann das Nichts. Kein ökologisches System gegenwärtigen Zuschnitts funktioniert aber "für sich", jedes Reden von "Autarkie" ist eine glatte Lüge die die heutige Art zu leben permanent begleitet. Utopische Systeme der Gegenwart schieben lediglich ihre Grenzen immer weiter hinaus, bis an den Rand der Welt, wo alles erlaubt ist, oder bis auf den Mars.

Das erstaunliche Fazit läßt sich in einem Satz beschreiben: Alles das, worauf menschliches Leben, menschliche Ordnung wirklich beruht, alles worauf Leben buchstäblich gegründet ist, ohne das es nämlich überhaupt nichts gäbe, ontologisch wie im Rahmen menschlicher Kultur, die es ohne Raum nicht gibt, ist im Lebensraum der Zukunft nicht mehr vorhanden und nicht mehr erwünscht.  

Ex nihil nihil fit. Der heutige Mensch ist im wahrsten Sinne - Nihilist. Und er würde, in die Lage versetzt, auf direktem Weg eine Welt des Schreckens errichten.









*210814*