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Donnerstag, 19. Januar 2017

Anzeichen für den Auseinanderfall Österreichs

Da stimmt schon so manches an dem, was Martin Sellner (Identitäre Bewegung) hier als Analyse der Bundespräsidentenwahl vom 4. Dezember 2016 ins Netz gestellt hat. Egal, ob man die Geneigtheiten des Mannes nun mag oder nicht. Aber er weist auf ein paar Dinge hin, die näher auszuarbeiten lohnt.

Denn er deutet an, daß es demokratiegefährdend wäre, wenn Bevölkerungsgruppen "interessengesteuert" wählten und nicht aus dem Blickpunkt des Gemeinwohls, des großen Ganzen also. Es ist aber mehr als demokratiegefährdend. Denn Interessen haben immer Gruppen, die sich in einer eigenen Identität abschließen, wie etwas Staaten. Außenpolitik ist Interessenspolitik, sonst nichts. Das ist auch das Stichwort: Wenn die Innenpolitik sich in die Summe unterschiedlicher Außenpolitiken fragmentiert, bei denen der jeweilige inhaltliche, geistige, meinetwegen ideologische Aspekt kaum noch eine Rolle spielt, ist es das sicherste Anzeichen dafür, daß eine Gesellschaft (ein Staatsvolk) bereits auseinandergefallen IST. Österreich IST damit bereits das, was vollmundig verhindert werden sollte: Ein Ensemble von Parallelgesellschaften. Und man stellt sich sowieso die Frage, warum so viele gemeint haben, das könne man verhindern. Die Entscheidung dazu war vor vielen Jahren gefallen, und sie war die absehbare Folge der Erhöhung der Zuwanderungsquoten durch die Politik. 

Wobei man sagen muß, daß Parteien-Demokratie immer an dieser Grenze rührt, Parteien an sich bereits eine Entscheidung zu Parallelgesellschaften bedeuten weil eben "Partei-Interesse" in den demokratischen Diskurs einführen und diesen damit von der Sachzentriertheit und Personalität (als Wirbelsäule des demokratischen Prozesses eines über alle inhaltlichen Differenzen geeint bleibenden Staatsvolkes) ablenken. Wer eine Partei wählt wählt bekanntlich sogar einen Parteienvertreter, dem man sonst persönlich nie zustimmen würde.*

Sellner zeigt auch, daß die Migrantengruppen - man kann sie als wahlentscheidend bezeichnen - in Österreich ideologische Gruppierungen ihre Stimme gebe, die sie genau WEGEN dieser Ideologie in Wahrheit ablehnen. Türken etwa, die in der Türkei nationalistisch sind und Erdogan unterstützen, wählen hier Parteien, die man ganz eindeutig als antidotisch zu Erdogan und seiner AKP-Politik bezeichnen muß. Parteien, die mit gewissem Recht als intentional staatsauflösend wirken (die Grünen haben ja aus ihrer Ablehnung eines Staates Österreich in der bisherigen Form oft genug sogar ein Wahlprogramm gemacht.) 

Das gibt dem Wahlverhalten der Migranten einen bittersauren Zug: Denn sieht man jene Parteien, denen sie ihre Stimme geben unter dem gerade genannten Aspekt, so hat ihr Verhalten die typischen Züge einer Minderheit, die nicht durch eigene Stärke, sondern durch Schwächung der Mehrheit Einfluß gewinnen möchte. UM DANN ABER eine völlig andere Politik zu vertreten. Mit diesem Verhalten konterkarrieren sie aber sogar einen wichtigen Teil ihrer eigenen Interessen. Denn man muß kein großer Analytiker sein um zu sehen, daß die Zuwanderer der letzten Jahre und Jahrzehnte in erster Linie Zuwanderung in die unteren und untersten sozialen Schichten bedeuteten. 

Schichten, die in einer so hochtechnisierten Gesellschaft wie Österreich ohnehin zu den Verlierern gehören, weil die alltägliche Arbeitswelt einen gewissen Ausbildungs- und Integrationsstatus braucht und voraussetzt. Mit weiterer Massenzuwanderung aber wird die Konkurrenz genau in dieser Schichte noch weiter angeheizt, was sich zweifellos lohnsenkend auswirkt und nominell nur zu Lasten des Sozialstaates ausgeglichen werden kann. Damit wird sogar langfristig eine Integrationsperspektive, die man als Traum der Zuwanderer vom Leben in Wohlstand und westlicher Lebensart bezeichnen könnte, denn sie wäre das einzige Motivans für eine Assimilierung (Integration),  zerstört. Zuwanderergruppen aus mitteleuropäischen Ländern - Serben, Balkanländer generell - haben das längst begriffen und sind mittlerweile in hohem Maß "Rechtswähler" (als Synonym für Begrenzung der Zuwanderung.)

