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Dienstag, 19. August 2014

Vorsicht vor Bärendiensten

Der Film lohnt eine relecture, er war ja schon vor Jahren hier zu finden: Ein norwegischer Kabarettist und Moderator geht dem seltsamen "norwegischen Genderparadoxon" - "The Gender-Equality-Paradoxon" - nach. Denn obwohl Norwegen, seit 15 Jahren offizielle und progressive Geschlechtergleichschaltung eingeführt hat, obwohl es weltweit als das Land mit der höchsten "Gendergerechtigkeit" (und -gleichheit) gilt, läßt sich ein seltsamer Schwenk feststellen: die traditionell den Geschlechtern zugeschriebenen Rollen sind vor allem beruflich nicht diffundiert, sondern haben sich noch mehr herausgearbeitet.

Harald Eia spricht darüber mit den (natürlich zur Wissenschaft betitelten; wer ist das heute nicht ...) Genderbeauftragten der norwegischen Regierung, ein nicht zuletzt als Reaktion auf diese Diskussion mittlerweile übrigens aufgelöstes Büro. Als diese, konfrontiert mit den Tatsachen, darauf beharren, daß es keine angeborenen Geschlechterdifferenzen gäbe, und sämtliche Studien die dies behaupten überaltet und längst widerlegt seien, fliegt er um die halbe Welt, um das zu prüfen.

Mit genau dem gegenteiligen Ergebnis: Der aktuelle Forschungsstand belegt so klar wie noch nie Geschlechterdifferenzen sogar vom Embryo an. Die Genderberauschten aber weigern sich nach wie vor, dies zur Kenntnnis zu nehmen. Gegen die Wissenschaft, und vor allem gegen das Empfinden der Bevölkerung, die auch ausreichend zu Wort kommt.

Doch soll das nicht noch einmal aufgekocht werden. Vielmehr soll an dieser Stelle auf ein Problem der Argumentation GEGEN den Genderwahn hingewiesen werden. Es wird deutlich, wenn man den Ausführungen der britischen Forscherin Ann Campbell folgt. Ja, sie verweist auf die genetischen Unterschiede, aber nach den Ursachen gefragt offenbart sich die substantielle Schwäche der "Anti-Gender-Front", wenn sie auf dem Boden der Evolution steht. Denn: genau das ist ja die Argumentation der Genderbeflissenen. Campbell kann, aus diesen Thesen darauf, nur auf die traditioinellen Rollenverteilungen hinweisen, die sich seit der ersten Erhebung des Humanoiden aus dem Äffischen entwickelt haben. Hier wird also argumentiert, daß sich die Unterschiede AUS den unterschiedlichen Aufgaben - Kinderkriegen, Stillen vs. Jagd und Schwerarbeit - entwickelt haben sollen. Campbell kann übrigens gar nicht verstehen, wie die norwegischen Genderbeauftragten so argumentieren können - es ist wissenschaftlich nicht gedeckt. Aber kann sie selbst es entkräften?

Eine Berufung auf "Empirie" ist aus naheliegenden Gründen wissenschaftlich gar nicht gedeckt. Denn es "gibt" sie nicht, die "alles aus sich selbst beweisende Empirie", an die aber so viele Menschen heute glauben, ja, was als regelrechtes (Ver-)Bildungsziel unserer Schulen angestrebt wird. (Der VdZ behauptet das mit Fug und Recht, unter Bezug auf eigene Erfahrung mit seinen Kindern.)

Denn es ist doch umgekehrt, und eigentlich argumentiert auch der Film so: Die unterschiedlichen Aufgabenzuweisungen haben sich AUS den genetischen Unterscheiden ergeben, nicht umgekehrt. Wenn sich außerdem alles "entwickelt hat", und sonst keinen Sinn außer pragmatischen Nutzen hat, dann kann es auch verändert werden, wenn sich der Nutzen ändert.

Und genau so argumentieren ja die Vertreter der Genderideologie.

Erst aber ist das Wesensbils, DANN die Aufgabe, als Antwort, als geprägte Antwort, als wesensgemäße Antwort als Sinn, als "Pflicht". Die weltweit gleichen (!) Ausprägungen der Geschlechterrollen sind kein Zufall, sie sind die jeweilige Kultivierung des Wesens der jeweiligen Menschen. Ausbildung der prinzipiellen Polarität des Menschseins, ja allen Lebens selbst.

