Ausgangspunkt dieser sonntäglichen Korrespondenz mit K war eine Analyse der geopolitischen und militärischen Lage in der Welt. In der schließlich das Thema Südkorea zur Sprache kam. Ein Land, das durch amerikanischen Druck und (immer mehr: vermeintliche!) Abhängigkeiten von den USA in eine seltsame Lage gepreßt wird. Denn im Grunde haben Japan und Südkorea eine riesige, ungedeckte Bilanz.
Japan hat von den 1930ern angefangen bis 1945 riesige Verbrechen in Südkorea begangen. Die von massenhaften Zwangsprostituierten angefangen, bis zu hunderttausenden, wenn nicht Millionen Toten durch Versklavung reichen.
Jetzt aber ist Südkorea gezwungen, die massive Aufrüstung Japans, das gleichfalls auf amerikanischen Druck hin zu einem ernsthaften militärischen Kontrahenden Chinas aufgebaut werden soll, mitzutragen und zu "begrüßen".
Freilich kann man das mit "Staatsraison" begründen, aber dahinter steckt etwas, das ein Ablaufdatum hat: Das Tragen einer Spannung, die irgendwann zum Zerplatzen der Haut führt, die alles trägt.
Ja, Staatsraison ... Ich weiß aus meiner bescheidenen Erfahrung - ich mußte ja in St. Pölten auch vieles schlucken, was in Wahrheit ein Widerspruch war, um meine Position insgesamt nicht zu gefährden, die nur haltbar war, solange alle geglaubt haben, Krenn stützt mich - daß diese Raison nur bis zu einem bestimmten Punkt geht. Dann kippt sie, weil irgendein unvorhergesehener Umstand aus heiterem Himmel kommt. (Bei mir: Das Vergessen einer Diskette mit diesem privaten Brief an K in Rom, der dann offenbar gemacht hat, daß ich Bischof Krenn sehr kritisch sehe, was man ihm sofort unterbreitet hat; dann war es aus für mich, Krenn hat mich sofort gekündigt.)
Komplexe Systeme brechen immer aus einem oft winzig kleinen Umstand, der Wirkungen hat, die mit ihm selbst in keinem adäquaten Größenverhältnis stehen, sondern lange aufgestaute Kräfte plötzlich und in Kettenreaktion entladen.
Dieses physikalische Gesetz gilt im Kleinen und Persönlichen nicht weniger wie im Großen, und auch dann, wenn es psychologisch (seelisch) ist.
Die großen Kräfte dort sind: In Wahrheit tiefe Animositäten und offene Rechnungen mit Japan. Darüber wird ein immer größeres Konstrukt gespannt, das Japan sogar genau in dem stützt, das man an ihm fürchtet - an seiner militärischen Kraft. Genau sogar dort, wo Korea sie fürchtet! In der ru Ostflanke und in China-Taiwan, dem Ur-Freund (!) Südkoreas. Es muß also nicht nur die eigene Gefährdung stärken, sondern auch den fast einzigen wirklichen Freund, China, schwächen. Also wenn das nicht Ur-Kräfte sind ...