Die Schlüsse, die gezogen werden, sind typisch und führen nicht sehr weit, weil man im Grunde mit dem Problem nichs anfangen kann. Aber einer der zuletzt zahlreich auftauchenden Studien zu den "Ursachen des Erfolgs des Rechtspopulismus in Europa" bestätigt, was sich längst in den Medien herumgesprochen hat, aber noch immer zu wenig Resonanz fand. Weil es nicht so ganz ins Schema paßt, das man gerne hätte.
Denn es ist nunmehr eine vielfach erhärtete Tatsache - die Pegida zeigt es ohnehin schon lange vor - daß Rechtspopulismus KEIN Phänomen der Armen und Dummen und Unterschichtszugehörigen ist. Es ist schlicht und ergreifend kein Phänomen der Verlierer, als das er gerne bezeichnet wird. Im Gegenteil. Man könnte es als Phänomen jener bezeichnen, die ÜBERHAUPT ETWAS ZU VERLIEREN HABEN. Es ist ein Phänomen der mittleren bis oberen Einkommensschichten mit durchwegs guter Bildung. Keineswegs hat es also mit Unterschicht zu tun, das läßt sich mit Sicherheit sagen. Die wählt nämlich nach wie vor ... links, auch wenn sie sich dort immer weniger wiederfindet.
Nur die obersten Einkommensschichten und die Akademiker fallen hier aus der Reihe. Aber das könnte man vielfältig erklären. Denn anders als ständig heruntergebetet wird, heißt akademischer Grad KEINESWEGS hohe Bildung, sondern es ist nur die Attestierung gesammelten Wissens, das Bestätigen eines gewissen Fundus an vermeintlich Gewußtem. Daraus könnte dann in einem persönlichen Aneignungsprozeß eventuell auch wirklich Bildung erwachsen, aber das ist bereits ein anderes Problem. Nicht das des akademischen Grades.
Zu den höchsten Einkommensschichten, die nur geringe Affinität zu diesen Bewegungen aufweisen, ist zu sagen, daß sie in Europa in außerordentlich hohem Maße von der Politik abhängen. Und mehr muß man dazu gar nicht mehr sagen. Und darin treffen sie sich auch mit den sogenannten Akademikern, von denen es sowieso nur wenige zur Bildung schaffen, denn für die meisten bleibt alles Anwendungswisssen in einem - wie Goethe es einmal formuliert - höchst engen, im Studium spezialisierten Bereich. Der Rest übersteigt selten bis nie das Niveau populärer Schlagzeilen. Sagt Goethe.
Und die Studie bestätigt diese Spekulation über Zusammenhänge durch ein anderes Detail, nämlich durch das zweite wirklich signifikante Merkmal der "Rechtswähler": Sie haben kein Vertrauen mehr in die Politik und die Politiker. Sie "sind" also keine "Rechten", sondern sie verlangen ein andere Politik und vor allem andere Politiker. Klingst das nicht ziemlich nach Vernunft weil eigenbestimmtem Urteil?*
Und die Studie bestätigt diese Spekulation über Zusammenhänge durch ein anderes Detail, nämlich durch das zweite wirklich signifikante Merkmal der "Rechtswähler": Sie haben kein Vertrauen mehr in die Politik und die Politiker. Sie "sind" also keine "Rechten", sondern sie verlangen ein andere Politik und vor allem andere Politiker. Klingst das nicht ziemlich nach Vernunft weil eigenbestimmtem Urteil?*
Ende der Debatte. Denn mehr gibt das, was da überall vorliegt, schon aus den Fragestellungen heraus gar nicht her. So müßte man dem scheinbar widersprüchlichen,. aber interessanten Phänomen nachgehen, daß die höheren Beamten ebenfalls deutlich zum "Rechtspopulismus" neigen. Müßte man also mit ganz anderen Fragen an das Thema herangehen. Die jetzigen Fragen schöpfen das Thema nicht aus, kommen höchstens zu für die Fragenden verwunderlichen - eben, weil die Fragen ganz anderes voraussetzten - Ergebnissen.
Deshalb kommt auch die von Agenda Austria vorgestellte europäische Studie (die nur eine von zuletzt vielen ist, sie alle führen zu denselben Ergebnissen) zu dem für die Autoren überraschenden Schluß, daß Rechtspopulismus nicht mit wirtschaftlicher Not oder Sorge zu tun hat, im Gegenteil. Sondern zuerst und vor allem mit besorgtem Fragen um die Identität. Und diese Kategorie kam in den Politiker- und Establishment- und Klerikerhirnen bisher nicht einmal vor: Daß jemand wirklich Verantwortung für etwas sieht, das es zu bewahren, zu schützen, wertzuschätzen gilt - wo kämen wir denn da hin? Dafür ist doch der heutige Politiker nicht da?! Der soll doch die Welt retten und Bewußtsein verändern, also die Gesellschaft mit Ingenieurmethoden verbessern?
Dabei wäre es so einfach. Nur wer um das weiß, was er hat (also gebildet ist), nur wer überhaupt etwas hat (also beruflich etabliert ist), nur wer Verantwortung kennt (also etwas besitzt, und damit Säule der Gesellschaft ist), nur der ist auch besorgt (weil er Gutes will), daß es zerstört werden könnte (weil er sich auch gezwungen fühlt, zu verteidigen). Und um die allgemeine Erodierung zu stoppen erhofft man sich Hilfe von den sogenannten "rechtspopulistischen Parteien" in Europa, die deshalb in erstaunlichem Maße wahre Bürgerbewegungen sind, keine Parteien. Dazu werden sie erst allmählich gemacht.
Der typische AfD oder FPÖ-Wähler ist also der freigeistige Wähler, der der gutbürgerlichen Mitte entstammt, das ist das Fazit aus allen diesen Studien. Er ist der typische christlich-soziale und christlich-demokratische Wähler, der in erster Linie aus dem ideellen Totalzusammenbruch in den ehedem bürgerlichen Mittelschichtsparteien ausgestiegen ist. Die, und das kann der VdZ aus eigener Erfahrung bestätigen, seit Jahrzehnten nicht gemerkt haben, daß sie sich von ihren eigenen Wurzeln - und damit Wählern - entfernt haben, diese Tatsache, die jedem aber deutlich war, nicht bemerken wollten oder für unbedeutend hielten. Heute kassieren sie die Rechnung dafür.
*Der VdZ hat vor mittlerweile fast 30 Jahren ein Rhetorikseminar bei damals DEM Rhetoriklehrer der ÖVP besucht, einem gewissen Herrn F. Offenbar ein "natürliches Redetalent" (man weiß ja, was man dem Vater schuldet, der Seminarleiter war nur noch beeindruckt), hatte sich der VdZ gestattet, in einer der Seminar-Probe-Reden die ÖVP anzugreifen, weil sie die Interessen ihrer eigentlichen Wähler nicht mehr vertrete, sich von ihrem eigentlichen Programm entferne. Plötzlich vergaß sich der Seminarleiter und kanzelte den VdZ coram publico ab, wie er sich erdreisten könne, solchen Unsinn zu sagen. Damit aber genau durch diese auf Schuldbewußtsein basierende Empfindlichkeit bewies, was der VdZ in zahlreichen anderen Erfahrungen (er wollte sich damals sogar politisch in der Partei seines Vaters betätigen) nur bestätigt sehen konnte: Die parteiinternen Funktionärs-Prozesse der ÖVP schlossen bereits in den späten 1980er Jahren ihre eigenen Inhalte zu vertreten längst aus. Das hatte übrigens der Vater des VdZ schon in den 1950er Jahren gesagt.
*061216*