Der amerikanische Psychoanalytiker Kubie verwirft die häufige Ansicht, das das kreative Potential eine Frucht des Unterbewußtseins wäre. Vielmehr meint er,
- daß die Neurose die Kreativität auf allen Gebieten verfälscht, verdirbt, verzerrt, ja blockiert
- daß deshalb niemand fürchten müsse, daß ein schöpferischer Drang verkümmere, wenn es ihm gut gehe
- daß diese grundlose Furcht auf der irrigen Annahme beruhe, daß unsere schöpferischen Fähigkeiten dem Unbewußten entsprängen, während tatsächlich das Unbewußte unsere Zwangsjacke ist, die uns ebenso schablonenhaft, steril, und ewig wiederkäuend werden lasse, wie die Neurose selbst es sei
- daß dort, wo unbewußte Einflüsse eine beherrschende Rolle spielten, der schöpferische Prozeß in Wissenschaft und Kunst sich beinahe mit dem neurotischen Prozeß decke; er verwandelt nur die unbewußten Konflikte in eine gesellschaftlich und künstlerisch annehmbare Symbolform
- weshalb es das Ziel sein müsse, vorbewußte Vorgänge von den Verzerrungen und Blockierungen durch die unbewußten Vorgänge sowie von den banalen Beschränkungen durch die bewußten Vorgänge zu befreien. Das Unbewußte könne nur anspornen, das Bewußte nur kritisieren, verbessern und werten. Kreativität aber ist ein Ergebnis vorbewußter Aktivität.
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