Der VdZ wurde vor Jahren einmal im Rahmen einer Diskussion gefragt, warum es denn nicht in der Kunst mehr Gewahrung der Gefahren der Gegenwart, und im besonderen der Medien- und Politikwelt gäbe. Warum die Kunst nicht auf den Wahnsinn der Lebenswelten der Gegenwart reagiere, analytisch zutreffend, klar sehend, und damit auch die Wirtschaftswelt durchleuchtend bis aufs Gebein?
Erst war der VdZ spachlos, konnte lange nicht nachvollziehen, was das Gegenüber meinte. Und ob der Evidenz - nebenbei: der Gesprächspartner hatte nicht einmal die Mühe wert gefunden, die Roman- oder Bühnenwerke des VdZ kennenzulernen, ja überhaupt Literatur der Gegenwart kennenzulernen - nämlich ratlos stammelte er etwas von: "Aber das passiert doch?" Denn, Kunst hat IMMER die Botschaft der Gegenwart, sonst ist sie ja gar nicht Kunst.
Aber sie hat deshalb die Botschaft der Gegenwart, weil sie das ewig Bleibende in den Schaumgischten der Weltbewegtheit, die doch nur eine scheinbare Bewegtheit ist, aufzeigt. DAS ist es ja, was man dem Künstler als Haltung zumuten muß, sonst ist er erst gar keiner: Die Betrachtung aus dem Bleibenden, Ewigen heraus. (Weshalb es Kunst ohne Religion nicht nur nie gab, sondern auch niemals geben wird weil gar nicht kann. Auch nicht heute. Aus und punktum.)
Diese Erinnerungssequenzen stiegen im VdZ auf, als er unlängst mit der Relektüre von "Zeitgeist und Bernergeist" eines seiner Lieblingsautoren, Jeremias Gotthelf, begann. Was sich hier, so großartig lyrisch, so großartig literarisch, so scharfsinnig und so aufs Einfachste gebracht an Zeitkritik findet, faßt alles, was heute passiert, in Worten zusammen, die schon vor 150 Jahren (!) entstanden sind, und deren Schöpfer exakt erfaßte, was das Menschsein deformiert. Ja, Gotthelf hatte keinen Email-Account und kannte das Fernsehen nicht. Aber alles das ist doch nur Ausdruck ein und derselben Haltung, ein und desselben menschlichen Handelns! Eingeschlossen eine höchst fundierte, dabei tief ausgereifte Kapitalismuskritik, die Gotthelf schon damals scharfe Gegnerschaft eintrug.
Was Gotthelf aber so großartig macht ist, daß er nicht der Versuchung erliegt, einer Verschwörungstheorie oder großen psychosozialen Erklärungsthesen beizutreten, die heute tausende "Akademiker" zu Eliten erheben. Die es vor 150 Jahren - wie immer doch! - natürlich auch schon gab. ER sieht die Dinge wie sie sind, sieht sie beim Menschen anfangen, und sieht, wie die sogenannten "großen Dinge" im Kleinsten ihren Ursprung haben, ja nur von dort her verständlich sind. Im Charakter, in Lebensbedingungen, in der Medienlandschaft, in den Schwächen - wie Stärken - der Menschen begründet. Die damals wie heute ABSOLUT gleich waren.
Gotthelf zeigt das Übel der parteien an sich, zeigt das Übel des Kapitalismus, der in der menschlichen Unzulänglichkeit ansetzt, zeigt den Verfall des eigentlichen Humanen, des Religiösen als das Menschsein Konstituierendem (und dabei war er Protestant, Calvinist sogar vermutlich; aber wer die Augen offen hat, kommt wie alle diese mit der Zeit zum Katholizismus ...), zeigt, wo Menschsein beginnt, wo es aufhört. Zeit die Geschlechterproblematik, zeigt sie in ihren Ursprüngen, präzise, gescheit, und ... in wunderschöner literarischer Form.
Es ist ein Charakteristikum der Zeit, daß die heutigen Menschen glauben, daß was ihnen begegnet einmalig und einzigartig und vor allem: schicksalsbestimmend wie nie sei. Nur - auch diese Einschätzung ist Teil der Krankheit der Zeit. Die Lektüre von so "vergilbten" Autoren wie Jeremias Gotthelf könnte beitragen, von dieser narzißtischen Wirklichkeitsstörung wenigstens zum Teil zu genesen.
Vorausgesetzt, man macht sich überhaupt noch die Mühe, nach dem Wirklichen zu suchen. (Und das ist doch das Problem: denn das scheint erst einmal mühsam. Da könnte man aufgefordert sein, sich erst einmal zum Geist zu erheben.) Und schreit nach Rettern - obwohl es die längst gab. Weil man gar keine Retter sucht. Nur ... Unterstützer der Faulheit, deren Theorien weit genug ausgefeilt sind, um auch die Faulheit der Zeit zu respektieren. Denn der heutige "Gesellschafts- und Medienkritiker" akzeptiert nur noch, was ihn in seiner verschlammten Acedia, der Grundträgheit überhaupt, die nur ja nicht das eigene Aufstehen erfordern könnte, höchlichst beläßt. Diese Kritik ist allen Heutigen, und hier vor allem den Jungen, gerade mal recht. Lieber vom Blog wettern, als den Arsch vom warmen Sofa erheben.
