Teil 2) Man kann sich seine Religion gar nicht aussuchen
Das hat natürlich weitreichende
Implikationen. Wenn nämlich in einer Kultur die Selbstautonomie als
Grundgefühl vorherrscht, als Ethos gewissermaßen, beginnt diese Kultur
ohne jeden Zweifel an sich selbst auszutrocknen. Ihre Basis wird immer
schmäler, ihre Erkenntnis immer dürftiger, bestenfalls in sich noch
ausgefeilter und rational wortreicher (weil eigentlich: verzweifelter).
Diese Stimmung aber entsteht nicht durch Gedankenarbeit, durch (s.o.)
formalistisches Herumgedrechsele am Wortsalat, sondern sie entsteht
durch die reale Lebensweise. Stimmen die Hierarchien nicht mehr, weil
sie von ihrem herkommen abgeschnitten wurden (das heißt nichts simpler
als: Anti-Traditionslismus), so sind damit die Erkenntnisgrundlagen
einer Gesellschaft ruiniert. (Hierarchien haben und implementieren
selbstverständlich auch die Anti-Hierarchischen, revolutionären
Strömungen, es ist ja lediglich der Wahnsinn ihrer Methode, das zu
verschleiern: Aus dem Bild der Hierarchie, das also eine aufgeklärte
Gesellschaft wie die unsere darstellt, läßt sich das Erkenntnisprinzip
ablesen - simpel: der Gott, in dem alles gründet.)
Hier greifen fatale Mechanismen, die nicht auf den Einzelnen beschränkt bleiben können. Wenn sich im Handeln der Menschen zeigt, daß sie aus sich heraus nicht höherkommen, und das heißt: real, konkret, durch ihre reale sittliche Verfaßtheit, die für jede Moral ja erst die Basis bildet, dann beginnt sie ohne jeden Zweifel das Höhere zu hassen. Die Wahrheit, die real ist, wird zum Feind - zum Feind wird die wirkliche Wirklichkeit der Dinge. Selbsteinschätzung wird damit unmöglich, und damit Einschätzung des Begegnenden.
Denn
dem Begegnenden wird nicht getraut, es enthält keine Botschaft mehr,
oder man wählt es ersatzweise (weil dem menschlichen Wesen ja notwendig,
als Grundstruktur gewissermaßen), mit allen Folgen, bis zur Hörigkeit,
bis zum Fanatismus, der ja ein Fetischismus ist. Eine Kultur, ein Volk
wird damit als Ganzes blind. Über die Lebensweise, die sie über jeden
verhängt, und der sich gar niemand wirklich entziehen kann.
Zugleich müßte nun klar sein, daß auch dasjenige, AN DEM jemand
teilhaben will, nicht aus seinem eigenen Urteil erwachsen KANN. Er ist
gar nicht fähig, es zu beurteilen, weil zu erkennen. Von Religion kann
man deshalb überhaupt nur dann sprechen, wenn es sich um eine
Überlieferung handelt. Sie braucht konkrete Personen, die die
Offenbarung Gottes weitergeben. Man KANN also gar nicht "seine Religion" wählen.
(Jedes Konvertitentum zeigt ja dieselben Krankheiten der Pseudologie, oder ist überhaupt eine solche, wenn es im "Konfessionellen", also bei der "Überzeugung" bleibt. Sodaß die heutige Religionslosigkeit zwangsläufig Religion gar nicht mehr anders fassen kann denn als "Überzeugung", die sie aber gar nie ist.)
Hinter solchen Aussagen, die heute also nicht zufällig so verbreitet sind - Auswuchs bereits der Verzerrtheit, ja der Wahnverfallenheit des heutigen Menschen - verbirgt sich etwas ganz anders. Man kann nur folgerungsweise auf die Plausibilität gewisser Aussagen vertrauen, und sich daraufhin entschließen, AN DIESER (oder jener) Offenbarung teilhaben zu wollen.
(Jedes Konvertitentum zeigt ja dieselben Krankheiten der Pseudologie, oder ist überhaupt eine solche, wenn es im "Konfessionellen", also bei der "Überzeugung" bleibt. Sodaß die heutige Religionslosigkeit zwangsläufig Religion gar nicht mehr anders fassen kann denn als "Überzeugung", die sie aber gar nie ist.)
Hinter solchen Aussagen, die heute also nicht zufällig so verbreitet sind - Auswuchs bereits der Verzerrtheit, ja der Wahnverfallenheit des heutigen Menschen - verbirgt sich etwas ganz anders. Man kann nur folgerungsweise auf die Plausibilität gewisser Aussagen vertrauen, und sich daraufhin entschließen, AN DIESER (oder jener) Offenbarung teilhaben zu wollen.
Und
genauso wenig kann man DIREKT, ohne menschliche Vermittlung also, an
Gott teilhaben, quasi als autonomistische Direktreligion, als
Privatmystik, um die man sich nur zu mühen bräuchte, die quasi
außergeistig in bloßen physischen Methodiken oder Vorgehen äußern
könnte. Ja, selbst wenn dem so wäre, so wäre es wertlos, weil der Mensch
in der Verfaßtheit als geistseelisch-physisches Wesen, er selbst nur
über die Vernunft ist.
Dieser
quasi "höchstpersönliche spezielle Draht" zu Gott würde nämlich
voraussetzen, daß man selbst bereits Gott (zumindest aber heilig) ist,
und das hat einen bereits aufgelösten Gottesbegriff (und eine absurde,
jedes Kabarett unendlich übertreffende Selbsttäuschung und Blindheit den
eignen Zustand betreffend) zur Voraussetzung, und damit Nihilismus.
Nicht mehr und nicht weniger ist aber der Wahn, in dem heute so viele
Menschen befangen sind. Den sie nicht zufällig so wortreich und nicht
selten durch viel Religionsgequatsche, immer aber gestützt durch
formalistischen Mißbrauch formal (teil-)wahrer Aussagen zu verschleiern
suchen. Denn die Wahrheit ist eben kein formales Rechenexempel
"logischer Aussagen". Sie ist lebendig (und erst darin überhaupt möglich
vernünftig) und lebt in personalem Dialog, oder sie ist einfach
Dummheit, die folgenotwendig zur Bosheit wird bzw. sich daraus nährt.
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