Teil 2) Von den Füßen auf den Kopf gestellt
Dieses LINKS aber, das mit dem oft sehr richtigen Kampf der Arbeitenden im Rahmen eines falschen, liberalistisch-nihilistischen Kapitalismus nicht das Geringste zu tun hatte, ist wie die gesamte 68er-Bewegung nur vor dem Hintergrund einer bürgerlichen Jugend zu verstehen. Keineswegs hatte DIESE linke Graswurzelbewegung (als die sie sich ausgab) - die zu Anfang durchaus ernstzunehmende Gesellschaftskritik enthalten hat, die als Aufbegehren gegen jenes social engineering zu verstehen ist, in dem verwurzelte, lebendige Nachbarschaften durch den staatlich gewollten (!) und durch gezielte Maßnahmen betriebenen (!) zu bloßen Konsum-Sozietäten umgebaut wurden. In denen die Menschen zu bloßen Konsumenten und Faktoren im Rahmen einer technizistisch verstandenen "Gesellschaft" wurden.
Weil im Rahmen des "urban renewal" - einer als Stadterneuerung getarnten, massiven Umgestaltung der inneren Stadtstrukturen in willkürliche Nachbarschaften, die zwangsläufig nun zu unpersönlichen Nebeneinander-schaften wurden, die die Menschen vereinzelten - ihr Leben in keine natürlichen, durchaus völkischen, auf jeden Fall persönlich nahen und verwandtschaftlichen Beziehungen umgewandelt wurde. Der typische amerikanische Mittelstandsbürger wurde nun zu einem Bewohner anonymer Vorstadtsiedlungen, der Auto und Autobahnen brauchte, und dessen Leben sich auf eine völlig veränderte Konsumlandschaft umstellen mußte.
In der der Fernseher die Hauptrolle als Kommunikator im Sinne einer nochmöglichen "Gemeinschaft und Zugehörigkeit" (als gleichgestaltete Informiertheit, die Grundlage für die Teilnahme an jedem Diskurs mit jenen, die er in der Arbeitsstätte usw. noch antraf) spielte. Der eine neuartige Lagerwirtschaft mit Großpackungen, Tiefkühlkost und vor allem Supermärkten brauchte, um seinen Lebensbedarf an Gütern deckte und perfektes Objekt eines ganz neu verstandenen Marketings wurde, in dem die Medien die gesellschftlichen Standards kommunizierten. Nicht mehr der Nächste, der Verwandte, der Nachbar.
QR Tichy Eigenheim |
Zu welchen Verirrungen der längst zum Allgemeingut gewordene liberale Geist führt, der diese Wohn- und Lebensform nachgerade verherrlicht - denn es gehört zusammen: A-soziales und Liberalismus sind ein und dasselbe Wort! - zeigt dieses ganz aktuelle Video aus der Schule "Tichys Einblick". In dem das "Einfamilienhaus", das Vorstadthaus also, diese Form des isolierten, vereinzelten Lebens zum - zufälligen! - Prototyp des Eigentums erklärt wird. Der in Wahrheit dem Kapitalismus als prototypische Eigentumsperversion geschuldet ist.
Das Soziale als Gemeinschaft von Menschen, die zueinander in einem Verhältnis standen, sich wechselseitig zu verpflichten, sowohl soziale Schuld einzugehen wie auch Verschuldung des Nächsten anzunehmen, wurde so aufgelöst. Das Soziale wurde zu einem identitätslosen, nur noch über ein abstraktes, ständig zu erneuernden Amerika-Bewußtsein gehaltenen Nutzenverhältnis, das nur noch über objektivierte, quasi-mathematische "Gerechtigkeit" definierbar war.
Amerika war seit je (als Land, das NUR Einwanderer als Bevölkerung hatte) in ethnische und damit immer auch religiös geeinte Teilgesellschaften gegliedert. Die USA waren (und sind) also per se ein Land von Parallelgesellschaften. In der die Menschen nach ihren Herkunftsländern und -völkern Identität haben.
Die unter der Zielsetzung eines "staatlichen Schulterschlusses" aber als zu dünn angesehen wurde. Also sah man es im Rahmen des Zweiten Weltkrieges und vor allem im darauf folgenden Kalten Krieg für "notwendig und nützlich", diese mangelnde Solidarisierung mit der obersten politischen, staatlichen Absicht und Politik durch eine neu geschaffene Identität - unter dem Aspekt eines permanenten Kriegzustandes! - zu verändern. Sodaß ein positivistischer, künstlich gesetzter "Amerikanismus" jede im eigentlichen Sinn kulturelle, natürliche Prägung der Menschen ersetzen sollte. Jede Identität, die über gemeinsamen Bräuche, Gewohnheiten, Lieder, kurz: über sämtliche angestammte, vertraute Verhaltensmerkmale definiert wurde, wurde zur Schwäche, und damit zum Feindbild. Sie mußte deshalb ausgelöscht und durch eine künstliche, zwangsläufig nun politisch definierte Identität ersetzen sollte. Gewünschte, den Staatszielen nützliche - weil in die wirtschaftlichen Ziele integriert, jenen Motor jenes Geldreichtums, der die militärischen Anstrengungen stemmen konnte, die wiederum notwendiges Merkmal für den globalen Status der USA waren, welche sich nun als "erste Ordnungsmacht der Welt" definierte - Ideologie sollte und mußte in den Augen der US-Staatsführung und seiner Behörden natürliches Selbstgefühl und Weltsehen ersetzen.
