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Freitag, 15. August 2014

Kultur - USA - (2)


Teil 2) Kollateralschäden einer mit viel Getöse vertuschten Leere




Wir wollen das freilich (seit Keyserling) etwas erweitern, zur Country-Musik, oder zu Liedermachern wie Bob Dylan oder Tom Waits; um einen Jimmy Hendrix nicht zu vergessen, natürlich ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit. Auch das scheinen originale Ansätze und wirkliche kulturelle Entwicklungen zu sein. Die eben dort ansetzen, wo Kultur überhaupt ansetzt. Insofern Anfänge sind. Aber sie sind es. Als artikuliertes Leiden an dieser Kulturlosigkeit, der untersten Stufe eines Beginns. Zu lange haben die Amerikaner geglaubt, daß der Puritanismus des Nordens, mit seinen erstarrten Formen ehemaliger europäischer Kultur, AUCH Kultur wäre. Das war er nie, er war immer nur eine Konserve ehemaliger Kultur, eine Bezugnahme darauf. Sein Zerfallen in der ersten Hälfte des 20. Jhds. war nicht zufällig, es geschah zurecht. Aber nach der Befreiung von diesen erstickenden Korsetten ist das Land ein Trümmerfeld geblieben.

Nicht die Technik, nicht die Computertastaturen, nicht Hamburger und Chevrolet-Coupets und nicht Tomahawk-Raketen. Diese Scheinwelt, die aus der (europäischen) Technik resultiert, die wiederum eine reine Scheinwelt produziert (man denke doch nur ans Internet!), verhindert, daß Amerika sieht, wo es wirklich steht, was es wirklich IST. Dominiert von jeder Menge zu bloßen, in jede Richtung verbiegbaren Schlagworten verkommener Begriffe, wie "Demokratie", mangels substantiellem öffentlichem Diskurs, dem tragenden Fundament jeder Kultureinheit.

Sein, nicht Haben. So abgedroschen (und leicht mißverstehbar) diese Formel ist, demaskiert sie doch den "amerikanischen Traum" als leer. Der ein sozialistischer Traum ist, den vom Bolschewismus nur unterscheidet, daß er unter ungeheuren Kollateralschäden einen anderen Weg zu materiellem Wohlstand eröffnet hat. Aber bis heute haben es die Amerikaner (genuin: des seit 1865 endgültig dominierenden puritanischen Nordens) nicht geschafft, eine fundamentale Beziehung zum Land selbst aufzubauen. Das sie wie ein Ersatzteillager für ihre Wohlstandsträume behandeln. Als Menschen, eingesperrt in ihre narzißtischen, engen Schranken, Blüten eben dieses mystizistischen Puritanismus.

Dann - wir zitieren wieder Keyserling - hätte auch der amerikanische Privatismus seine Stunde der Fruchtbarkeit. Von dem Hollywood so auffällig träumt. Aber er setzt eben im Privaten an, im engsten Umfeld, das es erst einmal auf seine Substanz zu gewinnen gilt.

Doch dazu müßten erst einmal die Träume von einer Welt-Ordnungsmacht um acht Stufen abgetakelt, auf die eigene Wohnstube wieder beschränkt werden. Denn das staatliche Amerika der Gegenwart hat nicht die (geistige) Kraft, die Welt zu ordnen. Das gesamte 20. Jhd. ist ein einziger Beweis dafür. Beginnend mit den unausgegorenen Wilson-11-Punkten, die Europa bis heute zerrüttet haben, bis zum Desaster im arabischen Raum.

Während Europa sich endlich seiner selbst besinnen sollte, denn noch gibt es dort, wenn auch schon fast zum Katakombendasein, in solitäre Veranstaltungen oder kleine isolierte regionale Räume verdrängt, Geist und geistige Kraft. Es sollte aufhören, der amerikanischen Schimäre nachzujagen, und endlich die Augen wieder öffnen, sich vom Imponiergehabe transatlantischer Fünfjähriger nicht mehr länger einschüchtern lassen, und eigenes Urteil zu bilden lernen. Die ihr Kind, das davongelaufen ist, in seine Schranken weisen. Das erwartet die USA nämlich. Kinder haben ein Recht auf Erziehung.



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