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Dienstag, 9. Februar 2021

Kultur als "Maschine" der Heilsordnung (1)

"Die Leiden der gegenwärtigen Zeit bedeuten nichts im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll. Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung: auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes." (Röm 8, 18-21)

Seltsamerweise ist besonders die herausgestrichene Stelle in den verschiedensten Übersetzungen (oben ist es die Einheitsübersetzung), die der VdZ herangezogen hat, ganz offensichtlich schlampig - also nicht ganz einer Sinnklärung willen an der Wahrheit ausgespannt hinlänglich gefolgert - übersetzt. Denn ihr Sinn ist kaum wo deutlich. 

Erst in der Übersetzung von Konstantin Rösch kommt der Sinn der Stelle, von der hier gehandelt werden soll, deutlicher zum Ausdruck. Denn nach Rösch ist sie so zu lesen: 

"Die Schöpfung wurde der Vergänglichkeit unterworfen, nicht nach eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterwarf. Doch bleibt der Schöpfung die Hoffnung, daß sie von der Knechtschaft der Vergänglichkeit frei und an der herrlichen Freiheit der Gotteskinder teilnehmen wird."

Denn wir deuten sie anders, und schon gar anders als etwa Karl Barth in seinem legendären Römerbrief-Kommentar. Wo eine völlig verworfene Schöpfung auf eine Weise zur Hoffnung berufen sei, wie sie zuwenigst dem VdZ nicht nachvollziehbar ist. Denn von Gott hineingelegt blinzelt bereits die Gnosis um die Ecke. Jene Sichtweise also, in der Gott das Gute wie das Böse verursacht weil geschaffen hat. Zumindest kann man diese Lesart bei Barth nicht ausschließen. Aber das Böse hat keine Substanz, es hat kein Wesen aus und in sich. Es ist böse in Beziehung, in Bezug auf den Schöpfer weil auf die Schöpfung und der Ordnung.

Das Geheimnis der Stelle entdeckt sich also auf andere Weise. Indem man nämlich zum einen bedenkt, daß alles was ist, alles was es gibt, alles was Seiendes ist, und INSOFERN auch der Satan, der Nichter, im Letzten nur isset (activum), weil und insoweit es am Sein selbst, also an Gott in Analogie, also Ähnlichkeit zu Geist und Wille Gottes TEILHAT. Die sich in allem Seienden durch Richtung, Gerichtetheit ausdrückt. 

Aber wir haben zwei Todfeinde. Und das ist es, wogegen sich eine Kultur stemmt. Die Schwäche der eigenen faktischen Natur, zum einen, aber zum anderen einen Willen, der zum Nichts führen will und so gerne das faktische Seiende lenken und bestimmen möchte. Um so zum Nichts zu bringen, was zum Sein bestimmt ist. Satan. Deshalb heißt Kultur AUCH und sogar manchmal überwiegend Kampf. Deshalb steht zwar Freude am Fenster der Kultiviertheit, aber zu ihr ist ein Weg der Pflicht und des Schweißes zurückzulegen.

Um so dieser "Gerichtetheit aus sich heraus" die Krone zu bilden. Diesen Willen, also der Geist, in dem sie "Abba" spricht, zur Haltung, zur Gerichtetheit des Faktischen zu machen. So gut es eben geht. 

Gefallen sind wir. Aufstehen müssen wir. Denn wir sind herausgerissen durch die Sünde des ersten Menschenpaares aus der engstmöglichen Vermählung mit dem Willen Gottes (Mensch = Mann UND Frau), fehlt dem Schöpfungsganzen nun diese Gerichtetheit im Geiste. Hier aber setzt der Satan an. Der jede Nicht-Gerichtetheit auf Gott als Tor erkennt, durch das er einfallen und der somit neutral bis sogar wehrlos gewordenen Schöpfung SEINEN Willen aufprägen kann. 

In dieser Hinsicht ist der "Unterwerfer" eben auch auf zweierlei Weise zu verstehen: Da ist sie als Strafe Gottes, der sie der Leere, der Nichtung, dem Tode ausgeliefert hat, die nur durch jene Haltung zu heilen ist, in der sich die Schöpfung wieder gegen Gott wendet UND (und das vor allem) durch den Gottmenschen Jesus Christus im Opfer wieder mit dem Vater, mit Gott versöhnt ist. 

Aber da ist sie auch (!) dem Satan unterworfen. Aus dessen Klauen nur eines befreit: Die Hinordnung auf den Sohn Gottes, der durch seine Doppelnatur Mensch-Gott auch das Menschsein in dieses innertrinitarische Leben (zurück-)geholt hat.

Und im Menschsein - weil der Mensch die Krone der Schöpfung ist, und zwar auf eine Weise, in der die gesamte Schöpfung auf ihren König hin orientiert und ausgerichtet ist - nimmt er somit auch die gesamte übrige Schöpfung, von der Mikrobe, dem Virus, dem Stein, der Pflanze, dem Tier, bis hin zum fernsten Stern im All, in dieses Leben im Heiligen Geist (als die Heiligkeit repräsentierende, ja seiende Hauchung zwischen Vater und Sohn) mit hinein. 

Was bedeutet das für den Menschen, was für unser Verhalten? Wenn wir denn in die Sünde gefallen sind, heißt das für uns, daß wir eines nie verlieren dürfen, und uns um eines stets wieder zu mühen haben: Diese Hinordnung auf Jesus. Erst in diesem Hoffen, in diesem Glauben, in diesem Lieben, das alles selbst bereits dynamisches Heiliges Leben ist, sind wir jenes Gefäß, in das sich die Gnade ergießen kann. Die von Gott ungeschuldet und aus freiem Willen in die Welt hereinbricht, um uns in die Heiligkeit hineinzuholen. Diese Bereitschaft dazu ist auch das einzige, das wir wirklich tun können. Und an ihr wird auch unsere Verdienstlichkeit gemessen. Denn sie hängt tatsächlich von uns ab. 

Wenn wir nun den Gedanken hereinholen, unser Wissen (als sichergestelltes, in Händen gehaltenes Spiegeln der Wahrheit selbst) darum aufrufen, daß das Menschsein an sich KULTUR ist, denn sonst ist es gar kein Menschsein, das über die Potens (die reine Möglichkeit) hinausgeht, dann wird uns vielleicht klar, was es bedeutet, IN einer Kultur zu leben. Wo diese Ausrichtung auf Gott, den Geber aller Gnade, wie eine Leitplanke in unseren alltäglichsten Begegnungen mit Dingen wie mit (ähnlich uns gutwilligen) Menschen in unseren Wegen steht. 

Bei jedem Schritt, bei jedem Blick, bei jedem Gehörten und Gefühlten und Gerochenen, das uns in der Schönheit von der Güte Gottes, der die Freude ist, erzählt. Und uns so den Schritt auf unseren Schöpfer hin so leicht macht, daß es uns nachgerade löckt. In jedem Menschen grüßt uns sein Heldentum, in jedem Brot die Vollkommenheit zu der das Sein des Getreidekorns über die Sauerbakterien geführt wurde, und uns somit im Geschmack erfreut und in der Sättigung schließlich und nicht zuletzt auferbaut. In jedem Wort, das wir hören, und das getragen vom Guten Willen, also von dieser vorbehaltlosen Bejahung des Seins durchwirkt ist.

Morgen Teil 2) Worauf wir uns freuen dürfen, weil wir hoffen.


*040221*