Diese Form der willkürlichen, bewußten Umgestaltung eines ganzen Landes und seiner Bewohner hatte jene leeren Lebensformen hervorgebracht, die in den nächsten Generationen Rebellion bewirkten. Weil die Elterngeneration selbst mit unnatürlichen, unlebendigen, herz- und gemütslosen, ideologisierten Lebens- und Sichtweisen die innersten Bedürfnisse nach Sinn und gehaltvoller Lebensweise nicht mehr erfüllen konnte. Damit wird klar, daß dieser Protest, als der sich diese Unzufriedenheit äußerte, auf der Grundlage eines eigentlich hohen wirtschaftlichen Lebensstandards geschah.
Wie immer man es bewerten mag - dieser Umstand kann nicht bestritten werden. Das "Linkssein" der 68er-Generation war eine Attitüde einer gesättigten Generation, die so viel Geld und Mittel hatte, herkömmliche Lebensformen weiter zu genießen, dabei aber für andere, neue Zwecke umzugestalten. Der "Marsch durch die Institutionen", als der er sich konkretisierte, ist eben nur dann möglich, wenn die Mittel, diese Institutionen zu durchlaufen, vorhanden sind! Die 68er, um es einfach zu machen, war eine Generation, der es sehr gut ging. Die mit den Eltern um Marken für Plattenspieler stritt, die es zu Weihnachten geben sollte, und rotzig genug Geld verlangte, um Woodstock zu besuchen, oder einen Sommer in Portugal zu verbringen. Diese Generation der Verweigerer bestimmt die Gegenwart, der VdZ hat schon darüber geschrieben.
Sie erlebt nun, wo sie ins höhere Alter kommt, ein bitteres Erwachen. Hat keine Familie, keine Kinder die für sie da sind, keine materielle Substanz, ja überhaupt keine Reserven (sieht man vom Erbe der ehedem verhaßten Eltern ab), und muß von der Hand in den Mund (und von Mindestrenten) leben. Sie braucht also den Sozialstaat mehr als jede Generation vor ihr. Sie ist deshalb so strukturkonservativ, wie wir es einerseits bei den Grünen erleben, und anderseits bei allen Politikern, die "sichere Pensionen" und "kostenlose (medizinische) Betreuung" unter der Prämisse der Anonymisierung der Berechtigung für jene Ansprüche, zu denen soziale Bindungen umgewandelt wurden, zu höchsten politischen Zielen erklären. Alles das erleben wir hautnah in diesen Jahren und auch in dieser Corona-"Pandemie". Dort ist die Bruchlinie der Aufspaltung des Volkes, wie wir sie vor Augen haben.
"Easy Rider" gehört ebenfalls zu dieser Generation. Und sie hat damit zu jener Entwicklung geführt, die im zweiten Bild zu sehen ist. Sie hat auf ihrem Marsch durch die Institutionen, der perfekt gelungen ist, jene geistige Zersetzung zum Maßstab durchgesetzt, der aus Individuen entstaltete, formlose Massenmenschen machten. Die sich nicht mehr über konkrete Lebensweisen und Merkmale definieren, sondern über abstrakte Ansprüche. Sie hatten keine Lebensprojekte mehr, die sie in schwierigsten Jahren durchstanden und eropferten, in denen sie wirkliche Dinge erschufen. Sie "lebten" stattdessen, fuhren nach Indien und China, und verjubelten dort jene Substanz, von der sie lebten, die aber ihre Elterngeneration aufgebaut hatte.
Das hat natürlich zu einer neuen Moral geführt. Nämlich zu einer Moral der Schuldner, die über ihre Gläubiger Gewalt wollen, um ihre Schulden zu vernichten. Also konnte sie nicht mehr von den Sachen ausgehen - denn Sachen, Dinge, die entstaltet sind, sind "verschwunden" - um Gerechtigkeit zu definieren, sondern von abstrakten "Werten". Die von einem neuen (irrationalen) Sinn- und Wertgefüge ausgehen, dessen Gestaltung aber nun in ihren Händen lag. Und das vor allem davon lebte, die Werte der Elterngeneration zu Unwerten zu erklären, das Gute in eigentliche, "wahrhaftige" Schulden umzuwandeln. Und dazu mußten eben alle Dinge entstaltet, die Konkretheit der Welt aufgelöst, das Empfinden der Vernunftstruktur der Welt, das in den Dingen steckt und jedem Menschen gleichermaßen zugängig ist, entwertet, ja genau diese Ganzheit verdammt werden.
So konnten sich verdinglichte Abstrakta als Werte durchsetzen, die es jeweils und meist nicht einmal "gibt". Soziale Gerechtigkeit. Klimagerechtigkeit. Geschlechtergerechtigkeit. Und jetzt - Corona-Gehorsam.
"Easy Rider" ist also nach rechts, in eine vermeintlich bessere, neue Ordnung aufgebrochen. Aber es war ein Irrweg. Beide Kämpen kommen jetzt als lächerliche, vermaßte, gesundheitlich angeschlagene, entstaltete, aber "ökologisch mustergültige", angepaßte, neuen Werten nach "hoch-moralische" E-Scooter-Fahrer zurück.
Nicht nur das aber, und hier schließt sich der Bogen dieser Ausführungen: Die "Easy Rider", getrieben von einem mißverstandenen Freiheitsbegriff - denn der Mensch ist zwar auf eine Weise, ist aber auf eine andere Weise, der die erste zuwirken muß, überhaupt NICHT "born to be wild" - führen und fahren in einen Zustand des Todes, des geschichtslosen Nichts. DAS wurde daraus.