Ohne ein festes Wesensbild, und damit sind wir bei den Grundlagen der Natur- und Humanwissenschaften überhaupt angelangt, läßt sich nicht gegen den Genderwahn argumentieren. Dann ist die Rollenverteilung nach wie vor zufällig, an sich sinnlos, bestenfalls von Zwecken her gebunden, aber die lassen sich ja ändern. Genau darauf zielt ja sämtliche Gleichstellungsumerziehung ab. Was sich entwickelt hat, kann sich auch wieder anders entwickeln, wenn man ihm nachhilft. Immerhin sitzt kein Mann mehr mit Pfeil und Bogen auf Bäumen und keult Wildkirschenwachteln zum Abendessen, immerhin gibt es Maschinen die körperliche Arbeit erleichtern (und damit die Geschlechterbindung von Aufgabe und Arbeit quasi lösen), immerhin gibt es Kinderbetreuungseinrichtungen oder Teilzeitväter weil hochkomplexe Sozialsysteme ... Evolution ist genau das nicht: eine Begründung für Tradition. Trahere - tragen, ziehen, übernehmen. Aber warum? Kann nicht heute die Politik weltweit in alle lebensvorgänge eingreifen? Frauen Kredite verschaffen, Männern die Säuglingsaufzucht ermöglichen? Wenn Charakter zufällig, nur relativ ist, läßt er sich auch ändern.

Lediglich auf der Ebene des subjektiven Empfindens der Bevölkerung, am Boden des Faktischen, läßt sich nicht argumentieren. Dieses Empfinden ist wahr, gewiß, aber das hat ontologische Gründe, und nur auf dieser Eben läßt sich dieses "wahr" erfassen. Faßt man die nicht, kann nur polemisiert werden, und irgendwann werden die Gegenargumente unterliegen, weil der Mensch in einem unlösbaren Konflikt zwischen Denken und Empfinden steht. Worin das eigentlich "Gewußte" (als Geblaubtes) im Willen als Richte des Handelns siegen wird. Wenn man die Angelegenheit also nicht grundlegender anfaßt, steht dem Gender-Gleichwahn nichts entgegen - außer irrationale, nicht rechtfertigbare Subjektivität, die nur im Trotz (wenn auch: in gewisser Treue, denn das Empfinden geht viel tiefer, ist substantiell, weil die Sinne auf die Gestalt gehen) zu halten ist.

Nicht einmal davon kann man sprechen, daß es eine neue anthropologische Diskussion bräuchte. Denn daß es die braucht, wird gerade den Humanwissenschaften mit ihren Ansätzen, die etwa die Frage nach dem Leib-Seele-Verhältnis gar nicht klären können, lange schon klar. Aber es läßt sich auch keine Anthropologie klären, wenn es nicht zuvor zu einer metaphysischen, ontologischen Diskusion kommt. Denn die Humanwissenschaften als Naturwissenschaften lassen sich keineswegs aus sich heraus begründen.

So läßt sich der Film als Versuch bewerten, zwei unkombinierbare Schlüsse zu vereinen - Evolution und Geschlechterrollen, wie sie sich einfach unübersehbar aufdrängen. Als Faktum einer offensichtlich nicht veränderbaren Natur. Denn Frauen sind vom ersten Tag an differenziert, Mädchen glotzen auf Gesichter und sind kommunikativ, Buben starren auf Systeme und ihr Kommunikations- und Sprechverhalten entwickelt sich spät. (Nur wegen des Testosterons? Dann verändern wir doch die Testosteronbeigaben?)