Eine Wählerschichte, die ehedem von "bürgerlichen" Parteien vertreten wurden, als welche mittlerweile die FPÖ angesehen wird. Und damit sind wir beim zweiten wichtigen Punkt, er wurde vom VdZ bereits im letzten Mai als Reaktion auf die erste Wahl hier vorgestellt. Er hat sich weiter verfestigt und bestätigt. Darin ging es um die Behauptung des VdZ, daß mmit dieser Bundespräsidentenwahl aufgrund der Geschlossenheit, mit der sich alle Nicht-FPÖ-Parteien präsentierten, erstmals etwas passiert ist, das es bisher noch nicht gab. Erstmals IDENTIFIZIEREN sich Bürgerliche mit der FPÖ. Und sie tun es immer offener. Das führt zu dem überraschenden Umstand, daß die Umfrageinstitute plötzlich wieder auf ihre Ergebnisse vertrauen können. Denn bisher war es so, daß die Befragten verschwiegen, wenn sie "rechts" (FPÖ) wählen wollten. Dadurch war bisher immer der tatsächlich bei Wahlen erreichte Stimmenateil der FPÖ höher als die Umfagen prognostiziert hatten.

Daß das nun vorbei ist beweist, daß erstmals die bürgerliche Bevölkerungsschichte die Konsequenz aus den faktischen Ereignissen der letzten Jahre und Jahrzehnte zieht - und tatsächlich in ihre Identität nunmehr diese stets so verpönte Partei integriert haben. Damit bereit sind, zukünftig als böse, faschistisch, nationalsozialistisch, mit einem Wort: dämonisch bezeichnet zu werden (wobei sie wissen, daß das ja gar nicht zutrifft), bereit, mit dieser Punzierung zu leben. Deshalb hat der VdZ schon voriges Jahr behauptet, daß die Hauptverlierer dieser Bundespräsidentenwahlen die bürgerliche ÖVP ist. Weil sie die Bereitschaft der Bevölkerung, ihre Identität mit ihr verwoben zu sehen, einmal zu viel auf die Probe gestellt hat (denn sei tut es ja schon seit Jahrzehnten). Strache hat die Solidarisierung mit dem Kandidaten der Rot-Grünen deshalb zurecht mit "Harakiri-Aktion" bezeichnet. 

Es wäre nämlich nun nicht verwunderlich, wenn das Wahlergebnis der Freiheitlichen bei den nächsten Parlamentswahlen ähnliche Größenordnung (fast 50 %) annimmt, wie es bei der Präsidentenwahl der Fall war. Sie bieten erstmals und "offiziell" dem bürgerlichen Lager Identität. Während der Absturz der ÖVP in die Nähe der Einstelligkeit, weil sie sich noch dazu mit Grünen und Liberalen um dieselbe Wählerschichte duelliert, immer wahrscheinlicher wird. Sie wird zumindest mittelfristig auf das Format einer Kleinpartei schrumpfen, dazu muß sich nur auf Länderebene noch etwas ereignen, denn die Bundes-ÖVP wird nur noch von Resten der einstigen Regionalität des christlich-sozialen Lagers am Leben gehalten. Die einzige Partei, die mit einem blauen Auge aussteigen könnte, wäre damit die SPÖ, die immer noch genug "rote" Anflüge hat, um den Rest der noch nicht-FPÖ-wählenden Arbeiterschaft zu binden. Sodaß aus dieser Perspektive eine nächste Regierung aus einer Koalition von FPÖ/SPÖ als recht sicher angesehen werden kann.

Eine Bemerkung soll hier noch erfolgen, der VdZ hat ja schon oft darauf hingewiesen: Der Versuch der "Rechten", auf die Entfachung von "Massenbewegungen" als "Reaktion von unten" zu setzen ist nicht nur prinzipiell² falsch, sondern wird zwar über kurz oder lang gewissen Erfolg haben, aber einen Wirbel auslösen, den eben diese Rechte nicht mehr zu lenken vermögen wird, sondern von anderen Gruppen oder Personen instrumentalisiert werden wird. Er ist bestenfalls (wie hier) mit der Jugend Sellners verstehbar, und der Jugend soll es auch erlaubt sein, zu träumen. Aber mehr ist es nicht. Eine Revolution ist außerdem schneller ausgelöst als inhaltlich zum Ziel geführt. Jede Revolution ist immer noch genau daran gescheitert, und endet mit einer Rückkehr der vermeintlich vertriebenen Geister, die nun aber mit weit stärkerer Gewalt bestimmen.** Reformen können immer nur von oben ausgehen, und sie müssen systemkonservativ sein. Wenn aber dieses System selbst das Problem ist, wird Reform zur Revolution, und damit schließt sich der Kreis.***

Denn Bewegungen wie sie sich in ganz Europa abzeichnen und artikulieren sind unausbleibliche Reaktion auf den Versuch der Linken, ihre "Diktatur des Establishments" zu festigen. Diese Gegenbewegung als Gegenwehr und Abwehr ist unausbleiblich und sogar richtig. Aber sie werden - der VdZ hat es schon oft artikuliert - zu einer "rechten Diktatur" führen, weil sich Substanz nicht "direkt etablieren" läßt. Diese Entwicklung hält der VdZ nach wie vor für die realistischerweise anzunehmende.