Die Gegenwart sucht nach Konzepten? Die Jugend nach dem Faden durch die Wirrnisse der Zeit?
Dann lese sie, als Anfang, was Jeremias Gotthelf vor 150 Jahren veröffentlichte. Wie gern der Einzelen aufnimmt, wenn sein Denken vom Realen, Gegenwärtigen abgezogen, auf vermeintlich "größere, wichtigere, allgemeinere" Probleme abgelenkt wird. Auf - Politik, große, ja globale Politik und "Probleme", nur ja nicht auf das Allernächste, die Frau, die Kinder, die nächste Umgebung. Denn dort liegen echte Schmerzpunkte. Das hat der Neird der Gegenwart doch nicht nötig! Der kümmert sich um Klimawandel und weiß der Deibel welche Verschwörungen, die die "anderen" verursachen.
Das ist der eigentliche Verlust: daß die Gegenwart nicht mehr zur Kenntnis nehmen will, daß sie dem bereits Erreichten um 150 Jahre nachhinkt. Aus Unwillen zur Kenntnnisnahme des längst Erreichen.
Wir sind am direkten Weg zum Neandertaler! Wo ein iPod nicht nur nicht bedeutet, der Zeit nicht voraus zu sein, sondern ihr um 5-50 Generationen hinterherzuhinken. Weil die Groß- und Urururgroßväter viel gescheiter waren, als es heutige Medienkonsumenten - und wie erst die selbsternannten "Kritiker" (der VdZ nimmt sich da überhaupt nicht aus; solche Erfahrungen machen ihn kleinlaut und bescheiden) - noch je erreichen können, selbst wenn sie ihr Verhalten von heute auf morgen umstellen.
Der Rückfall der Kultur ist nicht nur wahrscheinlich. Er ist längst geschehen. Die Technnik vertuscht es nur, samt dazugehörigem Glauben. Man möge froh sein, wenn wir in 20 Jahren nicht bei Trommelekstase und Menschenopfern landen. Gerade das könnten wir vielleicht noch verhindern, weil das Gute sowieso nur verzögern kann, wobei es genau darauf ankommt, als eigentlichen Kulturimpuls. Die Felle am Arsch, das Lagerfeuer und die obligate und eheschließende Vergewaltigung der Frauen etwa sind ohnehin nicht mehr abzuwenden. Wir haben es selbst gemacht.
Die Gegenwart sucht nach Konzepten? Die Jugend nach dem Faden durch die Wirrnisse der Zeit?
Dann lese sie, als Anfang, was Jeremias Gotthelf vor 150 Jahren veröffentlichte. Wie gern der Einzelen aufnimmt, wenn sein Denken vom Realen, Gegenwärtigen abgezogen, auf vermeintlich "größere, wichtigere, allgemeinere" Probleme abgelenkt wird. Auf - Politik, große, ja globale Politik und "Probleme", nur ja nicht auf das Allernächste, die Frau, die Kinder, die nächste Umgebung. Denn dort liegen echte Schmerzpunkte. Das hat der Neird der Gegenwart doch nicht nötig! Der kümmert sich um Klimawandel und weiß der Deibel welche Verschwörungen, die die "anderen" verursachen.
Das ist der eigentliche Verlust: daß die Gegenwart nicht mehr zur Kenntnis nehmen will, daß sie dem bereits Erreichten um 150 Jahre nachhinkt. Aus Unwillen zur Kenntnnisnahme des längst Erreichen.
Wir sind am direkten Weg zum Neandertaler! Wo ein iPod nicht nur nicht bedeutet, der Zeit nicht voraus zu sein, sondern ihr um 5-50 Generationen hinterherzuhinken. Weil die Groß- und Urururgroßväter viel gescheiter waren, als es heutige Medienkonsumenten - und wie erst die selbsternannten "Kritiker" (der VdZ nimmt sich da überhaupt nicht aus; solche Erfahrungen machen ihn kleinlaut und bescheiden) - noch je erreichen können, selbst wenn sie ihr Verhalten von heute auf morgen umstellen.
Der Rückfall der Kultur ist nicht nur wahrscheinlich. Er ist längst geschehen. Die Technnik vertuscht es nur, samt dazugehörigem Glauben. Man möge froh sein, wenn wir in 20 Jahren nicht bei Trommelekstase und Menschenopfern landen. Gerade das könnten wir vielleicht noch verhindern, weil das Gute sowieso nur verzögern kann, wobei es genau darauf ankommt, als eigentlichen Kulturimpuls. Die Felle am Arsch, das Lagerfeuer und die obligate und eheschließende Vergewaltigung der Frauen etwa sind ohnehin nicht mehr abzuwenden. Wir haben es selbst gemacht.
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