Studiert man die alten Riten und Gebete zur Trauung, so wird der Eindruck überwältigend, mit dem sich die Kirche bei der eigentlichen Trauungszeremonie - der Braut zuwendet! Alte Segensgebete zum "Brautsegen" (den es in gleicher Weise NICHT für den Mann gab; heute ist das sowieso bis zur Unkenntnis verwaschen, nämlich: aufgelöst, gar nicht mehr vorhanden; die heutigen Segen zur Eheschließung könnte man mit der Post schicken) stellen eine regelrechte Identifikation von Kirche und Braut dar.
Denn die Braut symbolisiert die Kirche, in ihrer Antrauung an Christus. Deshalb findet sich in sehr alten Gebeten auch noch eine sehr deutliche Nähe des Brautsegens zu Weihegebeten: in gleicher Art, schreibt Joseph Pascher (übrigens: ein Lehrer von Papst Benedict XVI.), aber mit anderem Text.
Ja, der alte Brautsegen, der über das Brautpaar gesprochen wurde, während beide von einem Velum bedeckt verbunden waren - galt eigentlich nur der Braut! Das heißt nichts anderes, schreibt Gertrude Reidick, als daß die Braut "zur Gattin Christi konsekriert" wurde. Sie ist die des Segens Bedürftige, der Umbruch den die Ehe bedeutet, betrifft sie ungleich mehr in der konkreten Lebensführung, als den Mann.
Aber noch mehr: in diesem Ritus wird nachgezeichnet, was Gott mit Adam tat: der ihm eine Braut zugesellte - "addidit!" Ihr Gebein stammt aus seinem Gebein.
Keiner der anschließenden Segenswünsche bezieht den Gatten mit ein. Noch im Missale von 1962 findet sich das Brautgebet in diesem Sinn. Die heutigen Formeln sind wie gesagt: völlig verwaschen und nichtssagende "Liebesschwafeleien" - die den Eindruck erwecken müssen, als sei die Gestaltung der realen Ehe eine Angelegenheit subjekiver Beliebigkeiten, in Wahrheit ein Indiz für eine neue Form der Leibfeindlichkeit, des Manichäismus: die nämlich die Gestalt und Art des Leibes als unwesentlich ignoriert, ein Widerspruch in sich, betrachtet man die Sakramententheologie, die genau auf der Bedeutung der Gestalt aufbaut - gegen solch reiche, tiefe Symbolik und damit erfaßte, ja aufgerufene Wahrheit.
Die Ehe aber bildet die Kirche und Christus nicht "nach" - sondern Gott hat die Kirche in der Ehe VORgezeichnet, diese in der Kirche NACHgebildet bzw. gleichermaßen gewirklicht.
"Die Frau ist es, die gleichsam in den Daseinsbereich des Mannes hinübergeführt wird, da hier wesensgemäß der Ort ist, in dem beide zu Einem werden." Darum bedarf in besonderem Maß die Frau der gnadenvollen Hilfe Gottes, darum begleitet die Kirche gerade ihren Schritt in die Ehe mit einer langen Reihe mütterlicher Segenswünsche.
Noch deutlicher wurde es in jenen Riten, wo mit zwei Velen agiert wurde: eines umschlang die Frau, und eines dann beide - aber nur noch der Kopf des Mannes schaute heraus.
Fortsetzung morgen - Teil 2) Die Frau wird übergeben
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