*Es ist nur ein weiterer Aspekt, aber man sollte darauf hinweisen, denn es werden oft völlig falsche Interpretationen geliefert - um "zu erziehen", also als Hilfsdisziplin des "social engineering", in dem man das Volk als "zu behandelnde Masse" sieht - wenn darauf hingewiesen wird, daß "liberale Regionen oder Bevölkerungsschichten" die Folge hohen kultureller "Vielfalt" wären. Das ist nämlich überhaupt nicht der Fall! Im Gegenteil, zeigen aus hier erwähnten Gründen hohe Anteile von Migranten die Heranbildung hoher Gruppenidentitäten an, die aus "Interesse" wählen, und damit jene Parteien wählen, die die herkömmlichen Strukturen SCHWÄCHEN, bis sie nicht mehr vorhanden sind. Wie zahllose Untersuchungen (weltweit) zeigen, steigt bei hohem ethnisch-kulturellen Bevölkerungsmix sogar die jeweilige Abgrenzung und Animosität der Volksgruppen untereinander. 

Sellner hat deshalb völlig recht wenn er sagt, daß das Hauptmerkmal jenes Establishments, das Massenzuwanderung befürwortet jene ist, daß sie an solche Lebensverhältnisse entweder nicht gebunden sind (also hoch sozial mobil, man könnte auch sagen: wurzellos), oder sie persönlich nicht besser kennen als von gelegentlichen Restaurantbesuchen, während sie selbst noch in ethnisch homogenen Stadtvierteln leben. Das ist übrigens eines der großen Probleme von Studenten als Wählern an ihren Studienorten: Sie werden das, was sie mit ihrer Stimme "anrichten", niemals auszulöffeln haben.

²Identität ist immer "selbstblind", das heißt: Sie kennt sich nicht, weil sie, wenn sie vorhanden ist, eben "einfach da ist" weil "ist". Wenn man also eine "wirkliche, tragende Volksschichte" ansprechen möchte, so kann das nie geschehen, indem man sie auffordert, "Identität zu zeigen". Die zeigt "sich", bestenfalls, also indirekt, und sie zeigt sich als Wirken innerhalb einer konkreten Aufgabe. Die aber ist für das tragende Volk nichts anderes als ... ihr Alltag, ihr Beruf, ihre Familie. Sie zu ideologisieren heißt aber, diese tragenden Elemente "zu simulieren", und damit wird genau das geschwächt, was sie ausmacht. Es ist also die alte Frage, ob wahrer "Konservativismus" überhaupt "revolutionsfähig" sein KANN. Der europäische Faschismus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg - nicht zufällig eine Zeit höchster Rationalisierung in Wissenschaft und Philosopie, das sicherste Zeichen daß die Substanz bereits fehlt - hat sie beantwortet.

**Man führt oft die russische Revolution von 1917 als Beispiel einer erfolgreichen Revolution an. Nichts war sie weniger. Sie hat auch ihre Ziele nicht erreicht! Sie hatte nur die besonderen Bedingungen (und aus mehreren Gründen, u. a. wegen des Ausbruchs des 2. Weltkrieges, der zu einer Re-Formation des Volksbewußtseins geführt hat), daß ein und dieselbe Personengruppe, die diese Revolution (die ein Putsch war, dem eine Diktatur folgte) ausgelöst hatte, siebzig Jahre lang durch Terror an der damals errungenen Macht bleiben konnte. Als diese Generation aber ausstarb, war der Traum einer russischen marxistischen Volksrepublik ausgeträumt. Die nächste Generation (mit Gorbatschow an der Spitze) riß sofort alles ein, nachdem sie keine Gegenmacht mehr fürchten mußte, weil die Alten einfach nicht mehr da waren, und es keine nächste marxistisch-kommunistische Führungsgeneration mehr gab. Das war das ganze Geheimnis um die "Wende im Ostblock".

***Der VdZ beobachtet nun schon geraume Zeit "rechte" ideologische Zirkel. Sie haben vor allem dort Recht, wo es um die Abwehr und das Aufzeigen von Phänomenen geht. Aber nirgendwo fand er jene geistige Substanz - die noch dazu nur religiös begründet sein kann - die zu politischer Hoffnung berechtigte. Vielmehr meint er zuletzt verstärkt Anzeichen dafür zu sehen, daß auch dort die Religiosität zur peripheren Privaterscheinung oder bestenfalls Inventarstück unter vielen wird, zugunsten einer Ideologisierung als rational einzig möglich scheinendes "direktes Handeln". Material dafür liefert leider sogar die Kirche selbst, die sich zum einen de-substantialisiert (entwesentlicht), zum anderen aufgehört hat, die Stimme des notleidenden Volkes zu sein (und sich dafür das vom Establishment ihr wie einen vergifteten Fleischbatzen vorgeworfene "Ersatzvolk" gesucht hat).





*151216*