Die Gender-Gegner haben die Wirklichkeit (nicht einfach die faktische Realität, die ja vielfach bedingt ist) auf ihrer Seite, das ist ihre Stärke. Während die Genderwahnsinnigen genau das ncith  haben, was sie behaupten: eine Basis auf wissenschaftlichem Denken und Forschen. Es ist eine Ideologie, es ist ein politischer Wille, nichts sonst. Und wenn sich Gender-Ideologen auf naturwissenschaftliche Ergebnisse berufen, so selektiv und nach Willkür, nach Dienstbarkeit. Denn Gender-Ideologie ist nicht Wissenschaft. Nicht einmal im Rahmen einer materialistisch-mechanistische Naturwissenschaft. Wenn heute wie im gesamten deutschen Sprachraum (Österreich im besonderen, das ja seit 1918 Vorreiter ist, wenn es um Umerziehung geht; das heutige Österreich hat eben keinen Seinsgrund, ist selbst nur Pragmatismus)  Genderseminare VERPFLICHTEND für jeden Universitätsstudenten vorgeschrieben sind, dann sagt das alles. Solchen Universitäten gehört jeder Euro an öffentlichen Mitteln SOFORT gestrichen. Sie sind nicht mehr Orte freier Wissenschaftlichkeit. Sie sind Orte der ideologischen Umerziehung. Lagern vergleichbarer, als Denkstätten. (Auch hier bezieht sich der VdZ auf Beobachtungen bei seinen Kindern, die zum Großteil studieren.) Hier zeigt sich eben das, was man am "nordischen Menschen" zurecht bewundert: Mut zur Wirklichkeit. Als den norwegischen Regierungen klar wurde, daß Gender nichts mit Wissenschaft zu tun hat, wurden sofort die Mittel dafür gestrichen.

Aber genau das ist der Grund, warum die Gender-Ideologie nicht aufhören wird können, zu behaupten, umzuerziehen, und immer wieder von aktuellen Erhebungen zur Einstellung der Bevölkerung frustriert sein wird. Dann geht sie eben andere Wege. (Man erspare dem VdZ Berichte über Erfahrungen mit UNO-Stellen; mehr Wirklichkeitslosigkeit gibt es gar nicht mehr.)

Nichts wird sich ändern, auch wenn derzeit ein Sturm durch die österreichischen Medien geht, etwa was die unsäglich dumme Inklusivsprache anlangt - ja, wir werden von Trotteln bestimmt, so ist es. Punkt. Und wir lassen uns von ihnen bestimmen.

Aber bei nicht widerlegter Grundargumentation, die aber nicht innerhalb dieser ideologischen Reichweite liegt, die ihr vielmehr vorausgeht, die aber niemand antastet, werden sie das als Freibrief sehen und diesen erhalten, die ideologische Umerziehung noch dichter zu machen, und die Menschen noch mehr zu verwirren, gerade bei jungen Menschen die Identitätsbildung noch schwerer zu machen.

Aber was ist sie, die Wirklichkeit, die doch jeder fühlt, um die doch jeder weiß?  (Man beachte etwa die grandiosen Sprachanalysen von Ortega Y Gasset - jeder weiß um sie, alles spielt sich im Rahmen dieser Wahrheit, dieser Wirklichkeit ab; Wittgenstein läßt sich in seinem Ringen nur so verstehen.)


Die Wahrheit kann nicht filetiert, Teilwahrheiten nicht instrumentalisiert werden, soweit sie eben reichen. Das ist das Problem, das leider vernachlässigt wird. Ein erbostes "Das geht jetzt aber zu weit!" ist kein Argument.

In jedem Fall ist der Film aber Zeichen einer gewissen Freiheit, die sich in Norwegen ihre Luft wieder geholt hat. In der Ideologieklammer Österreichs wäre das gar nicht möglich. Hier gehören Gendergegner längst zur Kategorie der (rechten) Nicht-Menschen. Aber diese haben das Problem, daß der Vorwurf, sie seien der Vernunft nicht fähig, einen kleinen Funken Wahrheit enthält. Denn die Argumente "gegen" entbehren dieser tatsächlich. Weil sie weit tiefer greifen. Doch da, da stehen ware Heere von mächtigen Dämonen dagegen, diese Denkwege (wieder) zu öffnen.

Eine Arbeit, die aber nicht die Menschen des Alltags - kein Arbeiter, keine Hausfrau, kein Agnestellter, kein Unternehmer - leisten können. Hier sind die Einsamen, die Ausgestoßenen, die Herausglösten gefragt. Die Künstler, die Philosophen, die Eremiten. Mit ihrer "unnützen" Zeit. Die von den Brosamen leben, die von den Tischen der tüchtigen Menschen fallen. Die Tüchtigen, die diese Unnützen aber im wahrsten Sinn notwendig brauchen, was sie leider auch gerne vergessen. Nur in dieser Polarität nämlich kann eine Gesellschaft egal in welcher Form gedeihen. Die Genderfrage ist keine Frage der alltäglichen Dispute.







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